Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
Vom Netzwerk:
Zeitpunkt für gekommen, mich wieder in die Ruhe und Abgeschiedenheit meines Büros zurückzuziehen.
    Ich saß gerade etwa zehn Minuten hinter meinem Schreibtische und betrachtete die neuerliche Wachablösung von Rauchern zu Ratten, als die Türe sich öffnete und jemand eintrat, der möglicherweise erst vor Kurzem jener Gruppe der Schulfrauen unbestimmbaren Alters entwachsen war. Sie trug allerdings auffallend schwarze Kleidung zu ihren langen, dunklen Haaren, die sie glatt zur Seite gescheitelt hatte. Und gewiss, wer hätte eine Vorliebe fürs Dunkle, ja Schwarze besser zu schätzen gewusst als ich, nicht zuletzt bei der SS hatte das immer sehr schneidig ausgesehen. Doch im Gegensatz zu meinen SS -Männern sah die junge Frau fast schon beunruhigend bleich aus, was besonders ins Auge stach, weil sie wiederum einen auffallend dunklen, fast bläulichen Lippenstift bevorzugte.
    »Um Gottes willen«, sagte ich aufspringend, »fühlen Sie sich wohl? Ist Ihnen kalt? Setzen Sie sich rasch!«
    Sie sah mich unbeirrt ein Kaugummi kauend an, zog dann zwei Stöpsel an Schnüren aus ihrem Ohr und sagte: »Hm?«
    Ich begann an der Theorie der Türkenstöpsel zu zweifeln. Die junge Frau strahlte überhaupt nichts Asiatisches aus, ich musste der Sache wohl ein anderes Mal auf den Grund gehen. Und zu frieren schien sie auch nicht, jedenfalls ließ sie einen schwarzen Rucksack von ihrer Schulter gleiten und zog den schwarzen Herbstmantel aus. Darunter trug sie gewöhnliche Kleidung, mit der Einschränkung, dass auch diese von komplett schwarzer Färbung war.
    »Na«, sagte sie dann, ohne weiter nach meiner Frage zu forschen, »Sie sind denn wohl der Herr Hitler!« Sie hielt mir ihre Hand hin.
    Ich schüttelte ihre Hand, setzte mich wieder und sagte relativ knapp: »Und wer sind Sie?«
    »Vera Krömeier«, sagte sie. »Det is ja kuhl. Kann ich Sie jleich mal wat fragen? Is det Messed Ekting?«
    »Verzeihung?«
    »Na det, wat der de Niro ooch macht. Und der Patschino. Messed Ekting. Wo man so janz drinne is in seine Rolle?«
    »Sehen Sie, Fräulein Krömeier«, sagte ich bestimmt und erhob mich, »ich weiß nicht genau, wovon Sie reden, aber entscheidend ist vor allem, dass Sie wissen, wovon ich rede, und da …«
    »Da hamse recht«, sagte Fräulein Krömeier und nahm mit zwei Fingern das Kaugummi aus dem Mund. »Hamwa hier ooch ’nen Papierkorb? Den verjessense nämlich meestens.« Sie sah sich um, entdeckte keinen Papierkorb, stand mit einem »Moment« auf, schob das Kaugummi wieder in den Mund und verschwand. Ich stand ein wenig unnütz in der Mitte des Raumes. Dann setzte ich mich wieder. Kurz darauf kehrte sie zurück, einen leeren Papierkorb in der Hand. Sie stellte ihn ab, holte erneut das Kaugummi aus ihrem Mund und ließ es zufrieden in den Korb fallen.
    »So«, sagte sie, »bessa.« Dann wandte sie sich wieder mir zu. »Wat hamse sich denn so vorjestellt, Meesta?«
    Ich seufzte. Sie also auch. Ich musste wohl ganz von vorne anfangen.
    »Zunächst«, sagte ich, »heißt das nicht ›Meister‹, sondern ›Führer‹. Also ›Mein Führer‹, wenn Sie möchten. Und ich möchte, dass Sie anständig grüßen, wenn Sie hier hereinkommen!«
    »Jrüßen?«
    »Mit dem Deutschen Gruß natürlich! Mit dem erhobenen rechten Arm.«
    Begreifend leuchtete ihr Gesicht auf, dann war sie mit einem Satz auf den Beinen: »Ick hab det ja jewusst. Jenau det isset doch! Messed Ekting! Soll ick et jleich ma’ machen?«
    Ich nickte zustimmend. Sie eilte aus der Tür, schloss sie, klopfte an, und als ich »Herein« sagte, trat sie ein, riss ihren Arm senkrecht in die Höhe und schrie: » JUTEN MORJEN , MEEN FÜHRA !« Und dann fügte sie hinzu: »Det jehört so jeschrien, wa? Ick hab det ma’ innem Film jesehen.« Dann hielt sie erschrocken inne und brüllte: » ODA JEHÖRT DET ALLET JESCHRIEN ? HAM DIE BEI DEM HITLA IMMA ALLE DAUERND JESCHRIEN ?« Sie musterte mein Gesicht und sagte wieder in einer besorgten, aber normalen Stimmlage: »Det war jetz ooch wieder falsch, oda? Det tut ma leid! Nehmn Sie jetze wen anderet?«
    »Nein«, sagte ich beruhigend, »das ist schon in Ordnung. Ich erwarte von keinem Volksgenossen Perfektion. Ich erwarte nur, dass er sein Bestes gibt, ein jeder auf seinem Posten. Und Sie scheinen mir auf einem ausgezeichneten Wege dazu. Aber bitte, tun Sie mir einen Gefallen: Schreien Sie nicht mehr!«
    »Jawohl, meen Führa!«, sagte sie und fügte dann hinzu: »Jut, wa?«
    »Sehr schön«, lobte ich. »Die Hand sollte

Weitere Kostenlose Bücher