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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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Papst, der beim geringsten Widerwort mit Flamme und Schwert dreinschlägt wie der Herrgott selbst. Da müssen dann diese gewaltigen Flügeltüren aufgehen, und heraus tritt der Führer des Deutschen Reiches, und die ausländischen Gäste, die müssen sich fühlen wie Odysseus vor Polyphem, aber dieser Polyphem hat zwei Augen! Dem macht man nichts vor!
    Und eine Tür hat er auch, nicht einen Felsblock.
    Und Rolltreppen, man kam sich beinahe vor wie im Kaufhof in Köln. Ich habe mir das da gleich nach der Arisierung mal angesehen, das musste man diesem Tietz lassen: Warenhäuser einrichten, das können die Juden. Aber das ist eben auch wieder der Unterschied: Dort sollte der Kunde glauben, dass er König sei, doch wenn er in die Reichskanzlei kam, wusste der Kunde – hier hat er sich einer größeren Sache zu beugen, im Geiste jedenfalls. Ich habe es nie befürwortet, dass da sämtliche Besucher umherkriechen, womöglich auch noch auf dem Boden.
    Der Boden des mir zur Verfügung gestellten Büros bestand aus einem dunkelgrauen Stoffkonglomerat, keine Teppiche, eine Art Fußbodenbespannung, erstellt aus einem verfilzten, schäbigen Stoff, keine Winteruniform hätte man dem deutschen Landser daraus zumuten mögen. Ich hatte derlei hier schon mehrfach gesehen, es war wohl so üblich, insofern brauchte ich darin wenigstens keine Herabsetzung meiner Person zu vermuten. Es war offenbar ein Bestandteil jener armseligen Zeit, in der Zukunft, das schwor ich mir, würde es andere Böden geben für den deutschen Arbeiter, die deutsche Familie.
    Und andere Wände.
    Die Wände hier waren papierdünn, wahrscheinlich geschuldet einem Rohstoffmangel. Ich hatte einen Schreibtisch, offensichtlich aus zweiter Hand, und musste den Raum mit einem zweiten Schreibtisch teilen, der wohl für die zugesagte Schreibkraft vorgesehen war. Ich seufzte tief und blickte aus dem Fenster. Das Fenster ging auf einen Parkplatz mit vielfarbigen Aschentonnen, die ihre Ursache darin hatten, dass man den Müll sorgsam trennte, wohl ebenfalls aus Gründen des Rohstoffmangels. Ich mochte mir nicht überlegen, aus dem Inhalt welcher dieser Tonnen letzten Endes der armselige Bodenbelag gefertigt war. Dann lachte ich lautlos auf angesichts der bitteren Ironie des Schicksals. Wenn dieses Volk sich damals im rechten Augenblicke nur etwas mehr Mühe gegeben hätte, so hätte sich heute angesichts der Rohstoffe des gesamten Ostens derartige Sammeltätigkeit erübrigt. Abfälle aller Art hätte man achtlos in nur zwei Tonnen werfen können oder sogar in nur eine einzige. Ich schüttelte den Kopf, verständnislos.
    Vereinzelt trieben sich Ratten dort in dem Hofe herum, abwechselnd mit Gruppen von Rauchern. Ratten, Raucher, Ratten, Raucher, so ging das in einem fort. Ich blickte wieder auf meinen bescheidenen, ja armseligen Schreibtisch und die billige, relativ weiße Wand dahinter. Da konnte man draufhängen, was man wollte, selbst einen bronzenen Reichsadler, es wurde nicht besser. Man konnte schon froh sein, wenn die Wand nicht unter der Last zusammenfiel. 400 Quadratmeter Büro hatte ich einst, jetzt saß der Führer des Großdeutschen Reiches in einer Schuhschachtel. Was war nur aus der Welt geworden?
    Und was aus meiner Schreibkraft?
    Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach halb eins.
    Ich öffnete die Tür und sah hinaus. Es war niemand zu sehen bis auf eine Dame mittleren Alters in einem Kostüm. Sie lachte, als sie meiner ansichtig wurde.
    »Ach, Sie sind das! Proben Sie schon? Wir sind ja alle so gespannt!«
    »Wo ist meine Sekretärin!«
    Sie blieb kurz stehen, um nachzudenken. Dann sagte sie: »Das ist eine 400-Euro-Kraft, oder? Dann kommt die vermutlich nur nachmittags. Etwa gegen zwei.«
    »Ach was«, sagte ich verdutzt, »und was mache ich bis dahin?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie und wandte sich lachend zum Weitergehen, »vielleicht einen kleinen Blitzkrieg?«
    »Das werde ich mir merken!«, sagte ich recht frostig.
    »Wirklich?« Sie blieb stehen und drehte sich noch einmal kurz um. »Das ist ja super. Ich freue mich, wenn Sie’s für Ihr Programm brauchen können! Wir sind ja hier alle in einer Firma!«
    Ich ging wieder in mein Büro und schloss die Tür. Auf beiden Schreibtischen stand eine Schreibmaschine ohne Walze vor einem vermutlich irrtümlich dort angebrachten Fernsehapparat. Ich beschloss, meine Fortbildung im Rundfunkwesen fortzusetzen, fand aber keinen kleinen Bedienungskasten. Es war unerfreulich. Ich griff zornig zum Telefon – dann

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