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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Ohne zu blinzeln, erwiderte er ihren Blick. Kein Begreifen und kein menschlicher Verstand waren darin zu erkennen.
    Lilya leckte sich über die trockenen Lippen. Ihre Finger rieben über ihre Arme, über die Schultern. Tasteten die Zeichen ab, die plötzlich alle eine Bedeutung besaßen. Feuer und Blut. Schlaf und Heilung. Schutz und Verwirrung. Ordnung und Schnelligkeit. Tod und Verwandlung. Sie tastete, rieb, fühlte und ihre Gedanken rasten.
    Die Kreise des Panthers wurden enger, sein Atem lauter. Sie konnte ihn riechen, streng, scharf, wild. »Massinissa!«, sagte sie laut, und etwas von dem kalten Zorn, den sie empfunden hatte, lag in ihrer Stimme. »Sieh mich an, Prinz! Erkenne, was du bist! Erinnere dich, was du warst!«
    Sein Gesicht war leer, aber sie glaubte tief in seinen Augen etwas flackern zu sehen. Einen Funken, der nicht Panther war. Wieder rief sie seinen Namen.
    Das hungrige Gesicht des jungen Mannes zuckte. Er bewegte die Lippen, wortlos. Er bleckte die Zähne, legte dann den Kopf in den Nacken und stieß ein Knurren aus. Während dieser Laut im Zimmer widerhallte, löste sich die Gestalt des Prinzen auf und nur noch der Panther war da. Er war so nahe gekommen, dass sie ihn fast hätte berühren können. Sein gelber, wilder Blick fixierte sie. Er hechelte vor Erregung.
    Lilya hielt seinen Blick fest, während ihre Finger auf ihrem Schlüsselbein über ein Zeichen strichen, das sie besser kannte als die anderen. Sie hatte es einst in ihr Büchlein gezeichnet. Mit angehaltenem Atem befühlte sie es erneut, tastete seine Kontur ab. Es schien unter ihren Fingerspitzen zu vibrieren. Lilya stieß den Atem aus und hob die Hand. Sie zeichnete die Linien vor sich in die Luft, und für einen winzigen Moment erschien das feurige Abbild des Zeichens zwischen ihr und dem Panther. Dann schleuderte sie ihre Finger in seine Richtung, als wolle sie Wassertropfen von der Hand schütteln, und das Zeichen flog auf den Panther zu und traf seine Stirn. Dort haftete es, leuchtete grellrot auf und sank in den Kopf der Werkatze.
    Der Panther blieb stehen, als hätte ihn ein Schlag getroffen. Er schüttelte benommen den Kopf. Sein Maul öffnete sich, und Lilya konnte seine Zunge sehen, die sich gähnend rollte.
    Der Panther sank auf die Hinterbeine und legte sich langsam auf den Boden. Sein Blick ließ Lilya nicht los, aber er wirkte benommen und verwirrt. Alle Mordlust war daraus verschwunden.
    »Massinissa?«, sagte sie leise und ließ sich vorsichtig auf ein Knie nieder. Sie streckte die Hand aus. »Prinz?«
    Der Panther seufzte und schloss die Augen. »Lilya«, sagte er undeutlich. »Was ist geschehen?«
    »Das Zeichen, das wilde Tiere zähmt«, erwiderte sie mit einem erleichterten Schluchzen. »Das Amulett. Es hat gewirkt, obwohl ich es nicht bei mir trage.« Sie begann hilflos zu lachen. »Ich trage es jetzt wohl auf mir. Amayyas, was hat das alles nur zu bedeuten?«
    Der Pantherprinz legte erschöpft den Kopf auf die Vorderläufe. »Ich bin so hungrig, dass ich kaum denken kann«, erwiderte er. »Lilya, du solltest nicht hier sein. Ich hätte dich töten können ...« Er riss die Augen auf und hob den Kopf. »Der Beg«, sagte er heiser.
    Lilya schauderte und zog den weichen Djilbab enger um die die Schultern. »Er hat mich hierher gebracht, damit du mich frisst.«
    Der Pantherprinz sah sie ungläubig an. »Er ist dein Großvater!«
    Sie biss sich auf die Lippe. »Ich bin mir dessen nicht mehr sicher«, sagte sie mit schwankender Stimme. »Aber ich weiß, was er getan hat.«
    »Du musst gehen«, sagte der Panther. Er schob sich langsam rückwärts, von Lilya weg. »Bitte, Lilya. Du musst gehen. Schnell!«
    Lilya stand schon an der Tür und rüttelte an der Klinke. »Sie ist verschlossen«, rief sie. »Wahrscheinlich verriegelt. Amayyas, was soll ich tun?« Die Angst, die sie bis jetzt in einen Winkel ihres Bewusstseins verbannt hatte, brach sich mit Macht ihren Weg und ließ Lilya am ganzen Leib erbeben. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das Zauberzeichen, wo hatte sie es gefunden? Wie hatte es ausgesehen? Sie musste es erneut beschwören, aber sie konnte sich nicht an seine Form erinnern; es war, als wäre es vollkommen aus ihrem Gedächtnis gelöscht worden. Ihre Finger fuhren zitternd über ihre Arme, ihre Schultern, ihre Wangen.
    Der Panther duckte sich zum Sprung. Sein Fauchen und Knurren hatten erneut jeden menschlichen Klang verloren. Er fixierte sie mit großen, dunklen Pupillen, bereit zum

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