Equilibrium
etwas Zeit gab, sich zu sammeln, bevor Arizona nach Hause kam.
»Arizona müsste jede Minute hier sein«, sagte Rupert von der Küchentür aus. »Sie wollte sich nach der Schule kurz mit Ariele treffen und dann nach Hause kommen, um mit dir zu reden. Möchtest du eine Tasse Kaffee, während du wartest?«
Olivia nickte dankbar. Sie hatte so ein Glück, ihn zu haben. Also war Arizona bei Ariele. Das machte sie ein bisschen unbehaglich. Tja, sie ist nicht mehr bei Ariele, dachte Olivia, als die Tür aufging und Arizona hereinkam.
~
Mom hatte mich immer eingeschüchtert. Als ich jetzt ins Haus ging, war es nicht anders. Sie sah immer so perfekt aus, ich konnte mich nicht erinnern, sie jemals im Sweatshirt gesehen zu haben, selbst wenn es total passend gewesen wäre. Sie wirkte wie ein Überbleibsel aus den Fünfzigern. Einen kurzen Moment fragte ich mich, ob sie sich selbst aus den Fünfzigern transportiert hatte. Huch. Zum Glück hatte sie den Starbucks-Becher in der Hand. Ich war froh, dass es nicht ihre altmodische Hermès-Teetasse war. Der schlichte Henkelbecher von Starbucks ließ sie menschlicher und zeitgemäßer aussehen. Was ihr Streublümchen-Etuikleid und ihre Pumps anging, zu denen sie eine Perlenkette trug, tja, das war ja, was sie so unnahbar und ein wenig einschüchternd wirken ließ, für mich wenigstens. So wie es aussah, ging es Rupert anscheinend nicht so. Er bewegte sich wie ein glücklicher Labrador auf sie zu und legte beiläufig seinen Arm um ihre Schultern, während er auf mich heruntersah.
»Hey, Arizona. Magst du Kaffee, oder lieber etwas Kaltes?«
»Danke. Wasser wäre super.«
Er kehrte in die Küche zurück und ich schlenderte mit Mom in die Bibliothek. Während wir darauf warteten, dass Rupert mit dem Wasser wiederkam, sah ich über die Bücherregale – so viele Bücher. So eine Verschwendung von Bäumen. Vielleicht sollte ich zu lesen anfangen? Ich kicherte vor mich hin. Rupert reichte mir eine Flasche eiskaltes Wasser und verschwand wieder. Ich nahm an, jetzt würden wir das Mutter-Tochter-Gespräch führen. Ich wartete, dass sie den Anfang machte. Aber dann änderte ich meine Meinung. Ich beschloss, dass es am besten war, frühzeitig die Oberhand zu gewinnen.
»Ich habe Dad zu Hause gesehen.« Ich bemerkte, dass sie zusammenzuckte, als ich Dad erwähnte. Gut.
»Das hatte ich angenommen. Wie geht es ihm?«, fragte sie, dabei wirkte sie fast abwesend.
»Es scheint ihm gut zu gehen«, sagte ich. Nicht dass ich viel von ihm gesehen hatte, aber ich dachte mir, dass er okay sein musste, wenn er nach Atlantic City fuhr.
»Warum hast du das getan, Mom? Warum ?«, fragte ich und brachte damit meine Hauptfrage heraus.
» Warum ?«, überlegte sie.
Wir saßen ewig lange schweigend da, während sie darüber nachdachte; wenigstens hoffte ich, dass sie das tat. Schließlich sah sie hoch und seufzte.
» Warum ?«
»Ja, Mom. Warum ?«
Sie rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. Dann streifte sie ihre Pumps ab und starrte auf ihre Zehen. »Ich war unglücklich, Arizona. Sehr unglücklich.«
»Na und? Viele Menschen sind unglücklich. Sie bauen nicht alle Portale, oder?«
»Ich war viele, viele Jahre unglücklich mit deinem Dad.«
»Und warum hast du ihn dann nicht einfach verlassen? Das machen die meisten normalen Menschen so.«
»Es ist kompliziert. Das sind die meisten Beziehungen. Ich musste an Ella und dich denken. Ich blieb, weil ich hoffte, dass wir es für euch schaffen würden. Aber ich konnte es nicht, aus so vielen Gründen. Der stärkste Grund war Rupert. Rupert bedeutet mir alles. Ich musste mit ihm zusammen sein.«
Vor wenigen Wochen, bevor ich Kellan getroffen hatte, hätte ich noch keine Spur von Mitgefühl für ihr Geständnis gehabt. Jetzt konnte ich ihr Bedürfnis, mit einem Mann zusammen zu sein, den sie offensichtlich liebte, irgendwie verstehen.
»Mom, warum hast du Dad nicht einfach verlassen und bist zu Rupert gezogen? Ella und ich hätten das verkraftet.«
»Tja, er kam nicht aus der gleichen Zeit oder Dimension. Es war eben nicht so einfach.«
Ich war total baff! Nicht aus der gleichen Dimension? Nun, das war noch ein Konzept, dass ich vor wenigen Wochen als totalen Quatsch abgetan hätte – diese ganze nicht-aus-der-gleichen-Dimension-sein- Sache.
»Wow! Wie um alles in der Welt hast du ihn kennengelernt? Wann?«, fragte ich.
»Ich habe ihn kennengelernt, als ich mit dir schwanger war. Meine Ehe mit deinem Dad war da schon kaputt. Wir haben
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