Equinox
hat. Mit dem ganzen andern Gerumpel kann ich dich zuscheißen, da kriegste nicht mal mehr in Murmansk einen schlappen Rubel für.«
Idioten, dachte ich und hastete die trüben, engen Gänge entlang, nichts als Idioten.
»Ist das alles?«, hatte ich sowohl Scuzzi als auch Ratso gefragt, und beide hatten ganz ernsthaft genickt, mit der gleichen Verwunderung, was man denn wohl meiner Ansicht nach sonst noch von der Materie zu verstehen brauche.
Idioten, dachte ich, hastete weiter und musste immer wieder ausweichen und Platz machen, weil mir andere Crewmitglieder entgegenkamen, die meisten bepackt mit irgendwas, Stapel von Tischdecken, Kartons mit Gläsern, Kerzen, Kerzenleuchtern.
Idioten, dachte ich. Ich bin umgeben von nichts als Idioten und somit völlig auf mich allein gestellt.
Fünf Prozent, dachte ich, und Elena?, dachte ich, und dann dachte ich wieder an das schmale Zettelchen und daran, dass ich Zugang zu einem Rechner kriegen und dann einfach würde sehen müssen, was passiert.
Die Beschriftung des Papierstreifens bestand aus einer auf den ersten Blick wenig sinnvollen Aneinanderreihung von Abkürzungen, Zahlen, Satzzeichen und Buchstaben, in Portionen zerhackt durch eine Vielzahl von Schrägbalken, so genannten Slashes. Diese Kombination hatte, da war ich mir sicher, auf irgendeine Art ursächlich zu tun mit der Enthauptung Fjodrs und Wassilijs und war, auch da war ich mir so sicher, wie man nur sein kann, irgendwie der Schlüssel zu meinen fünf Prozent von fünfzehn Millionen Dollar, und mich würgte der Gedanke, bei der Aufdeckung der Morde und dem Aufspüren dieser meiner fünf Prozent möglicherweise an der Halsstarrigkeit eines dämlichen, leise vor sich hin summenden Kastens zu scheitern.
»15B an der Rezeption des A-Decks melden!« Ich zuckte nicht mal mehr. Denn ich war nicht länger gemeint. 15B hatte die Brocken hingeschmissen, 15B hatte aufgehört zu existieren. Von dem Moment an gab es nur noch Kristof Kryszinski, Privatdetektiv ohnegleichen. Wenn auch zu dem Zeitpunkt kaum wiederzuerkennen in seiner Kostümierung als … äh, als Pierre Bocuse.
Ich hätte ins Internet-Cafe gehen können, doch gaffte einem da eine Kamera ins Genick und man saß mit dem Rücken zur Tür, was beides nichts für meine Nerven war.
Also hatte ich mich für eine der über vierhundert Passagierkabinen entschieden, und zwar praktischerweise direkt für die von meinem texanischen Auftraggeber. Mich trieb die Vorstellung, auf triumphale Art und Weise den Verbleib seines Geldes nachzuweisen und dann nur noch die Hand ausstrecken zu brauchen, um den Scheck einzustreichen. Irgendwann zwischendurch würde ich noch mal ausrechnen müssen, zu welcher Summe sich die fünf Prozent addierten, doch das war im Moment nebensächlich.
Richard E. Scott und Tochter wohnten auf dem B-Deck, so viel wusste ich, doch nicht genau, unter welcher Nummer. Das hieß, ich musste am Informationsschalter vorbei. Ich stieg hoch auf B-Deck-Niveau, orientierte mich nach Gefühl in den Gängen, in denen das Gedränge dichter wurde, je näher man der Mall kam. An einer Tür, die mich in direkte Nachbarschaft zum Infoschalter bringen müsste, hielt ich kurz an, um mir die Kochmütze tief in die Augen zu ziehen und auch den Hercule-Poirot-Schnäuzer wieder anzukleben. Die wenigsten von Antonovs Mannen hatten mich bisher in diesem Outfit gesehen, und das war gut so. Dann fühlte ich mich bereit. Drückte den Hebel.
I believe in miracles, where’reyou from, you sexy thing (sexy thing) …
Ich hatte mich geirrt. Ich war doch noch nicht bereit. Hot Chocolate, Allmächtiger. Warmer Kakao, frei übersetzt. Was, mal ganz im Ernst, was für Entscheidungsträger haben diese Band auf Platte pressen lassen? Ist da nicht einer dabei gewesen, nicht ein Einziger, der gesagt hat: »Ey, Leute, hooo!, mal langsam! Habt ihr keine Ohren am Kopf oder jodelt der Typ nur in meinen wie ein halb strangulierter Haremswächter?«
Nach kurzem Durchatmen versuchte ich es noch mal.
… since you came along, you sexy thi -
Ich gab auf.
Elena, regte sich auf einmal mein Ethos. Vielleicht, sagte ich mir, hatte die Auseinandersetzung mit einem Rechner, ja, selbst das Einsacken der fünf Prozent einfach noch Zeit.
Elena. Was könnte sie wissen? Wo mochte sie stecken?
Ich klopfte, klopfte noch mal. Als niemand antwortete, ließ ich mich mit Wassilijs Generalschlüssel ein. Elenas Bett war das untere. Es war unbenutzt. Ihr hellblauer, mit Snoopys und
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