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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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fiel zu.

B EDEUTUNG
    Stimmen. Fern und bis zur Unverständlichkeit gedämpft. Sinnloses Gebrabbel.
    Die Angst war inzwischen ebenso fern, ebenso gedämpft und sinnlos geworden. Sie hatte Lilya geschüttelt wie mit kalten Klauen, aber dann war sie vergangen.
    Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Wenn man nichts von dem sah, hörte oder fühlte, was um einen herum geschah, und wenn dann ‒ noch schlimmer ‒ sogar das Gefühl für den eigenen Körper, den Atem, den Pulsschlag verloren ging, glich das einem orientierungslosen Schweben im leeren Raum. Lilya begann, daran zu zweifeln, dass sie jemals so etwas wie einen Körper besessen hatte. Sie erinnerte sich an Arme und einen Kopf, Füße, die sie trugen, und eine Stimme, die sang oder Worte sprach ‒ aber war das wirklich mehr als nur eine Erinnerung? Etwas, das nur in ihren Gedanken existierte? Hatte sie sich nur geträumt und war jetzt aufgewacht?
    »Lilya«, versuchte sie zu sagen, aber sie hatte keine Zunge, keine Lippen, die das Wort bilden konnten, keine Lunge, die Luft dafür zur Verfügung stellte.
    Sie wollte weinen, aber auch das blieb folgenlos. Angst wollteihr Herz schneller schlagen, ihre Hände feucht und die Lippen trocken werden lassen ‒ aber da war nichts, was auf Angst hätte reagieren können. Also verlor Lilya ihre Angst ebenso wie ihren Körper. Sie konzentrierte sich.
    Dunkelheit. Nicht die einfache Abwesenheit von Licht, sondern seine Nichtexistenz, die Leugnung, dass je Licht existiert hatte.
    Kein Gefühl. Nicht kalt, nicht warm, nicht angenehm, nicht unangenehm, kein Schmerz und kein Wohlbefinden. Hunger und Durst, Müdigkeit und Ruhelosigkeit waren Worte ohne Sinn.
    Nur diese Stimmen. Das endlose, unaufhörliche, pausenlose Gebrabbel. Eine nicht messbare Zeit lang waren sie wie ein Anker, der sie festhielt, damit sie nicht ins Bodenlose fiel. Dann begannen sie an ihren Nerven zu zerren. Aber sie hatte keine Ohren und keine Hände, um die Ohren zuzuhalten. Also musste sie das Geschwätz ertragen, das sie weder verstand noch überhaupt verstehen wollte.
    Schlaf wäre schön gewesen. Nicht, weil sie müde war, sondern nur, um diesem Nichts für ein paar Stunden zu entfliehen. Sie schlief nicht. Ihre Wachheit war von klarer, kalter Schärfe.
    Eine Zeit lang verlor sie den Verstand, aber auch das ergab keinen Sinn und half ihr nicht, deshalb kehrte sie zu ihrem Bewusstsein zurück und rief stumm um Hilfe. Jemand musste sie aus dieser Lage befreien, wenn sie es doch selbst nicht vermochte.
    Da niemand auf ihren Ruf antwortete, ließ sie auch diese Versuche bleiben. Dachte nach.
    Was hatte sie in diese Situation gebracht? Der Magush. Er bezweckte etwas damit. Was es war, konnte sie nicht erraten. Der Magush würde sie, wenn sie Glück hatte, auch wieder befreien.
    Wenn sie Glück hatte. Wenn nicht ...
    Sie spürte eine Aufwallung von Zorn. Er war heiß und erstaunlich anwesend. Sie genoss das Gefühl, denn es war etwas, woran sie sich festhalten konnte. Zorn. Rot funkelnder, sprühender, lodernder Zorn. Und mit diesem Zorn griff sie hinaus in die Dunkelheit und packte etwas. Zog etwas zu sich heran. Starrte es zornig an. »Du!«, sagte sie stimmlos.
    Der Naga erwiderte ihren Blick lächelnd. »Ich«, stimmte er zu. Er lehnte sich bequem zurück ins Nichts und schlug die Beine übereinander. »Nett hast du es hier«, sagte er.
    »Mach dich nicht lustig über mich«, sagte Lilya. »Ich stecke hier fest und weiß nicht, was mit mir geschieht.«
    »Warte«, sagte Der Naga. Seine Erscheinung, die sie auf ihre merkwürdig körperlose Art dennoch deutlich erkennen konnte, flackerte und verschwand. Sie keuchte vor Schreck.
    Dann kehrte das Bild zurück. »Du steckst in deinem Körper«, erklärte der Schlangengott. »Dummerweise steckt da aber auch ein Daeva. Er hat im Moment das Kommando.«
    Der Zorn, ihre einzige Regung, stand still wie eine kalte Flammensäule und nährte sich von den Worten des Schlangengottes. »Was kann ich tun?«, fragte sie mit der Kälte der Flamme.
    Der Naga lachte. In seinem Lachen hörte sie Anerkennung. »Du scheinst etwas weniger sanftmütig, dumm und lämmchenfromm zu sein, als ich dachte«, hörte sie ihn sagen. »Das ist auch gut, denn der alte Mann führt das Lämmchen gerade zur Schlachtbank.« Er stand auf und reichte ihr die Hand. Lilya ergriff sie ‒ womit? Sie schob den Gedanken beiseite ‒ und fand sich einen Atemzug später in der Traumhöhle, in der sie vor der Drachenfrau davongelaufen war.
    Der Naga war

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