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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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mir unklar, aber es bestätigte meine Meinung über ihn. Man musste ihn im Auge behalten. Der Kleine mischte in einer Schale eine Tinktur an, und dann zogen wir uns in eine Ecke des Raums zurück und summten unseren Zauber. Anschließend flößte er dem immer noch wimmernden Alten mit Samiras Hilfe ein paar Tropfen davon ein. Sie wiederholten die Prozedur jede Stunde, bis die Schale geleert war.
    Papillon war bereits wieder verschwunden und die beiden Mädchen waren eingeschlafen. Der Kleine war zwar todmüde, aber er wich nicht von der Seite seines Meisters. Wahrscheinlich hatte er ein schlechtes Gewissen, eine Eigenart, welche die Menschen zu den merkwürdigsten Handlungen treibt. Dabei hatte er dem Alten bei seinem Abschied lediglich die Wahrheit gesagt. Prometheus war ein Sklave seiner Sucht, und sein Vorhaben, Pompignac in diesem Zustand zu stoppen, war mehr als hirnrissig.
    Es war früher Morgen, als der Alte die Augen aufschlug. Schon in den Stunden zuvor hatte sein Stöhnen nachgelassen und sein Entzugskoma war in einen ruhigen Schlaf übergegangen.
    »Bursche«, flüsterte er.
    »Meister!« Der Kleine griff zu einem Becher mit Wasser und beugte sich über ihn. »Wollen Sie etwas trinken?«
    Der Blick des Alten war zum ersten Mal seit langer Zeit wieder so klar wie damals, als ich ihn kennengelernt hatte. »Ja«, krächzte er. Der Kleine hob den Kopf des Alten mit der rechten Hand an und führte ihm mit der Linken das Trinkgefäß zum Mund. Nachdem Prometheus ein paar Schlucke getrunken hatte und der Kleine den Becher gerade wegnehmen wollte, schoss die Rechte des Alten unter der Decke hervor und packte den Arm des Jungen. Der ließ vor Schreck das Gefäß fallen, und das restliche Wasser ergoss sich über die Decke, was den Alten allerdings nicht zu stören schien.
    »Du hast recht gehabt«, flüsterte Prometheus. »Ich bin ein hoffnungsloser Säufer.«
    »Nicht mehr, Meister«, erwiderte der Kleine.
    »Doch, doch. Das ändert sich nicht mehr. Ich werde mein Leben lang einen Kampf gegen die Flasche führen.«
    Sein Kopf sank aufs Kissen zurück und er schloss die Augen. »Es ist gut, dass du zurückgekehrt bist«, murmelte er noch, bevor ihn die Kräfte wieder verließen.
    Es war erstaunlich, wie gut der Zauber gewirkt hatte. Zu gut sogar, denn ich hatte mich sehr zurückgehalten, um die Heilwirkung nicht allzu stark zu machen. Wenn der Trank trotzdem so schnell wirkte, dann konnte das nur auf den Kleinen zurückzuführen sein. Seine Kräfte schienen stärker geworden zu sein, vielleicht hervorgerufen durch seine emotionale Verfassung. Das machte mich nachdenklich. Wir Dämonen hatten uns bewusst frei gemacht von Gefühlen jeglicher Art, weil wir sie als hinderlich erachteten. Aber wenn meine Hypothese stimmte, dann musste ich das noch einmal überdenken. Und sollte sich tatsächlich herausstellen, dass Emotionen als Verstärker dienen konnten, dann würde das unsere ganze Wissenschaft revolutionieren. Vielleicht stand ich an der Schwelle zu einem erneuten großen Durchbruch, so wie damals, als ich kurz davor war, die Dimensionsgrenze endgültig zu überwinden.
    Es dauerte nur zwei Tage, dann war Prometheus wieder auf den Beinen. Irgendwann erhob er sich von seinem Lager und schleppte sich zu dem behelfsmäßigen Tisch hinüber, um den die anderen saßen. Samira, die sofort herbeigeeilt kam, um ihn zu stützen, wurde von ihm mit einer matten Handbewegung abgewiesen.
    Er blieb vor dem Kleinen stehen. »Ich nehme an, du hast mir das Leben gerettet«, krächzte er.
    »Das ist übertrieben«, wehrte der ab.
    »Du solltest dein Licht nicht so unter den Scheffel stellen. Woher hattest du das Rezept für den Trank?«
    »Es war Lothar, der es mir verraten hat.«
    »Ah, das Werhörnchen«, sinnierte er. »Ich hatte mir schon immer gedacht, dass er etwas verheimlicht, aber mir gegenüber hat er stets den Trottel gegeben. Vielleicht zu Recht, denn schließlich bin ich selbst einer.«
    »Sie sollten sich nicht so schlecht machen, Meister«, erwiderte der Kleine. »Immerhin sind Sie der größte lebende Zauberer.«
    Seine knochige Hand schoss vor und krallte sich um Humberts Handgelenk. »Bin ich das? Bin ich das wirklich? Oder ist es nicht jener Dämon, der mich dem Tod entrissen hat? Oder sogar du, der du dir offenbar seine Kräfte nutzbar zu machen verstehst?«
    »Was?!« Mit Erstaunen stellte ich fest, dass dieser Ausruf aus meinem Mund kam. Es war mir einfach rausgerutscht, so sehr hatte mich die Mitteilung des

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