ich sind in der Siebten Freundinnen geworden. Damals ging Adrian in die Achte. Wir haben ihn in den Pausen zusammen ausgespäht. Wie alle anderen Mädchen auch. Am Ende hat Ellinor den Sieg davongetragen, sie hat sich den Traumprinzen geangelt und wurde dadurch zur Zielscheibe des Neids und der Bewunderung aller Verschmähten. Ein Teil des Glanzes fiel auf mich als Ellinors beste Freundin auch ab. Mit Adrian im Bunde wurde manches einfacher. Vorher hatte ich mich oft zwischen Ellinor und Markus hin- und her gerissen gefühlt. Beiden gleich nah – das ging nicht, obwohl ich es versucht habe. Was ich auch tat, einer von beiden fühlte sich immer irgendwie benachteiligt. Bis Adrian zu uns stieß und eine Art Balance entstand.
Die Mail strahlt mich vom Bildschirm an. Die Mail mit der neuen Adresse.
adrian.fü
[email protected] Wieso hat er keinen neutraleren Namen gewählt? Warum für dich ? Das klingt so intim. Wie eine Adresse für heimliche Liebesbriefe.
Ich schüttele mich und schnaufe. Emma, deine Fantasie geht mit dir durch! Wahrscheinlich hat er die erstbeste Idee genommen, die ihm gekommen ist. Mehr nicht. Das ist typisch für mich, eine Menge in etwas hineinzuinterpretieren, wo nichts ist. Ich sollte mir lieber überlegen, was ich antworte.
Ich schreibe und lösche und schreibe neu. Dann lösche ich das Neue und fange von vorne an. Das kann doch nicht so schwer sein? Ich möchte eine natürliche, simple, freundschaftliche Mail schreiben. Wenn ich so weitermache, kriegt die Delete-Taste eine Delle wie die Treppenstufen in alten Kirchen.
Am Ende habe ich ein paar Zeilen zustande gebracht.
Hallo!
Ich kann dir leider auch nicht sagen, was in Bezug auf das Motorrad richtig oder falsch ist. Aber wenn du vorhast, deswegen von nun an auf Elli sauer zu sein, ist es wahrscheinlich besser für euch beide, wenn du es behältst. Elli kann
doch auch nicht wollen, das du es nur ihretwegen verkaufst? Sie wünscht sich doch wohl eher, dass du es verkaufst, weil
du von dir aus eingesehen hast, dass es schlauer wäre,
zusammen ein Auto zu kaufen, oder?
Es ist ein merkwürdiges Gefühl, an dich zu schreiben. Aber
ich möchte euch natürlich helfen, wenn ich kann. Ich bin
eine ziemlich gute Zuhörerin, glaube ich.
Umarmung /Emma
Ich verharre eine Weile mit dem Pfeil auf »Senden« und versuche, die möglichen Konsequenzen eines Klicks abzuwägen. Besteht der Schatten eines Zweifels, dass das eine Falle ist? Dass er Ellinor die Mail zeigt? Nein, aus welchem Grund? Und wenn sie sie trotzdem findet? Wohl kaum. Und wenn doch, könnte irgendwas von dem, was ich geschrieben habe, missverstanden werden?
Ich lese mir das Ganze noch mal durch. Nein, ich denke, es ist wirklich unmissverständlich formuliert.
Es geht wie ein Stromstoß von der Fingerspitze bis in den Brustkorb, als ich die Maustaste drücke. Jetzt ist es zu spät, es sich anders zu überlegen. Die Mail ist auf dem Weg durchs Cyberspace. Ich öffne den Gesendet-Ordner und sehe mir die Mail noch mal an. Jetzt, wo nichts mehr zu ändern ist, fallen mir plötzlich alle möglichen Interpretationsalternativen ein. Ist das im Grunde genommen nicht eine Einladung? Klingt das nicht, als wollte ich diesen heimlichen Kontakt mit ihm? Weiß ich denn überhaupt, was ich will? Habe ich überhaupt die geringste Ahnung, was ich hier tue?
Ich sehe das Regal an und erinnere mich an den Duft von warmer Haut und Citrus. Seine Hände um meine Oberarme, der fester werdende Griff, bevor er loslässt, sein Blick. Mir wird innerlich heiß, vielleicht werde ich sogar rot, einsam an meinem Computertisch. Wahnsinn. Totaler Wahnwitz. Die Vernunft rutscht auf dem Augenblick aus, stürzt zu Boden und verliert die Besinnung.
Ein schrilles Klingeln an der Tür reißt mich zurück in die Gegenwart.
Hastig wische ich meine schweißfeuchten Hände an der Jeans ab und öffne die Tür, ohne vorher durch den Spion zu gucken.
Es ist Markus, im schwarzen Hemd und einer offenen roten Livreejacke mit Goldtressen. Wo er die nun wieder herhat! Ich sehe das Flackern in seinem Blick, als er mir eine lange, apricotfarbene Rose überreicht.
»Du hast nicht auf meine SMS geantwortet«, sagt er. »Ich habe mich nicht getraut, noch eine zu schreiben. Alles … klar bei dir?«
Ich ziehe die Schultern hoch, nehme die Rose und gehe vor ihm in die Wohnung.
»Ich wusste einfach nicht, was ich schreiben sollte. Ich hab noch nichts gegessen. Machen wir was?«
Ich höre förmlich den erleichterten Seufzer hinter meinem