Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town
Jahren in der Lovett Baptist Church nebeneinander gesessen und aus Leibeskräften »Jesus liebt mich« gesungen hatten. Aber auch das hatte sich
geändert. Das letzte Mal, dass er Steven sah, war an jenem Abend gewesen, als sie einander vor Daisys entsetzten Augen blutig geschlagen hatten. Das war auch der Tag gewesen, an dem er Daisy zum letzten Mal gesehen hatte.
»Ich kann mir nicht vorstellen, in unserem Alter schon zu sterben. Das ist grauenhaft«, plapperte Gina weiter, als bemerke sie nicht, dass Jack sich nicht an ihrer Unterhaltung beteiligte.
»Entschuldige, Gina«, sagte er und ging weiter. Längst begraben geglaubter Zorn wallte in ihm auf, doch er kämpfte mit all seiner Kraft dagegen an und verschloss ihn tief in seinem Inneren.
Dann fühlte er gar nichts mehr.
Mit dem Bier in der Hand schob er sich durch die sich rasch füllende Bar und betrat das Hinterzimmer, in dem sich die Gäste drängten. Er lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen und richtete seine Aufmerksamkeit auf Jimmy Calhoun. Der Ehrengast saß mitten im Raum auf einem Stuhl, umgeben von etwa einem Dutzend Männern. Aller Augen waren auf die beiden wie Rodeoköniginnen gekleideten Frauen gerichtet, die sich zu den Klängen der Dixie Chicks bewegten. Sie hatten sich bis auf glitzernde String-Tangas ausgezogen und machten sich nun an den Knöpfen ihrer Seidenblusen zu schaffen. Völlig synchron ließen sie den Stoff von ihren wohl geformten Schultern und an ihren perfekten Körpern hinuntergleiten und gaben den Blick auf ihre großen, in mit Pailletten besetzte Bikinitops gezwängten Brüste frei. Jack ließ den Blick von ihren vollen Brüsten zu ihren Tangas wandern.
Marvin Ferrell trat neben ihn und verfolgte die Show. »Was meinst du, sind ihre Brüste echt?«, fragte er.
Jack zuckte die Achseln und setzte die Bierflasche an die Lippen. Marvin war offenbar schon zu lange verheiratet,
sonst würde er nicht wie eine Frau daherreden. »Wen interessiert das?«
»Stimmt.« Marvin lachte. »Hast du schon gehört, dass Daisy Brooks wieder hier ist?«
Über die Flasche hinweg sah er Marvin an, ehe er sie sinken ließ. »Ja, hab’s gehört.« Wieder verspürte er den alten Zorn, und wieder drängte er ihn zurück, bis er nichts mehr empfand. Er wandte sich wieder den Stripperinnen zu und beobachtete, wie sie Jimmy zwischen ihre halbnackten Körper nahmen und einander über seinen Kopf hinweg küssten. Beim Anblick der nassen, aufreizenden Zungenküsse mit weit offenen Mündern verlangten die Jungs johlend eine Zugabe. Jack legte den Kopf schief und lächelte. Die Show war gut.
»Ich habe Daisy im Supermarkt gesehen!«, fuhr Marvin fort. »Verdammt, sie sieht noch genauso scharf aus wie damals auf der Highschool.«
Jacks Lächeln verschwand, als ihn eine Erinnerung an große braune Augen und weiche rosa Lippen in den schwarzen Schlund der Vergangenheit zu ziehen drohte.
»Weißt du noch, wie toll sie in ihrer kleinen Cheerleader-Uniform ausgesehen hat?«
Jack löste sich von der Tür und trat vollends in den Raum, doch es gab kein Entrinnen. Offenbar schwelgten alle, denen er begegnete, nur zu gern in Erinnerungen. Alle außer ihm.
Während die Stripperinnen sich gegenseitig die winzigen Bikinitops auszogen, war Daisy das einzige Gesprächsthema. Zwischen Pfiffen und Zungeschnalzen wollten Cal Turner, Lester Crandall und Eddy Dean Jones wissen, ob er sie schon gesehen hatte.
Angewidert verließ Jack das Hinterzimmer und ging zurück an den Tresen. Was für eine Gemeinheit, wenn ein
Mann nicht genießen konnte, wie zwei beinahe nackte Frauen es nur wenige Schritte von ihm entfernt miteinander trieben. Er hatte keine Ahnung, wie lange Daisy in der Stadt bleiben wollte, hoffte jedoch von Herzen, dass es nur ein kurzer Besuch sein würde. Vielleicht hatten die Leute dann etwas Besseres, worüber sie reden konnten. In erster Linie aber hoffte er, dass sie so viel Verstand hatte, ihm tunlichst nicht über den Weg zu laufen.
Er stellte die Flasche auf den Tresen und verließ das Lokal, ließ das Gerede und die Spekulationen über Daisy Monroe hinter sich. Regen prasselte auf seinen Hut und seine Schultern, als er den Parkplatz überquerte. Doch die Erinnerungen folgten ihm auf Schritt und Tritt. Erinnerungen daran, wie er in wunderschöne braune Augen geblickt und weiche Lippen geküsst hatte. Wie seine Hand an ihrem glatten Schenkel hinaufglitt und sich unter ihr blaugoldenes Cheerleader-Röckchen schob. Erinnerungen an Daisy
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