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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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hatte man noch immer rechnen müssen. Aber ich muss zugeben, ich hatte schon mit einer gewissen Vorfreude in den Unterlagen nachgeforscht, welch blaue Wunder auf diese überheblichen Amerikaner gewartet hatten – nun musste ich zu meiner tiefsten Enttäuschung feststellen: kein einziges.
    Ein Trauerspiel.
    Es bewahrheitete sich wieder das, was ich schon 1924 niedergeschrieben hatte – dass am Ende eines Krieges die wertvollsten Elemente des Volkes selbstlos an der Front gefallen sind und nur noch der mittelmäßige bis minderwertige Ausschuss übrig bleibt, der sich dann natürlich zu schade oder widersinnigerweise sogar zu fein ist, dem Amerikaner aus dem Untergrunde heraus ein anständiges Blutbad zu bereiten.
    Und ich gebe auch zu: An dieser Stelle meiner Überlegungen machte ich mir einen Vermerk. Es ist schon interessant, wie man die Dinge mit einem gewissen Abstand auf völlig neue Weise zu betrachten vermag. Nachdem ich selbst auf diesen Umstand des frühen Todes der besten Volkselemente hingewiesen hatte, war es doch erstaunlich, wie ich hatte davon ausgehen können, dass es in diesem Kriege anders hätte sein sollen. Ich notierte mir also gewissenhaft: »Nächster Krieg: Minderwertige zuerst!« Dann, als mir durch den Kopf ging, dass eine Anfangsoffensive der Minderwertigen möglicherweise nicht den gewünschten Erfolg bringen würde, korrigierte ich den Eintrag auf »Mittelmäßige zuerst«, dann auf »Die Besten zuerst, hernach aber rechtzeitig gegen Mittelmäßige und ggf. Minderwertige austauschen«, um dann aber wieder »Auch ausreichend Gute bis sehr Gute beimischen« dazuzuschreiben. Letzten Endes strich ich alles wieder durch, notierte »Gute, Mittelmäßige und Minderwertige besser einteilen!« und vertagte die Lösung des Problems. Entgegen kleingeistiger Vermutungen muss der Führer nicht immer sofort die richtige Antwort kennen – er muss sie nur im richtigen Moment parat haben, in diesem Falle, sagen wir, passend zum nächsten Kriegsausbruch.
    Der weitere Verlauf der Dinge nach der jämmerlichen Kapitulation des unfähigen Dönitz überraschte nur bedingt. Tatsächlich hatten sich die Alliierten über der Beute so zerstritten, wie ich es vorhergesehen hatte – allerdings hatten sie bedauerlicherweise darüber die Aufteilung derselben nicht vergessen. Der Russe behielt seinen Teil Polens und schenkte dem Polen dafür großzügig Schlesien, Österreich machte sich unter der Führung einiger Sozialdemokraten in die Neutralität davon. Im restlichen Deutschland wurden unter Vorspiegelung wahlartiger Vorgänge mehr oder minder mäßig getarnte Marionettenregime installiert, unter der Führung von Figuren wie den ehemaligen Zuchthäuslern Adenauer und Honecker, dem fetten Wirtschaftswahrsager Erhard oder – auch nicht sehr überraschend – Kiesinger, einem jener Hunderttausende lauwarmer Gesellen, die 1933 rasch noch in die Partei eingetreten waren. Ich möchte sagen, es erfüllte mich mit einer gewissen Genugtuung zu lesen, dass diesem Fähnlein im Gesinnungswinde gerade jener Parteibeitritt in letzter Sekunde zum Verhängnis wurde.
    Natürlich hatten die Siegermächte auch ihren alten Plan zur Vollendung gebracht, dem Volke einen völlig übertriebenen Föderalismus einzuimpfen, um dauerhaften Streit innerhalb der Nation sicherzustellen. Es gab zahlreiche sogenannte Bundesländer, die sich natürlich prompt sofort gegenseitig in alle Angelegenheiten hineinredeten und alles zerpflückten, was das vollkommen unfähige Bundesparlament an Beschlüssen ausschied. Ausgerechnet auf mein geliebtes Bayern machte diese Maßnahme sogar den unsinnigsten und nachhaltigsten Eindruck. Hier, wo ich den Grundstein meiner Bewegung einst legte, wurden nun mit Vorliebe die allerdümmsten Kraftmeier verehrt, die ihre scheinheilige Frömmelei und ihre jederzeitige Käuflichkeit durch das Leeren und Schwenken großer Maßkrüge zu verbergen trachteten und an denen die gelegentlichen Bordellbesuche noch das Ehrlichste waren.
    Im Norden des Landes hatte sich unterdessen die Sozialdemokratie breitgemacht, die ihren Herrschaftsbereich zu einem riesigen sozialromantischen Vereinsheim ausbaute und dafür das Volksvermögen nach Herzenslust verschleuderte. Die übrigen Gestalten dieser Republik waren, so schien es mir, alle gleichermaßen wenig erwähnenswert, es handelte sich um das übliche Schwätzervolk parlamentarischer Politikdarsteller, deren übelste Gestalten wie schon nach dem Ersten Weltkriege mit

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