Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
war das eigentlich, mit der du gepoppt hast, letzte Nacht? Die Texanerin?«
     
    Carla. Carla ritt mich wie einen Mustang, ohne Sattel. Und ohne einen Fetzen am Leib. Über die Weite der Prärie ging es in gestrecktem Galopp, und sie gab mir noch die Sporen, holte das Letzte aus mir heraus. »A-Deck!«, keuchte sie dabei, weit nach vorne gebeugt, keuchte es in mein Ohr wie ein Mantra. »A-Deck!« Fast flehend wiederholte sie die beiden Silben mit wachsender Dringlichkeit, während ihre verschwitzten Schenkel bebten. »A-Deck!«, schrie sie, warf sich nach hinten, in Zuckungen, und riss fast schmerzhaft an meiner Trense, bis auch ich mich wiehernd aufbäumte, »Aaaaa-Deck, verdammt noch mal!!!!« Hä? Wasnmblgmpf?
    Ratso. Es war Matrose Ratso. Ich betrachtete erst ihn, dann meine Uhr, dann seine Hand, die immer noch an meiner Schulter rüttelte, dann wieder ihn. Ohne Liebe, wie man so sagt. Wir hatten vergessen, die Tür zu verriegeln, dämmerte mir. Jeder hätte hier reinkommen und mir an die Schulter - oder den Hals ….
    »Na, wach?«, grunzte Ratso.
    Ich krächzte vage Zustimmung und hatte, während mir unter der Bettdecke eine brettharte Latte verging, keine Mühe nachzurechnen, wie viel Zeit zum Schlafen mir vergönnt gewesen war. Eine Stunde ist eine Stunde ist eine Stunde. Unterdessen mühte sich Ratso mit Jochen ab. Vollkommen - das war so ungerecht - vollkommen erfolglos.
    »Aah, Scheiße.« Ratso ließ - das war so ungerecht - von Jochen ab.
    »A-Deck, kapiert?«, fragte er, ehe er sich, nachdem ich genickt hatte, zum Gehen wandte. »Kleiner Tipp«, murmelte er noch. »Beeilt euch besser und macht einen guten Eindruck. Er« - Geste nach oben - »ist vielleicht der Einzige, der euren Arsch noch retten kann.« Und mit diesen ominösen Worten verabschiedete er sich.
    Mir war voll bewusst, dass ich ihn noch etwas hatte fragen wollen. Was mir nicht bewusst werden wollte, war, was.
    Die inzwischen mehr als nur ganz leicht stoppelige Wange in Gedanken noch und in meiner Hoffnung schon bald wieder ans weiche Kissen geschmiegt, wollte ich gerade die A-Deck-Rezeption ebenso elegant wie weiträumig umkurven, als eine Armbewegung der telefonierenden Rezeptionistin meinen Schritt mitten in der Bewegung stoppte. Es war diese Art von Armbewegung. Raumgreifend, gebieterisch, vehement. Begleitet von lauthals sprechenden Augen in einem angestrengt hörenden Gesicht, wenn man sich das vorstellen kann. Der Rest der Figur zeigte Haltung, militärisch stramm bis runter zu den parallel gestellten Fersen. Wer immer am anderen Ende der Leitung sprach, kam vom luftigen Ende der Hackordnung, davon konnte man ausgehen. Die Rezeptionistin bestätigte noch mit leicht atemloser Stimme die Entgegennahme mehrerer Anweisungen, versicherte ihrem Gesprächspartner beflissen, zumindest einer der beiden Herren sei - Seitenblick der ungemein fischigen Sorte - mittlerweile an ihrem Desk und werde in eineinhalb Minuten bei ihm sein, verabschiedete sich ergeben dankend, verbeugte sich vor dem Telefonhörer, selbst nachdem sie schon aufgelegt hatte, betrachtete ihn einen Moment mit so etwas wie Erleichterung, hob dann den Blick und erinnerte sich meiner Anwesenheit mit schlagartigem Missmut.
    »Sofort!«, bellte sie mich an, nur um dann sehr, sehr verhalten fortzufahren: »Zu Suite Nr. 2!« Und sie nickte einem von Antonovs Söldnern zu, der an meiner Seite erschienen war, von der er bis zum Erreichen der Kabinentür mit der blank polierten Zwei nicht mehr weichen würde.
     
    »Yes«, sagte er, »thank you. You may retreat now.« Und die zierliche philippinische Maniküre in ihrem kurzen Kittel ließ Feile und Schere in ihrem Köfferchen und der weißhaarige indische Butler in nachtblauer Livree ließ Lappen und Schuhputzbürste in seinem Bänkchen verschwinden, beide erhoben sich aus ihren knienden Positionen, klemmten sich ihre Utensilien unter die Arme und verließen den Raum mit der ganzen Diskretion hervorragend geschulten Personals.
    Blieben Mr Honnaido und ich. Ich stand, Hände in den Taschen, während er saß, seltsam verändert in einem dunklen, förmlichen Anzug, und mich begutachtete, während ich wiederum noch der durch einen Vorhang entschwindenden Maniküre hinterherblickte und über ein rundes Dutzend Stellungen reflektierte, die ich jetzt lieber eingenommen hätte als die stehende und gemusterte, in der zu verharren ich gezwungen war.
    Der Empfangsraum der Suite war ebenso sparsam wie edel eingerichtet, und das einzige Sitzmöbel,

Weitere Kostenlose Bücher