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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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Randregionen. Wenn allerdings jedermann im selben Verein ist, ist die Mitgliedschaft nichts Besonderes mehr. Wer sich dann Vorteile durch eine Vereinigung suchen will, muss innerhalb des Vereins einen neuen Verein gründen. Dieselben Bestrebungen gab es erwartungsgemäß auch hier, die Stärkeren überlegten bereits, sich in einem eigenen Klub zusammenzutun oder die Schwächsten hinauszubefördern, was den Urverein selbstverständlich völlig ad absurdum führte.
    Wahrhaft erschütternd zeigte sich allerdings die deutsche Gegenwart. An der Spitze des Landes stand eine klobige Frau mit der zuversichtlichen Ausstrahlung einer Trauerweide, die sich schon dadurch diskreditierte, dass sie den bolschewistischen Ostspuk sechsunddreißig Jahre lang mitgemacht hatte, ohne dass ihre Umgebung dabei irgendeine Form von Unwohlsein hatte feststellen können. Sie hatte sich mit den bayerischen Gemütstrinkern zusammengetan, einer, wie mir schien, erbärmlichen Kopie des Nationalsozialismus, die halbgare, sozial wirkende Elemente statt mit nationaler Gesinnung mit der altbekannt ultramontanen Vatikanhörigkeit der Zentrumselemente vergangener Tage verbrämte. Weitere Lücken im Programm stopfte man mit Gebirgsschützen und Blaskapellen, es war derart dürftig, man hätte nur so dreinschlagen mögen in die Reihen des verlogenen Gesindels.
    Weil aber auch das zur Regierungstätigkeit noch nicht reichte, wählte die Ostfrau eine weitere Gruppierung, die aus rat- und orientierungslosen Jünglingen bestand, welche sich als Maskottchen einen in jeder Hinsicht unbrauchbaren Außenminister hielt. All jenen Mitgliedern der Jünglingspartei war zu eigen, dass ihnen die Unsicherheit und Unerfahrenheit bei jeder Bewegung aus allen Poren quoll. Kein Mensch der Welt hätte solchen feigen Figuren auch nur eine Schachtel Reißzwecken anvertrauen mögen, wenn es nur den Hauch einer Alternative gegeben hätte. Den gab es aber nicht.
    Es trieb mir im Angesicht der Sozialdemokratie die Tränen in die Augen, wenn ich etwa an einen Otto Wels dachte, einen Paul Löbe. Gewiss, das waren vaterlandslose Gesellen gewesen, Lumpen, gar keine Frage, aber doch Lumpen von einem gewissen Format. Heute wurde die deutsche Sozialdemokratie von einem penetranten Wackelpudding und einer biederen Masthenne geleitet. Wer seine Hoffnungen weiter links suchte, war sogar vollends verraten. Es gab dort nicht einen, der wusste, wie man einen Bierkrug auf dem Schädel des politischen Gegners zertrümmert, der Leiter des Schweinestalls hatte zudem mehr Angst um den Lack seines Sportwagens als um die Nöte seiner Anhänger.
    Einziger Lichtblick in dem ganzen demokratischen Unwesen war eine wunderliche Partei, die sich »Die Grünen« nannte. Natürlich gab es auch dort vollkommen weltfremde pazifistische Schwachköpfe, aber selbst unsere Bewegung musste sich 1934 ihre SA abstoßen, eine üble, doch notwendige Sache, bei der wir uns sicher nicht mit Ruhm bekleckert hatten, aber immerhin mit Röhm. Nein, was mir an diesen »Grünen« halbwegs erfreulich schien, war, dass sie über eine Wurzel verfügten, von deren Existenz die NSDAP damals nicht hatte wissen können, deren Berücksichtigung ich jedoch nicht schlecht finden konnte. Es war nach dem Kriege durch eine gewaltige Industrialisierung und Motorisierung zu erheblichen Schäden an Land, Luft, Boden, Menschen gekommen. Dem Schutze der deutschen Umwelt nun hatten sich jene »Grünen« verschrieben, auch etwa dem Schutze der mir so lieb gewordenen bayerischen Bergwelt, in der offenbar der deutsche Wald doch sehr gelitten hatte. Unfug war freilich die Ablehnung der zu sagenhaften Dingen fähigen Atomenergie, doppelt bedauerlich, dass sich nun aufgrund einiger japanischer Zwischenfälle nahezu sämtliche Parteien dazu entschlossen hatten, diese aufzugeben – und damit auch den Zugang zu waffenfähigem spaltbarem Material zu verlieren. Aber militärisch war diese Republik ohnehin völlig zu vernachlässigen.
    All jene politischen Versager hatten in Jahrzehnten das beste Heer der Welt derart verlottern und verludern lassen, dass man sie allesamt hätte an die Wand stellen mögen. Gewiss, ich habe selbst gepredigt und gepredigt, dass man den Osten nie ganz erledigen darf, dass da immer ein gewisser Konflikt bleiben muss, dass ein gesundes Volk alle fünfundzwanzig Jahre einen Krieg braucht zur Bluterneuerung. Aber was in diesem Afghanistan stattfand, das war kein die Truppe stählender Dauerkonflikt, das war ein ausgemachter Witz.

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