Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
ein frei stehender opulenter Ledersessel, befand sich unter dem Hintern seines derzeitigen Inhabers. Draußen vor den Fenstern verstreute eine tief hängende Sonne ihr Licht breitflächig über den gesamten Himmel, ließ ihn schmerzhaft hell erstrahlen im blassen, kühlen, distanzierten Blau des Nordens.
    Honnaido musterte mich ähnlich. Kühl, würde ich sagen, und distanziert auch. Für einen schlichten Techniker, der dem Bordelektroniker beim Einfahren von Votix zur Hand ging, lebte er echt feudal, aber wer weiß, was für einen Deal die Herstellerfirma des Rechners mit der Reederei gemacht hatte.
    »Kristof Kryszinski.« Er sprach es langsam aus, genüsslich, beinahe amüsiert. So, als sei an meinem Namen etwas Besonderes, oder an meiner Person, oder nein, vielleicht eher etwas Sonderbares. An beidem, möglicherweise.
    Ich verspürte wachsende Renitenz darüber, wie er mich so stehen ließ, wie er mich taxierte, wie er meinen Namen aussprach, in seinem keimfreien Deutsch, doch etwas in Ratsos ominöser Bemerkung vorhin ließ es angeraten erscheinen, nicht zu viel von dieser Renitenz nach außen dringen zu lassen. Also versuchte ich mich an einer Miene höflichen Interesses. Zerbiss ein Gähnen dabei.
    »You may serve the tea now«, sagte Honnaido mit English-Upperclass-Akzent. English Upperclass oder englische Sprachkurs-Kassette, das ist manchmal schwer zu unterscheiden. Da niemand sonst in Sichtweite war, konnte eigentlich nur ich gemeint sein, was mich dazu verleitete, erst mal so zu tun, als hätte ich nichts gehört.
    Ein lästiges Schweigen entstand. Honnaido mochte um die fünfzig sein, mit der einen oder anderen grauen Strähne hier und da, doch er war schlank, sehnig, und der Blick seiner dunklen Augen besaß die abschätzende Qualität eines Kampfsportlers. Etwas, dem man am besten mit demonstrativem Gleichmut begegnet. Nur unsichere Naturen lassen sich provozieren. Oder ausgeschlafene. Ich versuchte zu gähnen, ohne dass man es sah. Unmöglich.
    »Teile der Schiffsleitung«, eröffnete Honnaido schließlich das Gespräch, »haben sich lange und energisch gegen Ihre Einstellung verwahrt, Herr Kryszinski.«
    Eine Bemerkung, die man unmöglich kommentieren kann, ohne ins Babbeln zu verfallen, also schwieg ich sie aus. Ich, an deren Stelle, hätte Scuzzi niemals an Bord gelassen, doch das ist eine andere Geschichte. Wenn man genau hinhörte, konnte man von draußen … Ich zwang mich, genau wegzuhören. »Eternal Lovesongs« machten, dass man sich Scuzzis geographisch orientierte Themen-Bänder zurückwünschte.
    »Doch wir haben der Reederei gegenüber darauf bestanden«, bemerkte er, beiläufig, und gab mir damit, genauso beiläufig, zweierlei zu verstehen: wer auf diesem Schiff über erheblichen Einfluss verfügte und in wessen Schuld ich somit stand. Angeblich.
    Der indische Butler kam durch den Vorhang geschlängelt, balancierte zwei dampfende Tässchen auf einem Tablett, das er erst Honnaido und dann mir hinhielt. Grüner Tee. Na, ich wollte mal nicht unhöflich erscheinen.
    »Haben Sie eine Ahnung, warum Antonov Sie und Ihren Kollegen Fuchs nicht dabeihaben wollte?«, fuhr Honnaido fort, mit einer Stimme, deren Abschätzigkeit der seiner Augen in nichts nachstand, und fütterte mich, nebenbei, mit mehr Details.
    Antonov, also. Eine Frage, die mir bei Gesprächen wie diesen immer im Hinterkopf sitzt, ist die, was mein Gegenüber wohl für Antworten von mir erwartet. Das hat was mit Selbstkontrolle zu tun. Jemand mit Übung kann einen sehr schnell zu entlarvenden Äußerungen provozieren. Und er hier, das spürte man, hatte Übung.
    »Ich denke mal«, antwortete ich konzentriert, »dass Antonov die Mehrarbeit vermeiden wollte, die es ihn kosten würde, uns auf den gleichen Level von bedingungslosem Gehorsam zu trimmen wie den Rest seiner Truppe.« >Weil der faule Fettsack nur Idioten um sich duldet<, bloß durch die Blume gesprochen.
    Etwas in Honnaidos Blick funkelte mich kurz an.
    »Und warum haben wir trotzdem auf Ihrer Einstellung beharrt?«, fragte er beiläufig. Schlürfte etwas Tee, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    Manchmal werden einem Dinge im selben Augenblick klar, in dem man sie ausspricht.
    »Weil Sie die - sagen wir mal - Amtsgewalt an Bord nicht alleine einem Ex-Söldner und seiner handverlesenen Truppe anvertrauen wollten?«, fragte ich zurück, und meine Gedanken begannen einen angeregten Austausch.
    Was war so schützenswert an einem schlichten Computer, dass sich der Hersteller

Weitere Kostenlose Bücher