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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Pantry Nr. 4, nahm erst seine Armbanduhr und dann mich in kritischen Augenschein. Ich baute mich vor ihm auf in einer in jeder Hinsicht strammen Haltung. Richard E. Scott hatte mir noch einen dreifachen Bourbon aufgenötigt, den ich, wenn ich mir das Ergebnis besah, vielleicht besser ausgeschlagen hätte.
    »So gerade noch pünktlich«, knurrte Giorgio.
    Doch es ist schwer, jemandem etwas auszuschlagen, der einem gerade fünf Prozent angeboten hat. Fünf Prozent von fünfzehn Millionen Dollar.
    »Es haben sich einundzwanzig Leute eingetragen. Fast alles Frauen«, betonte er irgendwie doppelbödig. Für einen Augenblick stellte ich mir ihn und die verschrumpelte Hollywoodlegende mit dem Katzenfutter-Atem vor und begann mich insgeheim zu fragen, welche Dienste das Berufsbild >Animateur< eigentlich so alles einschloss.
    »Hast du dir eine Liste gemacht, was du so brauchst?«
    »Allesimkopf«, antwortete ich, so knapp es nur ging. Legt sich einem irgendwie schwer auf die Zunge, dieses Zeugs aus Kentucky.
    »Dann komm mit«, befahl Giorgio und ging voran. »Masimoto wartet schon.«
     
    Masimoto empfing mich mit einem Blick, wie man ihn etwas gönnt, das vor einem auf dem Teller ein Salatblatt in Bewegung bringt. Seit der Geschichte mit dem Reis … Eine ungeklärte Frage holte mich ein. Wenn es Masimoto gar nicht um Reis ging: Was war da wohl versteckt gewesen, in dem originalen Basmati-Sack? Noch so ein Rätsel. Und was tat ich? Entnervt sah ich an mir und meiner blödsinnigen Verkleidung hinunter und fühlte gleichzeitig den Aufwärtsdrang eines mächtigen Rülpsers. Mit Whisky kam ich schon immer eher schlecht zurecht.
    Richard E. Scott hatte während unserer Reise eine ganze Reihe von Einkäufen im Duty-free getätigt, alle fehlerfrei quittiert, bis er schließlich die kubanischen Zigarren erstand und ihm die Kasse plötzlich den kompletten Kontostand berechnete. Plus den Dispo. Genau das Gleiche wie bei Jochen. Danach rückte die Bank natürlich nichts mehr raus. Und das schien einer ganzen Anzahl von Kunden so ergangen zu sein, wenn ich an das Theater am Morgen im Duty-free zurückdachte und Elenas milde Verzweiflung … Elena. Elena, Elena, Elena. In ihrer Kabine war sie auch nicht gewesen. Nur die graue Maus aus der Wäscherei, mit der sie sich die Bude teilte. Und die hatte sie seit dem Morgen nicht mehr gesehen.
    »Sie kennen einander?«, fragte Giorgio förmlich, riss mich aus meinen Gedanken.
    Masimoto und ich nickten, wenn auch mit einer Sparsamkeit, die an Geiz grenzte.
    »Dann kann ich Sie ja wohl allein lassen.« Er warf mir noch einen strengen Blick zu und schob ab.
    »So what? What is it you want?«, blaffte der Chefkoch, kaum dass die Tür hinter dem obersten Animateur ins Schloss gefallen war. Und zum ersten Mal spürte ich die Degradierung, die mein Fall vom Rang eines zweiten Borddetektivs bedeutete. Meine Welt war plötzlich voll herrischer Vorgesetzter und meine alten Subordinationsschwierigkeiten manifestierten sich in einer Attacke von Halsstarrigkeit.
    Den Teufel wird ich tun und dir die Liste jetzt auch noch ins Englische übersetzen, dachte ich, bockig, und dann fiel mir auf, dass ich noch gar keine Liste hatte.
    »Nun«, fing ich an, mein Improvisationstalent zu melken wie schon lange nicht mehr, »zualllallerest mal Zssucker.« Dieser Scheiß-Bourbon. Saß einem auf der Zunge wie ein Sumo-Ringer. »Mehl natürlich, paar Kilo. Ei-eier, ganze Stiege, gemahlene Hasaselnüsse, und dann … Gelantine. Ha! Jede Menge Gelantine. Für Wahackelpudding«, erklärte ich Masimoto mit großem Ernst in seine zwischen Widerwillen und morbider Faszination schwankende Physiognomie.
    Scheiße, sagte ich mir, du musst dich gleich unbedingt noch frisch machen. Giorgio hatte keinen Zweifel daran gelassen, wohin ich wanderte, sollte der Kochkurs kein Erfolg werden. Und ein haltlos lallender Kursleiter war bestimmt kein wirklich glücklicher Einstieg.
    »Wahackelpudding«, wiederholte ich, gravitätisch, und der lang erwartete Rülpser fand seinen Weg an die Luft.
     
    Drei Männer, und zwar der Berliner (die Gattin weilte noch auf der Krankenstation, wo sie das Personal mit Schreikrämpfen auf Trab hielt, jedes Mal wenn sie das Bewusstsein wiedererlangte), ein dünner, bleicher Engländer mit kurzen Hosen, weißen Strümpfen und Sandalen und, putzmunter in seinem Rollstuhl, die Münchner Frohnatur mit dem eiskalten Händchen, der Läufige Leopold. Drei Kerls, das war alles. Drei Kerls und ich und achtzehn

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