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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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Reporterstimme von vorhin im Tonfall größter Bedeutung und Dringlichkeit, hatte ihren Ausbildungsplatz verloren, das liebevoll zubereitete Essen ihrer Mutter mochte sie nach der Heimkunft nicht kosten. Die Mutter hingegen sei unglücklich und habe sich an eine Nachbarin um Hilfe gewandt.
    »Da sind Sie aber noch nicht recht viel weitergekommen«, beschied ich tadelnd dem Reporter, versprach ihm aber, später noch einmal vorbeizusehen, wenn etwas mehr geschehen sei. Auf dem Weg zurück zum Nachrichtenkanal besuchte ich erneut kurz die Stummfilm-Hommage an Buffalo Bill. Auch dort begrüßte mich ein Sprecher und erzählte mir, was der vorgebliche »Anwalt« im bisherigen Verlaufe der Sendung verrichtet hatte. Offenbar war es an der Ausbildungsstätte einer gewissen Sinndi, die sechzehn Jahre alt war, zu sittlichen Ungehörigkeiten gekommen. Nach dem Übeltäter, einem Ausbildungsleiter, wurde unter unablässigem Absondern des haarsträubendsten Gewäschs gesucht. Ich lachte erneut herzhaft auf, so ein Schmarren war das Machwerk. Um den wahllos zusammenkolportierten Schwank auch nur halbwegs glaubhaft zu machen, hätte es ja wohl eines schmierigen Juden bedurft, und wo hätte der heutzutage denn noch herkommen sollen, nachdem Himmler wenigstens in dieser Beziehung zuverlässig gewesen war?
    Ich schaltete zurück zum Nachrichtenchaos und von dort aus weiter. Hier wurden nun Herren beim Billardspiel gezeigt, was zwischenzeitlich als Sport galt. Dies ließ sich, wie ich inzwischen bemerkt hatte, am Namen des Kanals feststellen, der in einer oberen Ecke des Apparates im Bild klebte. Ein weiterer Kanal brachte ebenfalls Sport, dort allerdings verfolgte die Kamera Menschen beim Kartenspiel. Wenn das der heutige Sport war, konnte einem angst und bange werden um die Wehrfähigkeit. Ich dachte für einen Moment, ob aus dem stumpfsinnigen Geschehen, das sich da vor meinen Augen abspielte, eine Leni Riefenstahl mehr hätte zaubern können, aber es gibt selbst für die größten Genies der Geschichte Grenzen ihrer Kunst.
    Andererseits hatte sich womöglich auch die Art, Filme zu machen, geändert. Ich kam auf meiner Suche jedenfalls an einigen Kanälen vorbei, die etwas ausstrahlten, was mich oberflächlich an Trickfilme von einst erinnerte. Die heiteren Abenteuer der Mickey Mouse etwa waren mir noch in bester Erinnerung. Doch was sich hier abspielte, war nurmehr geeignet, sofortige Blindheit hervorzurufen. Eine ständige Abfolge wirrster Gesprächsfetzen wurde durch eine noch häufigere Einblendung gewaltiger Explosionen unterbrochen.
    Tatsächlich wurden nun die weiteren Kanäle immer merkwürdiger. Es gab welche, die nur Explosionen ohne Trickfilm sendeten, es stieg in mir sogar für eine kurze Zeit der Verdacht auf, es könne sich dabei um etwas wie Musik handeln, bevor ich zu dem Schluss kam, im Grunde sei Ziel des Ganzen nur der Verkauf eines vollkommen entgeistigten Produkts namens Klingelton. Wozu man ein bestimmtes Läuten brauchen sollte, war mir nicht nachvollziehbar. Arbeiteten die Leute denn alle als Requisiteure beim Tonfilm?
    Andererseits war der Verkauf durch den Fernsehapparat anscheinend nicht ungewöhnlich. Zwei oder drei weitere Kanäle sendeten ununterbrochen die Vorträge fliegender Händler, wie man sie von jedem Jahrmarkt kennt. Entsprechend leichtfertig wurde auch hier das Geschwätz von geschriebenen Texten in jeder Ecke des Apparates überdeckt. Die Verkäufer selbst verletzten fortwährend jegliche Grundregel seriösen Auftretens, ja sie bemühten sich nicht einmal mehr um ein vertrauenswürdiges Äußeres und trugen selbst in fortgeschrittenem Alter grauenhafte Ohrringe wie die letzten Zigeuner. Die Rollenverteilung folgte dabei erkenntlich den Traditionen übelster Bauernfängerei: Stets war einer dabei, der das Allerblaueste vom Himmel zusammenlog. Der andere hingegen hatte danebenzustehen und den Mund vor Staunen nicht mehr zuzubekommen, hatte »hei« und »Nein!« auszustoßen oder auch »Das ist ja unglaublich!«. Es war insgesamt eine vollendete Schmierenkomödie, und man bekam unablässig große Lust, einmal mit einer 8,8-Flak ordentlich in das versammelte Gesindel hineinzuhalten, dass diesen Erzgaunern ihre Lügen nur so aus den Eingeweiden spritzen mussten.
    Letztlich wurzelte mein Zorn allerdings auch darin, dass ich angesichts dieses versammelten Wahnsinns zunehmend irre zu werden befürchtete. Es glich somit fast schon einer Flucht, als ich versuchte, mich zu der dicken Frau

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