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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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sie glauben sollen. Das gesunde Volksempfinden ist ihnen gleich. Nein, in seiner Seele weiß das Volk auch ohne unsere Herren Kritiker, was es zu denken hat. Wenn das Volk gesund ist, weiß es sehr gut, was etwas taugt und was nicht. Braucht der Bauer einen Kritiker, der ihm sagt, was die Erde taugt, in der er seinen Weizen anbaut? Der Bauer weiß es selbst am besten.«
    »Weil er täglich seinen Acker sieht«, sagte der Zeitungskrämer, »aber Sie sieht er nicht jeden Tag.«
    »Dafür sieht er täglich in das Fernsehgerät. Da hat er einen guten Vergleich. Nein, der Deutsche braucht keinen Meinungsvorbeter. Er bildet sich seine Meinung selbst.«
    »Sie müssen’s ja wissen«, sagte der Zeitungskrämer mit einem Schmunzeln und hielt mir den Zucker hin. »Sie sind ja der Fachmann der freien Meinungsbildung.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Bei Ihnen muss man wirklich aufpassen«, sagte der Krämer kopfschüttelnd, »man will dauernd anfangen, mit Ihnen zu reden, als wären Sie’s wirklich.« Eine Hand klopfte außen an die Verkaufstheke. Er stand auf. »Lesen Sie mal, was die schreiben, ich hab jetzt Kundschaft. Ist ja auch nicht so viel.«
    Ich blickte auf den kleinen Stapel neben dem Sessel. Ich war auf keiner Titelseite, aber das war ja auch nicht anzunehmen gewesen. Es hatten sich auch die großen Zeitungen nicht um das Thema gekümmert. Diese formidable »Bild«-Zeitung etwa war nicht dabei. Nun war jener Wizgür schon länger im Programm, da war eine Berichterstattung wohl nicht so interessant gewesen. Es waren letzten Endes nur kleinere regionale Blätter, für die täglich einer der Redakteure in das Fernsehgerät sehen musste, um eine kleine Kolumne zu füllen. Drei dieser Redakteure also hatten in der Hoffnung auf Unterhaltung die Sendung des Wizgür eingeschaltet. Sie alle waren der Ansicht, dass meine Rede das Interessanteste der Sendung gewesen sei. Einer meinte, es sei erstaunlich, dass ausgerechnet eine Hitlerfigur auf den Punkt gebracht habe, was eigentlich die Sendung des Wizgür schon die ganze Zeit darstelle, nämlich eine Ansammlung von Ausländerklischees. Die beiden anderen sagten, Wizgür habe durch meinen »herrlich bösen Beitrag« endlich den Biss wiedergewonnen, den er selbst viel zu lange habe vermissen lassen.
    »Und«, fragte der Zeitungskrämer, »zufrieden?«
    »Ich habe schon einmal von ganz unten angefangen«, sagte ich und nahm einen Schluck Tee, »da habe ich vor zwanzig Leuten gesprochen. Ein Drittel von denen war vermutlich irrtümlich gekommen. Nein, ich kann mich nicht beklagen. Ich muss nach vorne sehen. Wie fanden Sie’s?«
    »Gut«, sagte er, »heftig, aber gut. Nur der Wizgür schien mir nicht recht begeistert.«
    »Ja«, sagte ich, »das kenne ich noch von früher. Die Arrivierten schreien immer, wenn eine neue, frische Idee Einzug hält. Dann fürchten sie um ihre Pfründe.«
    »Wird er Sie noch mal in seine Sendung lassen?«
    »Er wird tun, was die Produktionsfirma ihm sagt. Er lebt vom System, er muss seine Spielregeln befolgen.«
    »Man möchte kaum glauben, dass ich Sie erst vor ein paar Wochen vor meinem Kiosk aufgesammelt habe«, sagte der Zeitungskrämer.
    »Die Regeln sind noch immer dieselben wie vor sechzig Jahren«, sagte ich, »die ändern sich nicht. Es sind nur weniger Juden beschäftigt. Deswegen geht es dem Volke auch besser. Apropos: Ich habe mich noch gar nicht recht bei Ihnen bedankt. Hat man …?«
    »Keine Angst«, sagte der Zeitungskrämer, »wir haben da ein kleines Arrangement getroffen. Ich bin versorgt.« Dann klingelte sein tragbares Telefon. Er hob den Apparat an den Kopf und meldete sich. Ich griff mir zwischenzeitlich eine jener »Bild«-Zeitungen und blätterte sie durch. Das Blatt vermittelte eine durchaus ansprechende Mischung aus Volkszorn und Gehässigkeit. Den Anfang machten Berichte von politischen Tölpeleien, es formte sich das Bild einer so tumben wie jedoch letztlich immerhin gutartigen Kanzlermatrone, die unbeholfen durch eine Horde hinderlicher Zwerge schlurfte. Parallel dazu wurde von dem Blatte so gut wie jede demokratisch »legitimierte« Entscheidung als völliger Unsinn entlarvt. Insbesondere der Gedanke der europäischen Einigung war der herrlichen Hetzschrift komplett zuwider. Am besten gefiel mir jedoch die subtile Arbeitsweise. So wurde beispielsweise in einer Witzekolumne zwischen Scherzen über Schwiegermütter und gehörnte Ehemänner unauffällig folgender Witz untergebracht:
    Ein Portugiese, ein Grieche und

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