Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
obgleich ich gar keinen Grund dazu habe. Jedenfalls keinen konkreten.
»Emma!«, ruft Markus. »Lass uns so tun, als wäre nichts gewesen! Echt! Wir tun so, als wär das bloß ein Traum gewesen, wie man ihn vielleicht mal träumt von einem Promi oder Lehrer oder was weiß ich. Hast du so was noch nie geträumt? Ich meine, hast du noch nie einen einzigen erotischen Traum von mir gehabt?«
Ich putze meine Zähne und antworte nicht. Natürlich war mir Markus in meinen Träumen auch schon anders erschienen als im wirklichen Leben. Aber das hat nichts bedeutet. Ich musste höchstens am nächsten Morgen amüsiert grinsen. Von Adrian hab ich auch schon geträumt. Und von Arman. Und Ola Salo. Da ist doch nichts dabei. In erotischen Träumen ist alles möglich, ganz anders als im Wachzustand. Manchmal hab ich sogar schon von Typen geträumt, die ich in Wirklichkeit nicht mal umarmen würde. Was im Traum völlig selbstverständlich ist, kann einem nach dem Aufwachen am nächsten Morgen komplett absurd vorkommen. Vielleicht hat Markus in dieser Hinsicht recht. Vielleicht können wir ja aus dem Drogenrausch aufwachen und einfach zur Normalität zurückkehren, als ob nichts gewesen wäre?
Ein dunkler Tropfen landet im Waschbecken. Ich hebe verwundert den Blick und entdecke im Spiegel, dass ich Nasenbluten habe.
Als ich eine ganze Weile später aus dem Badezimmer komme, sehe ich, dass Markus geweint hat. Seine Augen glänzen und sind rot gerändert.
»Entschuldige«, sagt er.
»Selber«, sage ich und lege mich ins Bett.
Er legt sich neben mich, dreht sich auf die Seite.
So, wie wir sonst auch immer liegen, nur mit ein bisschen mehr Luft zwischen uns.
»Außerdem hast du recht«, füge ich hinzu. »Natürlich hab ich auch schon von dir geträumt. So , meine ich.«
»Aber das bedeutet nichts«, sagt er schnell, »oder? Glaubst du, dass … Also, glaubst du, dass es wieder wie vorher werden kann, oder hab ich für alle Zukunft alles kaputtgemacht?«
Ich greife unter der Decke nach seiner Hand.
»Es wird wieder wie vorher«, sage ich. »Bestimmt.«
Ich bin nicht so überzeugt, wie ich klinge. Aber ich mag ihn einfach zu sehr. Und vielleicht hängt das ja alles mit Adrian zusammen. Er hat etwas in mir geweckt, das lange geschlummert hat.
Und da war Markus da.
Vielleicht ist es so simpel.
Am nächsten Morgen fühle ich mich wie ein ausgewrungener Putzlappen. Ich trinke eine halbe Tasse Tee, kriege aber keinen Bissen herunter. Eine dumpfe Unruhe rumort in meinem Bauch. Auf dem Tisch steht die Whiskyflasche. Wider besseres Wissen nehme ich ein paar ordentliche Schlucke, ehe ich mich anziehe, was sich im gleichen Augenblick schrecklich falsch anfühlt und die Situation definitiv nicht begreiflicher macht. Meine Augen tränen nur noch mehr, mir wird schlecht und ich bin noch müder. Am liebsten würde ich wieder ins Bett kriechen und mir die Decke über den Kopf ziehen, aber am Ende siegt das Pflichtgefühl. Markus schläft noch, als ich mich widerwillig auf den Weg zur Arbeit mache. Der Fahrradweg kommt mir schmaler vor als sonst und mein Körper ist steif und schwer.
Bevor ich das Miranda betrete, schiebe ich mir ein Kaugummi in den Mund. Was macht das für einen Eindruck, mit einer Fahne bei der Arbeit zu erscheinen! Ob einem das Kokain irgendwie anzusehen ist? An den Pupillen oder so? Aber als ich Sofi in der Küche begegne, schießt mir durch den Kopf, dass es noch viel schlimmer wäre, wenn man mir ansehen könnte, dass ich mit Markus geschlafen habe.
»Ein großer Flirter ist dein Freund aber nicht gerade«, sagt sie mit einer Mischung aus Unruhe und Irritation. »Er hat reagiert, als hätte ich … na ja, ich weiß nicht. Dabei habe ich ihn doch nur gefragt, ob wir einen Kaffee zusammen trinken wollen! Das ist ja wohl nicht so schwer zu beantworten, oder?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Wahrscheinlich war er einfach nur überrascht … Bleib ganz ruhig. Das wird schon.«
Sofi zieht das Gummiband von ihren dicken, nussbraunen Haaren und es fällt glänzend und weich über ihre Schultern. Sie beugt den Kopf nach vorn und fasst die Haare wieder in einem Pferdeschwanz zusammen, dreht sie zu einer Schlaufe und schiebt das Gummi darüber.
»Was meinst du, soll ich warten, bis er sich bei mir meldet? Es ist so peinlich, wenn ich noch mal bei ihm anrufe und zum zweiten Mal frage.«
»Er wird sich schon melden.«
Sofi sieht nicht sehr überzeugt aus, nickt aber kurz, bevor sie den Glasreiniger und die Lappen
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