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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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war nicht irgendein Hanswurst, das war der Führer! Und so muss das wieder im ganzen Land sein! Wenn man morgens ein Brötchen isst, dann weiß man, das war der Bäcker. Wenn Sie morgen in die Resttschechei einmarschieren, wissen Sie, das war der Führer.«
    Damit setzte ich mich wieder.
    Um mich herrschte Stille.
    »Das ist … nicht lustig«, sagte dann der Nachbar von Sensenbrink.
    »Erschreckend«, sagte der Herr, dessen Idee das nicht gewesen war.
    »Ich hab Ihnen gesagt, dass er gut ist«, sagte Sensenbrink stolz.
    »Irre …«, sagte der Hotelreservierer Sawatzki, aber es war nicht klar, wie er es meinte.
    »Unmöglich«, sagte dezidiert der Nachbar von Sensenbrink.
    Die Dame Bellini richtete sich auf. Sofort wandten sich ihr die Köpfe zu.
    »Das Problem ist«, sagte sie, »ihr seid hier alle mittlerweile total verbarthet.«
    Sie ließ diese Bemerkung nicht ungeschickt sacken, dann ergriff sie wieder das Wort, das außer ihr im Moment ohnehin niemand zu ergreifen wagte.
    »Ihr erkennt gute Inhalte nur noch daran, dass der Typ oben auf der Bühne mehr grinst als die Leute unten im Publikum. Sehen Sie sich in unserer Comedy-Landschaft doch um: Kein Mensch kann mehr eine Pointe setzen, ohne dass er sich dabei halb kranklacht, damit jeder merkt, wo die Pointe ist. Und wenn mal einer halbwegs die Fassung bewahrt, dann blenden wir das Gelächter aus dem Hintergrund ein.«
    »Das hat sich aber bewährt«, sagte einer, der bisher den Mund gehalten hatte.
    »Mag sein«, sagte die Dame, die mir durchaus zu imponieren begann, »aber was kommt danach? Ich denke, wir sind an dem Punkt angekommen, an dem das Publikum derlei nur noch als gegeben akzeptiert. Und der Erste, der den entscheidenden neuen Akzent setzt, ist derjenige, der langfristig die Konkurrenz abhängt. Oder, Herr … Hitler?«
    »Entscheidend ist die Propaganda«, sagte ich. »Sie müssen eine andere Botschaft senden als die anderen Parteien.«
    »Sagen Sie«, sagte sie, »Sie haben das eben nicht vorbereitet, oder?«
    »Wozu?«, sagte ich. »Das granitene Fundament meiner Weltanschauung habe ich vor ausreichend langer Zeit verfertigt. Das versetzt mich in die Lage, jeden beliebigen Aspekt des Weltgeschehens mit meinem Wissen zu konfrontieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Glauben Sie, Führertum lernt man auf Ihren Universitäten?«
    Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Er improvisiert«, strahlte sie, »er zieht das einfach so raus! Und er verzieht nicht einmal das Gesicht! Wissen Sie, was das heißt? Das heißt, dass er nicht nach zwei Sendungen einfach nicht mehr weiß, was er sagen soll. Oder dass er dann zu heulen anfängt, man soll ihm mehr Autoren geben – oder täusche ich mich da, Herr Hitler?«
    »Ich lasse nicht gerne sogenannte Autoren in meiner Arbeit herumpfuschen«, sagte ich. »Während ich ›Mein Kampf‹ schrieb, hat Stolzing-Cerny des Öfteren …«
    »Ich verstehe langsam, was du meinst, Carmen«, sagte jetzt der Herr, dessen Idee das nicht gewesen war, und lachte.
    »… und wir setzen ihn als Kontrapunkt ein«, sagte die Dame Bellini, »da, wo er am besten auffällt. Er kriegt einen Dauerauftritt bei Ali Wizgür!«
    »Der wird sich bedanken«, sagte Sawatzki.
    »Der soll sich lieber mal seine Quoten ansehen«, sagte Frau Bellini, »wo sie jetzt sind, wo sie vor zwei Jahren waren – und wo sie demnächst sein werden.«
    »Das ZDF kann sich warm anziehen!«, sagte Sensenbrink.
    »Nur in einem sollten wir uns klar sein«, sagte Frau Bellini, und dabei sah sie plötzlich sehr ernst zu mir.
    »Und das wäre?«
    »Wir sind uns darüber einig, dass das Thema ›Juden‹ nicht witzig ist!«
    »Da haben Sie absolut recht«, pflichtete ich ihr bei, fast erleichtert. Da war tatsächlich endlich mal jemand, der wusste, wovon er sprach.

ix.
    E s gibt für eine junge Bewegung nichts Gefährlicheres als den raschen Erfolg. Man hat seine ersten Schritte getan, man hat hier einige Anhänger gewonnen, dort eine Rede gehalten, vielleicht schon den Anschluss Österreichs vorgenommen oder des Sudetenlands, und nur zu leicht wähnt man sich bereits an einer Art Zwischenetappe, von der aus sich der Endsieg dann wesentlich einfacher erreichen ließe. Und tatsächlich hatte ich in recht kurzer Zeit einige erstaunliche Dinge erreicht, die die Wahl des Schicksals bestätigten. Was hatte ich 1919, 1920 noch kämpfen müssen, ringen, was hatte mir damals der Sturm der Medien in das Antlitz geblasen, der Geifer der

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