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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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von der Arrestzelle aus war schlecht finden, ganz schlecht rächen und schon gar nicht einsacken. Daher meine Gedankenspiele, was die Zeiteinteilung des restlichen Tages anging.
    »Zutaten? Kochkurs? Ja, aber doch wohl kaum in unserer Kabine«, protestierte Jochen, bevor er mich erkannte. »Mensch, Kristof«, brach es aus ihm heraus, »wo hast du nur gesteckt? Ich such dich überall!«
    Ich ließ alles Kramen sein, entspannte mich und nahm mir die Zeit für einen langen Seufzer. Ich meine, der Mann ist professioneller Detektiv. Nach eigenem Bekunden mit Ermittlungen von höchster Wichtigkeit betraut. Und womit verplemperte er den halben Tag, anstatt eine der reizenden jungen Damen am Informationsschalter mit der Durchsage »15B bitte bei 15A melden« zu betrauen? Genau. Er suchte mich. Überall. Und jetzt, wo er mich gefunden hatte, fragte er mich, wo ich gewesen sei. Anstatt aus der Art meiner neuen Aufmachung plus dem von mir gestreuten Hinweis auf den Kochkürs die eine oder andere, na, Schlussfolgerung zu ziehen. Wäre Jochen Fuchs Automechaniker, sage ich immer gerne, er würde einen Wechsel der Zündkerzen mit dem Ausbau der Hinterachse einleiten.
    »Kristof, ich habe Ungeheuerliches herausgefunden!«
    Ich nickte mit väterlicher Geduld, griff mir die volle der beiden Flaschen mit dem Siebzigprozentigen, nahm sie mit ins Bad und ließ Wasser drüberlaufen. Jochen kam hinterher.
    »Du wirst es nicht glauben, aber mein Konto ist total überzogen«, keuchte er. »Sie haben mir die Ginza-Karte gesperrt!«
    Ich wollte das Etikett ablösen und das ging auch ganz gut.
    »Tatsache?«, fragte ich, mit einem Sarkasmus, so mild, dass man ein Baby damit hätte salben können, und rieb derweil die Flasche trocken.
    »Ja, Tatsache!«, echote Jochen und lief ein bisschen an, hautfarblich. »Von gestern auf heute sind, ohne mein Zutun oder Wissen, achtzehntausendfünfhundertunddreiunddreißig Euro von meinem Konto gesaugt worden!«
    Ich seufzte noch mal, ausgelöst durch Unglauben. Jochen Fuchs, der Mann, der ohne detaillierte Beschreibung und eine Karte im Maßstab 1:1 nicht in der Lage wäre, das Loch in seinem Steiß zu lokalisieren, fuhr nicht nur ein rund hundertmal teureres Auto als ich, nein, er hatte auch bis gestern noch über einen Kontostand verfügt, der meinen fast exakt widerspiegelte. Mit einer horizontalen Linie zwischen den Beträgen, sollte ich vielleicht hinzufügen. Oben das Haben und unten Kryszinski.
    »Und soll ich dir auch verraten, wer das zu verantworten hat?« Sein Tonfall begann sich seiner Kolorierung anzupassen. Er wurde roter, der Tonfall, wenn man sich das vorstellen kann. Roter und vorwurfsvoller.
    Ich vertiefte mich wieder in den Bettkasten, bis ich den Beutel zu fassen bekam. Legte ihn zu der Flasche.
    »Hier, die habe ich aus deiner Uniformjacke gefischt!« Anklagend hielt er mir drei Kassenbons unter die Nase. Aus dem Duty-free. Ich sah sie kurz durch. Die ersten beiden waren noch recht mühelos durch zwanzig Cent zu teilen, mit jeweils einstelligen Ergebnissen. Der dritte, Quittung meines vorletzten Einkaufs - zwei Pullen Wodka, Kiste Beck’s etc. -, nicht mehr. Nicht ohne Taschenrechner.
    »Das war mein kompletter Kontostand!«, beklagte sich Jochen. »Inklusive Dispositionskredit. Und seitdem sind die Miete und die nächste Rate für das Auto und was weiß ich noch alles abgebucht worden!«
    Wusst ich’s doch, dass er den Daimler abstottert, dachte ich.
    »Damit bin ich pleite!«, schrie er mich an, wohl im Versuch, mich zu beeindrucken, oder vielleicht auch auf mein Mitgefühl schielend. Zwecklos. Pleite bin ich selber, immer schon gewesen.
    »Sag mal«, fragte ich nachdenklich und warf ein Pfund Fickhefte aus einer Sporttasche auf den Boden, »wie war das noch? Bist du nicht betraut mit der Leitung einer Morduntersuchung?« Er nickte irritiert. »Und würdest du nicht sagen, dass das viel wichtiger ist als …«, ich gab mir Mühe, seinen Tonfall zu treffen, »… >ein paar fehlgebuchte Euros    Hossa, voll auf den Nerv, würd ich sagen.
    »Nein, ist es nicht!«, schrie er und stampfte trotzig mit dem Fuß auf. »Und es ist alles deine Schuld! Das passt alles ins Bild! Seit ich dich angerufen habe, um dir diesen Job zu vermitteln, geht mein Leben den Bach hinunter!«
    Ich zog die Tür des Gefrierfachs auf und steckte meinen Arm hinein. Fand, was ich suchte. Packte es zusammen mit dem anderen Kram in die Sporttasche. Sah auf die Uhr. Wenn ich wirklich noch bei Elena und Richard E.

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