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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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an Bord dahingehend verschworen, mich Stück für Stück unwiderruflich in den Wahnsinn zu treiben?
    In theyear twentyfivetwentyfive … ifman isstillalive nölte es von draußen herein. Eine brandneue Compilation von DJ Scuzzi, dem zu allem entschlossenen Anführer dieser Verschwörung.
    »Wirst du dir jetzt sofort diesen Wisch ansehen?!«, bölkte ich, dass man es bis nach Spitzbergen hören konnte.
    »Ich habe nämlich mit ihm gesprochen«, meinte Jochen und klopfte kurz auf das tragbare Funkgerät, eine der - neben dem Security-Pass und dem Generalschlüssel - drei Säulen seines überlegenen Status, bevor er sich wieder dem Spiegel zuwandte. Das Arrangement eines seidenen Tuches über die diversen Knutschflecken auf seinem Hals schien seine ganze Aufmerksamkeit zu beanspruchen. »Und wir sind uns dahingehend einig, dass deine etwas weit hergeholten Verdächtigungen weder einen akuten Handlungsbedarf nach sich ziehen, noch …«, und er nahm die Nase hoch, um den Knoten des Halstuchs zu richten, während ich mich nur mit Mühe zurückhalten konnte, ihn nicht eben damit zu erwürgen, »noch«, wiederholte er hochnäsig, »dazu geeignet scheinen, den Verdacht gegen deine Person hinreichend zu entkräften. Doch auch diese Ermittlungen, da sind sich der Chef und ich einig, haben Zeit bis morgen.« Er prüfte noch mal seine Erscheinung im Spiegel, wischte sich ein imaginäres Stäubchen von der Schulter. »Und wenn du mich nun entschuldigst. Das Printemps wartet.«
     
    The lady in reeeeeeeeeed is dancing with meeee …
    Ich kämpfte mich durch die Schallwellen wie ein Mann, der sich einem tosenden Sturm entgegenstemmt.
    Nach einem winzigen Zögern, nach einem klitzekleinen Gedankenspiel um mit Wucht gehandhabte stumpfe Gegenstände, zwischen die Zähne geschobene Sockenknäuel und Meter von faserverstärktem Klebeband hatte ich Jochen ziehen lassen zu seinem Date. Wie der Sultan seinen Haremswächter zur Arbeit ziehen lässt. Im gleichen beruhigenden Wissen um den Inhalt seiner Hose.
    There’s nobody here, it’s just you and me …
    Das »Chagalle« war noch unbesucht, die Tanzfläche leer, die farbigen, von der Disco-Kugel reflektierten Lichtblitze konnten frei und ungehindert kreuz und quer durch den Raum schießen.
    … that’s where I wanna be, right byyour siihiiihiide -
    SKRRRTSCH.
    Scuzzi fuhr sichtlich zusammen, nahm den Kopfhörer ab und starrte mich entgeistert an. Die Asche von seinem Joint war seine Hemdfront hinabgerieselt.
    Kommentarlos drückte ich ihm den rausgerupften Netzstecker in die Hand.
    »Wie viel Ahnung hast du eigentlich von Computern?«, fragte ich ihn.
    »Nun«, meinte er und wischte an seinem Hemd herum, wollte dann den Netzstecker wieder einstöpseln und fing sich gerade noch rechtzeitig, »sie haben einen Knopf zum Einschalten«, sagte er und hüllte sein Haupt in Rauch, »aber keinen zum Ausschalten.« Er sah mich lange und ernst und rotäugig an. »Ist dir das nicht auch immer schon absolut stränge vorgekommen?«
     
    Normalerweise waren die Passagiere gehalten, sich entweder zu einem frühen Zeitpunkt zum Dinner einzufinden oder zu einem späten. Der Sinn dahinter war, dass weder Küche noch Restaurant darauf ausgelegt waren, achthundert Gäste auf einmal abzufüttern. Beim Ginza-Ball aber sollte genau das geschehen. Die logistischen Vorbereitungen dafür erforderten einen enormen Personaleinsatz, weshalb ich die Mannschaftsmesse praktisch menschenleer vorfand. Nur ein paar Gestalten in Overalls lungerten herum, drei davon um einen Tisch mit Ratso an der Stirnseite. Sie hielten Dollarnoten in den Händen, als ich herantrat. Sie sahen auf, als ich herantrat, sie standen auf, als ich herabsah, und sie verzogen sich, doch nicht ohne vorher die Dollars wieder eingesteckt zu haben. Bis ich Platz genommen hatte, war Ratsos kleines, dickes, abgegriffenes Notizbuch schon lange, lange in seiner Jackentasche verschwunden. Es war fast, als hätte es nie vor ihm auf dem Tisch gelegen.
    »Ratso«, sagte ich, »hast du eigentlich Ahnung von Computern?«
    Ratso nickte das Nicken eines Mannes, der Ahnung hat von allem, egal was. Ein kurzer Blick nach links, einer nach rechts, und er gab mir eine Kostprobe seines Wissens.
    »Notebooks«, raunte er, »Notebooks und iMacs sind das Einzige, womit sich zur Zeit noch einigermaßen Geld verdienen lässt. Vielleicht noch die eine oder andere Graphikkarte oder ‘nen komplett ausgestatteten Rechner, aber auch nur, wenn er ’nen Pentium-4-Prozessor drin

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