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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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entgegen. Ich erwiderte ihren Gruß mit meinem Mineralwasser. Ich versuchte weiterhin, die seltsame Gesellschaft zu durchschauen. Generell war hier die Jugend kaum vertreten, es galt jedoch, sich so zu benehmen, als sei man gerade erst zwanzig. Daher rührte wohl die Dekolleté-Parade, aber auch das Benehmen Einzelner. Es war befremdlich. Sobald mich einmal dieser Eindruck befallen hatte, ließ er mich nicht mehr los. Es waren all diese Männer, die nicht in der Lage waren, den körperlichen Verfall mannhaft zu ertragen und mit geistiger Arbeit oder auch nur wenigstens einer gewissen Reife zu kompensieren. All diese Frauen, die sich nicht nach getaner Aufzucht ihrer Kinder für das Volk zufrieden zurücklehnten, sondern gebärdeten, als hätten sie jetzt und nur jetzt die unwiederbringliche Gelegenheit, ihre verblühte Jugend für wenige Stunden zurückzufordern. Man hätte jede dieser Figuren am Kragen packen und anschreien mögen: »Reißen Sie sich zusammen! Sie sind eine Schande für sich und für Ihr Vaterland!« Solcherart grübelte ich, als jemand auf den Tisch zutrat und mit den Fingerknöcheln darauf klopfte.
    »Gudn Aamd«, sagte er mit dem unverkennbaren Dialekt, der mich immer so sehr an die wunderschöne Stadt Streichers erinnerte. Er hatte lange dunkle Haare, er mochte Mitte vierzig oder älter sein und hatte offenbar seine Tochter dabei.
    »Der Lothar!«, sagte der verlebte Ausschnitt und rückte etwas zur Seite. »Setz dich her!«
    »Naa«, sagte Lothar, »i bin ner blos ganz kurz do. Ich wolld aber amal sagn, des is fei guud, was du da machsd. Ich hobb die Nummer am letztn Freidooch gsehn, des is scho lusdich, obber des is auch einfach wahr, was du sagsd. Des mit Eurobba un dem ganzn Zeuch! Und in der Wochn dervor, des middi Sozialdings …«
    »Sozialschmarotzer«, ergänzte ich.
    »… genau«, sagte er, »des und des middi Kinder. Die Kinder sin ja wirglich unser Zuckumbfd. Du bringsd es echd affn Bunkt. Des wolld i der blous amal sagn.«
    »Danke«, sagte ich. »Das freut mich. Unsere Bewegung braucht jede Unterstützung. Es würde mich freuen, auch Ihr Fräulein Tochter zu den Unterstützern rechnen zu dürfen?«
    Er wirkte plötzlich wütend, dann lachte er hell auf und wandte sich zu seiner Tochter. »Er widder. Und immer so knübblhardd! Genau dou hie, wo’s richdich weh dudd.« Dann klopfte er wieder mit den Knöcheln auf den Tisch: »Tschau, mir sehng sich!«
    »Sie wissen aber, dass das nicht seine Tochter ist, oder?«, fragte der Ausschnitt, als Lothar gegangen war.
    »Ich habe es angenommen«, sagte ich, »natürlich nicht biologisch, rein rassisch geht das ja nicht, ich nehme an, er hat das Mädchen adoptiert. Ich habe das schon immer befürwortet, bevor so ein armes Ding elternlos im Waisenhaus aufwächst …«
    Der Ausschnitt rollte mit den Augen.
    »Können Sie auch mal was ganz Normales sagen?«, seufzte sie. »Ich muss mal für kleine Mädchen! Laufen Sie nicht weg! Sie sind vielleicht furchtbar, aber Sie sind wenigstens nicht langweilig.«
    Ich nahm einen Schluck Wasser. Ich überlegte, wie ich diesen Abend bewerten sollte, als ich hinter mir eine größere Unruhe spürte, eine Dame mit einem größeren Pulk an Bildberichterstattern. Die Dame schien eine der Hauptattraktionen des Ereignisses zu sein, da sie praktisch ununterbrochen Fotografen und Fernsehkameras anzog. Sie hatte einen südländischen Teint, was ihr Dirndl besonders seltsam wirken ließ, und ihr Dekolleté war geradezu grotesk gefüllt. Konnte man die Gesamterscheinung jedoch noch als ansehnlich in einem sehr vulgären Sinn betrachten, versiegte der Eindruck sofort, sobald sie den Mund öffnete. Sie sprach in einer Tonhöhe jenseits aller mir bekannten Kreissägen. Da man dies auf Fotografien nicht hört, war den Bildberichterstattern derlei natürlich gleichgültig. Sie war gerade dabei, etwas in eine Kamera zu kreischen, als ein Fotograf mich in ihrem Hintergrund erblickte und die Dame an meinen Tisch bugsierte, offenbar um ein Bild von uns gemeinsam zu machen. Der Dame schien dies unangenehm.
    Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Man konnte sehen, wie hinter den vordergründig lachenden Augen eine erbarmungslose Rechenmaschine kalkulierte, ob dieses Foto ihr nun einen Vorteil zu sichern vermochte oder nicht. Was mir half, dies zu durchschauen, war, dass in meinem Kopfe dieselbe Kalkulation ablief, allerdings erheblich schneller, zudem mit negativem Ausgange. Sie hingegen schien noch immer zu keinem Ergebnis

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