Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
rübergeschaut, als würde er auf jemanden warten, ziemlich genau, als Mama hier oben an der Tür geklingelt hat …«
»Glaubst du … willst du sagen, du glaubst …«
»Ich weiß es nicht. Das macht mich nur etwas nervös. Aber wahrscheinlich war es nur irgendein Nachbar.«
In Wirklichkeit bin ich fast hysterisch panisch, aber ich finde es wenig sinnvoll, Edwin unnötig Angst zu machen.
»Wie sah er aus?«, fragt er trotzdem aufgeschreckt.
»Ziemlich groß, blond, helle Anzugjacke.«
Edwin ist mit einem Satz am Fenster und versucht, auf die Straße runterzugucken, ohne selbst gesehen zu werden.
»Das könnte Rosén sein! Der ist blond! Ob er Mama hierher gefolgt ist und jetzt weiß, dass ich mich hier verstecke?«
»Beruhig dich wieder«, falle ich ihm ins Wort. »Markus meint, sie würden sich nicht die Mühe machen, Mama zu überwachen. Hat er gesagt.«
»Aber er weiß auch noch nicht, dass du den Typen in dem Hauseingang gesehen hast, oder?«
»Ich konnte ja wohl kaum was sagen, als Mama hier war!«
Edwins wachsende Panik färbt auf mich ab. Soll ich es wagen, runterzugehen und nachzusehen, ob der Mann noch irgendwo ist? Soll ich bei allen Leuten nebenan klingeln, um rauszufinden, ob es ein Nachbar war? Ich könnte Papas alte Konfirmationsbibel mitnehmen, die er mir vor ein paar Jahren geschenkt hat, und so tun, als wäre ich missionarisch unterwegs.
Edwin und ich zucken zusammen, als ein Piepsen meines Handys eine SMS ankündigt. Sie ist von Markus.
Ist Lena weg? Kann ich kommen?
Ich tippe schnell ein Ja und schicke es ab. Fünf Minuten später klingelt es an der Tür. Er sieht mich streng an, als ich sofort aufmache.
»Goldfisch«, sagt er.
»Ach ja …«
»Das kann lebenswichtig sein! Du darfst das nicht vergessen! Nicht die Tür aufmachen, bevor ich was gesagt habe! Erst recht jetzt nicht, nachdem deine Mutter allen Neugierigen den Weg gewiesen hat.«
Er macht die Tür zu und kontrolliert, dass sie wirklich eingerastet ist. Edwin erzählt ihm sofort von dem Mann, den ich unten gesehen habe.
»Und trotzdem macht ihr die Tür auf, ohne das vereinbarte Codewort abzuwarten«, sagt Markus. »Der Kerl hätte nur einen Meter neben mir stehen müssen, durch den Spion nicht sichtbar!«
»Rosén«, sagt Edwin. »Das könnte Rosén gewesen sein.«
Ich beschreibe den Mann so genau, wie ich kann, aber das bringt auch nicht mehr Klarheit in die Sache. Ich habe ihn höchstens ein paar Sekunden gesehen, ehe Mama rauskam und meine Aufmerksamkeit mit Beschlag belegte. Große, blonde Männer um die Dreißig gibt es jede Menge. Okay, er war elegant gekleidet, aber irgendwelche Details sind mir nicht aufgefallen. Nein, das konnte sonst wer
sein.
»Ich habe jedenfalls niemanden gesehen, als ich gekommen bin«, sagt Markus beruhigend. »Und jetzt will ich was über Christoffer Norin hören. Wart ihr erfolgreich?«
»Keine Ahnung«, sage ich und erkläre noch einmal, dass Adrian gerade im Bus saß und nicht offen reden konnte.
»Er meinte nur, dass sich das wahrscheinlich regeln lässt. Das hört sich ja auf alle Fälle schon mal positiv an.«
Markus nickt. »Ja. Doch, das klingt, als hätte er etwas erreicht. Wann erfährst du mehr?«
»Heute Abend. Über MSN.«
Kurz darauf gehen Markus und ich runter in den Supermarkt und kaufen Schimmelkäse, Hühnerbrust und Kochsahne. Der blonde Mann ist nirgends zu sehen, und mit Markus an meiner Seite lässt auch mein Bedürfnis nach, ängstlich jeden Menschen zu beäugen, der uns begegnet. Markus würde Hulth und seine Komplizen wiedererkennen, jedenfalls glaubt er das.
Wir kochen Nudeln mit einer richtig leckeren Sauce. Wir essen und spülen ab. Dann schalte ich den Computer an und logge mich bei MSN ein. Adrian ist noch nicht da.
Markus läuft rastlos durch die Wohnung und Edwin zappt zwischen den Fernsehkanälen hin und her. Die Zeit vergeht unerträglich langsam. Während wir warten, überlege ich immer wieder, wie ich Adrian möglichst schnell signalisieren kann, dass ich nicht alleine bin, dass Edwin und Markus über meiner Schulter hängen und jedes Wort mitlesen, das ich schreibe. Und das er schreibt. Und trotzdem bin ich froh, dass Markus hier ist. Nicht, weil er so groß und stark ist oder mehr Erfahrung mit zigarrenscherenbewaffneten Schurken hätte als ich, aber mit ihm in der Nähe fühle ich mich einfach sicherer. Er ist wach und erfindungsreich, und immer wenn die Stimmung von der unerträglichen Warterei zum Zerreißen gespannt ist, schafft
Weitere Kostenlose Bücher