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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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bürgerlichen Parteien, was hatte ich mühsam Lage um Lage des jüdischen Lügengewirks zerfetzt, nur um mich hernach abermals noch klebriger umsponnen zu sehen aus den Drüsen jenes Ungeziefers, alldieweil der Gegner in hundertfacher, tausendfacher Übermacht sein immer neues und immer widerwärtigeres Gift versprühte – und hier, in dieser neuen Zeit, hatte ich schon nach ein paar Tagen den Zugang zum Rundfunk gefunden, der zudem vom politischen Gegner vollkommen vernachlässigt wurde. Es war zu schön, um wahr zu sein: In den letzten sechzig Jahren hatte der Gegner in Angelegenheiten der Kommunikation mit der Bevölkerung rein gar nichts gelernt.
    Was hätte ich an deren Stelle Filme drehen lassen! Romanzen in fernen Ländern an Bord großer »Kraft durch Freude«-Schiffe, die durch die Südsee kreuzen oder entlang der gewaltigen Fjorde Norwegens, Erzählungen von jungen Wehrmachtssoldaten, die mutig Erstbesteigungen gewaltiger Felsmassive durchführen, um am Fuße einer Wand in den Armen ihrer großen Liebe zu sterben, einer BDM -Gruppenführerin, die dann erschüttert, aber gestählt ihr Leben der NS -Frauenpolitik widmet. Sie trägt im Leibe bereits den tapferen Spross ihres toten Geliebten, da mag man dann sogar so was wie Ehelosigkeit durchgehen lassen, denn wo die Stimme des reinen Blutes ihr Wort erhebt, muss auch ein Himmler verstummen. Jedenfalls gehen ihr seine letzten Worte nicht aus dem Sinn, während sie in der Dämmerung ins Tal schreitet, beeindruckt sehen ihr einige Milchkühe hinterher, der Himmel wird langsam überblendet von einer kraftvollen Hakenkreuzfahne. Das wären Filme, ich schwöre, am Tage darauf gehen bei jeder Geschäftsstelle des Frauenbundes die Aufnahmeformulare aus.
    Sie sollte Hedda heißen.
    Jedenfalls lag dieses Medium politisch vollkommen brach. Wenn man in den Fernsehapparat hineinsah, schien das Einzige, was diese Regierung für das Volk getan hatte, eine Maßnahme zu sein, die sich »Harzvier« nannte und die niemand leiden konnte. Der Name jener Maßnahme wurde prinzipiell in einem beleidigten Tonfalle ausgesprochen, und ich konnte nur hoffen, dass diese Menschen keinen zu großen Teil der Gesellschaft ausmachten, denn ich konnte mir selbst unter Zuhilfenahme größter Phantasiereserven keinen Fahnenappell auf dem Nürnberger Zeppelinfelde mit Hunderttausenden solcher Jammergestalten vorstellen.
    Auch konnte ich die Verhandlungen mit der Dame Bellini als Erfolg verbuchen. Ich hatte von vorneherein keinen Zweifel daran gelassen, dass ich neben Geld auch einen Parteiapparat, ein Parteibüro benötigte. Die Bellini wirkte zunächst ein wenig überrascht, hatte mir dann aber sofort rückhaltlose Unterstützung zugesichert, ein Büro sowie eine Schreibkraft. Es gab eine beträchtliche Spesenpauschale für Kleidung und Propagandareisen, für Forschungsmaterialien, die mich auf den aktuellen Wissensstand bringen sollten und mancherlei mehr. Finanzielle Mittel schienen kein Problem zu sein, eher die Einsicht in die repräsentativen Notwendigkeiten eines Parteiführers. So wurden zwar mehrere »historisch originalgetreue« Anzüge bei einem exklusiven Maßschneider ebenso zugesagt wie auch mein geliebter Hut, den ich auf dem Obersalzberg und in den Bergen so gerne getragen hatte. Ein offener Mercedes-Wagen mit Chauffeur hingegen wurde mir glattweg abgeschlagen mit der Begründung, das wirke doch reichlich unseriös. Ich gab zögernd nach, aber nur um den Schein zu wahren – hatte ich doch bereits wesentlich mehr erreicht, als ich hoffen durfte. Insofern war, gerade in der Rückschau besehen, dies sicherlich der gefährlichste Moment meiner neuen Laufbahn, und jemand anderes hätte sich hier womöglich schon im Lehnstuhle zurückgelehnt und wäre solcherart auf ganzer Linie gescheitert, allein ich unterwarf, vielleicht auch dem reifen Alter geschuldet, permanent die Entwicklungen der unbarmherzigsten, kältesten Analyse.
    So war etwa die Zahl meiner Anhänger gering wie niemals zuvor. Und ich kann weiß Gott aus meiner Vergangenheit auf geringe Anhängerzahlen verweisen, ich erinnere mich durchaus, damals 1919, bei meinem ersten Besuch der damals noch Deutschen Arbeiterpartei, auf etwa sieben Leute gestoßen zu sein. Heute jedoch konnte ich nur auf mich selbst zählen, in Grenzen vielleicht auch noch auf die Dame Bellini oder jenen Kioskbesitzer, es durfte aber bezweifelt werden, ob beide schon reif waren für einen Parteiausweis, ganz zu schweigen von ihrer Bereitschaft,

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