Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town
Wenn du so etwas mit angesehen hast, wirst du ein anderer Mensch. Erst dann wird dir richtig klar, was im Leben wirklich wichtig ist.« Sie schluckte hart. »Und was du wiedergutzumachen hast.«
Er stand vollkommen reglos da, und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Daisys Worte trafen ihn härter, als er vermutet hätte. Er hatte seine Eltern nicht sterben gesehen, und dafür war er dankbar. Er hatte auch so genug düstere Erinnerungen.
»Wusstest du, dass Särge mit einer Federung ausgestattet sind?«
»Ja.« Er und Billy hatten zwei Särge aussuchen müssen. Damals hatte er nicht genug Geld gehabt, um etwas Besonderes kaufen zu können. Seine Eltern waren ohne Federung und feine Seidenkissen begraben worden. »Das weiß ich.«
»Oh. Natürlich.« Sie sah wieder aus dem Fenster. »Ich erinnere mich noch an das Begräbnis deiner Eltern. Du warst so jung und musstest schon so etwas Grauenhaftes durchmachen. Damals war mir nicht richtig klar, wie entsetzlich es für dich war. Jetzt schon.«
Jack trat hinter sie und hob die Hände, um ihre Arme zu
umfassen. Doch noch bevor er sie berührte, besann er sich eines Besseren und ließ sie wieder sinken.
Sie zog einen Umschlag aus der Tasche ihres hässlichen Kleids und legte ihn neben die Spüle. »Das ist Stevens Brief. Der, von dem ich dir erzählt habe.«
Eigentlich wollte er ihn nicht lesen, auch wenn er wusste, wie mies das von ihm war. Aber er wollte nun einmal nicht an das schwarze Loch seiner Vergangenheit erinnert werden.
»Steven und ich wollten dir nicht wehtun, Jack. Wir drei waren sehr enge Freunde, und so hätte es zwischen uns nicht enden dürfen. Wir waren so jung und dumm. Der Abend, an dem wir zu dir gekommen sind, war einer der schlimmsten in meinem Leben.« Sie hielt einen Augenblick lang inne. »An dem Abend hattest du auch ein weißes T-Shirt an.«
Ja, sie hatten im Mondschein gestanden. Er hatte sie angefleht, ihn nicht zu verlassen. Er hatte seinen besten Freund brutal zusammengeschlagen, und jetzt war sein bester Freund tot. An jenem Abend war auch in Jack etwas gestorben. Aus irgendeinem Grund erschien es ihm nun, da er wieder darüber sprach, so real wie seit Jahren nicht mehr. Alles drängte wieder an die Oberfläche. Ließ die Wunden auf seiner Seele schmerzlich brennen. »Hör auf, Daisy.« Er packte ihre bloßen Unterarme. »Sag nichts mehr.«
»Ich muss, Jack.« Sie sah ihm über die Schulter hinweg ins Gesicht. »Als du gesagt hast, wir bräuchten etwas Abstand voneinander, hatte ich solche Angst. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Du musst verstehen, wie verängstigt ich war und …« Er hob ihr Kinn, beugte sich über sie und brachte sie mit einem harten Kuss zum Schweigen. Dann zog er sie an seine bloße Brust und schlang den Arm
um ihren Körper. Er wollte nichts mehr hören, nur noch fühlen. Am ganzen Körper fühlen. Nackt. Wollte sie immer und immer wieder auf diese alle Sinne betäubende Weise lieben, bis es ihm endlich gelang, sie aus dem Kopf zu bekommen.
Im ersten Moment stand sie stocksteif da und presste die Lippen zusammen, doch als sein Kuss weicher wurde, öffnete sich ihr Mund. Eine stumme Aufforderung, sich zu nehmen, was er haben wollte.
Das Telefon klingelte, doch er beachtete es nicht. Es klingelte immer noch, als seine Zunge in ihren Mund eindrang, und sie schmeckte ganz genau so wie zuvor auf dem Kofferraum des Lancer. Warm und süß nach Daisy, nach lange Vergessenem. Nach weicher Haut und Begehren und Lust und einer Liebe, die ihm das Herz aus dem Leib gerissen hatte.
Er verbannte die Erinnerungen aus seinem Kopf und umschloss ihre rechte Brust. Das Telefon hörte nicht auf zu läuten, als er durch den schweren Jeansstoff die Hand zwischen ihre Schenkel schob. »Daisy«, sagte er an ihrem Ohr und sog tief den Duft ihres Haars ein. »Komm mit ins Bett, und lass mich deine Erinnerungen an Sex auffrischen. «
Das Klingeln hörte auf, nur um sofort wieder anzufangen. Daisy entwand sich Jacks Umarmung und durchquerte die Küche. »Es könnte etwas Wichtiges sein«, sagte sie.
Er ahnte, wer der Anrufer war. Buddy Calhoun hatte gemeint, er komme vorbei, um einen Corvair Monza abzuholen, der in der Werkstatt stand, und ihn in seine Werkstatt in Lubbock zu überführen. Buddy war der beste Karosserie-Spezialist in ganz Texas und gehörte zu den wenigen Restaurateuren, denen Jack einen seiner Wagen anvertraute. Aber sein Timing war denkbar ungünstig. Statt Daisy zu
folgen, stapfte Jack mit wütenden
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