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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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zurückzuschalten. Ich blieb jedoch unterwegs bei dem Kanal hängen, auf dem der Winkeladvokat Buffalo Bill sein gräuliches Unwesen getrieben hatte. Inzwischen wurde von dort ein Gerichtsdrama gesendet, dessen Hauptdarstellerin ich zuerst für die Kanzlerin aus den Nachrichten hielt, die sich jedoch nach kurzer Dauer nur als eine jener Kanzlerin sehr ähnelnde Gerichtsmatrone entpuppte. Verhandelt wurde gerade der Fall einer gewissen Senndi, die offenbar wegen diverser Unregelmäßigkeiten an ihrer Ausbildungsstätte angeklagt war.
    Diese Vergehen hatte das 16-jährige Fräulein jedoch nur aufgrund seiner Zuneigung zu einem Jungen namens Enndi begangen, der zur gleichen Zeit Beziehungen zu drei weiteren auszubildenden Damen unterhielt, von denen eine offenbar eine Schauspielerin war oder werden wollte. Verursacht durch nicht nachvollziehbare Umstände hatte sie diesen Karriereweg allerdings zugunsten einer Nebenbeschäftigung im kriminellen Milieu zurückgestellt und war nunmehr Teilhaberin eines Wettbüros. Ähnlicher himmelschreiender Blödsinn mehr wurde verkündet, währenddessen die Gerichtsmatrone dazu mit einem vollkommen ernsthaften Gesicht eifrig nickte, als wären diese völlig abwegigen Erzählungen das Normalste der Welt und kämen eigentlich tagtäglich vor. Ich konnte es schlichtweg nicht begreifen.
    Wer würde derlei freiwillig ansehen? Sicher, Untermenschen vielleicht, die grob lesen und schreiben konnten, aber sonst? Fast schon abgestumpft schaltete ich zu der dicken Frau zurück. Ihr abenteuerliches Leben war offenbar seit meinem letzten Besuch von einer Reklamesendung unterbrochen gewesen, deren Ende ich noch mitbekam. Jedenfalls ließ es sich der Sprecher nicht nehmen, noch einmal für mich zu erklären, dass das erbärmliche Weibsstück jegliche Kontrolle über seinen schwachsinnigen Bankert von Dreckstochter verloren hatte und in der letzten halben Stunde nicht weitergekommen war, als den Hinauswurf der kleinen Idiotin mit einer unablässig rauchenden Nachbarin lang- und breitzuwalzen. Letzten Endes, so teilte ich lautstark dem Apparat mit, gehörte dieser ganze Zirkel verunglückter Existenzen in ein Arbeitslager, die Wohnung sollte man renovieren oder, noch besser, mitsamt dem ganzen Haus abreißen und irgendein Aufmarschgelände darüberplanieren, auf dass die Erinnerung an das unselige Treiben ein für alle Mal getilgt würde aus dem gesunden Volksempfinden. Entnervt warf ich das Kontrollkästchen in den Papierkorb.
    Was für eine übermenschliche Aufgabe hatte ich mir da gestellt!
    Um meines Zornes wenigstens einigermaßen Herr zu werden, beschloss ich, für einen Moment vor die Türe zu gehen. Nicht lange, natürlich, denn ich mochte mich nicht weit vom Telefonapparat entfernen, aber doch wenigstens geschwind in die Blitzreinigung laufen, um die Uniform abzuholen. Seufzend betrat ich das Geschäft, ließ mich als »Herr Stromberg« begrüßen, holte meinen überraschend einwandfrei gereinigten Rock ab und machte mich zügig auf den Heimweg. Kaum konnte ich es erwarten, wieder in vertrauter Kleidung der Welt gegenüberzustehen. Doch natürlich bekam ich nach meiner Rückkunft als Erstes die Mitteilung von der Gehilfin an der Rezeption, dass man telefonisch nach mir verlangt hatte.
    »Aha«, sagte ich, »natürlich. Gerade jetzt. Und wer?«
    »Keine Ahnung«, sagte die Gehilfin und blickte abwesend auf ihren Fernsehapparat.
    »Ja, haben Sie das denn nicht notiert?«, herrschte ich sie ungeduldig an.
    »Die haben gesagt, die rufen wieder an«, versuchte sie ihr Fehlverhalten zu entschuldigen. »War es denn wichtig?«
    »Es geht«, sagte ich entrüstet, »um Deutschland!«
    »Blöd«, sagte sie, und glotzte wieder in ihren Bildschirmapparat. »Und was ist mit Henndi?«
    »Ich! Weiß! Es! Nicht!«, schrie ich wütend und marschierte entnervt in mein Zimmer, um meine Fernsehstudien fortzusetzen. »Die ist wahrscheinlich vor Gericht, weil sie ihre Ausbildungsstätte verloren hat!«

viii.
    E s war erstaunlich, wie sehr doch meine gewohnte Kleidung dem Menschen die Wiedererkennung erleichterte. Schon als ich in die Droschke einstieg, begrüßte mich der Chauffeur launig, aber durchaus vertraut.
    »Tach, Meesta! Sinwa wieda im Lande?«
    »In der Tat«, nickte ich ihm zu und nannte ihm die Adresse.
    »Allet klar!«
    Ich lehnte mich zurück. Ich hatte keine besondere Droschke bestellt, aber wenn dies ein durchschnittliches Modell war, so saß man darin vortrefflich.
    »Was ist das für ein Wagen?«,

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