Er lockte mit dem Jenseits
wage ich zu bezweifeln.«
»Es kann nicht schlechter sein, John. Du glaubst gar nicht, was ich gelitten habe.«
»Trotzdem gibt es Menschen, denen es noch schlechter geht«, erklärte ich.
»Ja, die gibt es immer. Aber ich bin fest entschlossen, das meinige zu verändern.«
»Hat Marty Modine denn nicht angedeutet, was er vorhat?«
Carla überlegte, ihre Stirn zeigte dabei ein krauses Muster. »Nicht genau. Er hat nur davon gesprochen, dass wir etwas völlig Neues erleben werden. Da sind sogar Grenzen niedergerissen worden. Das muss man sich mal vorstellen.« Sie bekam einen zarten Glanz in ihre Augen. »Grenzen niedergerissen. Wie phänomenal sich das anhört. Marty ist in der Tat etwas ganz Besonderes.«
Das war auch meine Meinung. Nur dachte ich wohl anders über Modine als sie.
Carla schaute auf die Uhr. »Gleich sind die zehn Minuten vorbei.«
»Werden wir dann wieder tauschen?«
»Im Prinzip schon, aber heute ist alles anders. Ich weiß nicht, ob das so in Erfüllung gehen wird. Eher nicht. Das habe ich im Gefühl.«
Ich dachte an meine erste Gesprächspartnerin und fragte: »Auch Henriette ist mit dem neuen Leben einverstanden?«
»Sie macht mit, und ich glaube, dass sie sogar mehr als wir alle weiß.«
»Da werde ich sie mal fragen.«
»Lass es lieber. Marty wird uns gleich...«
Der Klang der Sirene unterbrach sie. Die zehn Minuten waren vorbei. Es begann das allgemeine Stühlerücken, und ich bekam die Gelegenheit, wieder Ausschau nach dem Polizeiboot zu halten. Es dümpelte noch hinter uns her. Gern hätte ich jetzt ein Telefonat mit Suko geführt, aber Modine machte mir einen Strich durch die Rechnung.
Er stand zwischen uns und hatte sich so aufgebaut, dass jeder ihn sehen konnte. Er machte mit beiden Händen eine um Ruhe heischende Bewegung, und es wurde still auf Deck.
Ich fing einen Blick von Glenda Perkins auf. Sie hob die Schultern an und wusste auch nicht so recht, wie es weitergehen sollte.
Dafür Marty Modine. Er klatschte einige Male in die Hände und bat uns dann, wieder unsere Plätze einzunehmen. Ich hätte mich gern neben Glenda gesetzt, aber ich musste weiterhin mit Carla vorlieb nehmen.
Schnell schaute ich mir noch die anderen Männer an, die allesamt nicht aussahen wie die großen Aufreißer und sich deshalb möglicherweise über ein neues Leben freuten.
Modine war zufrieden. Seine Gäste saßen so, dass er auf sie schauen konnte. Er war derjenige, der alles in den Händen hielt. Ich ließ ihn machen und grübelte über einen Satz nach, den ich unten von Carla gehört hatte.
Wer an diesem Abend auf dem Boot in die Nacht hineinfuhr, der würde etwas völlig Neues erleben. Etwas, mit dem er nie gerechnet hatte und das sich zudem auf ein neues Leben bezog.
Ich hatte ungefähre Vorstellungen davon, um was es sich handeln konnte. Da musste ich nur an das Treffen in der vergangenen Nacht denken, das geheimnisvoll genug gewesen war. Da war die Rede vom Jenseits gewesen oder zumindest von einer jenseitigen Welt.
Carla schaute fast bittend gegen die Gestalt des Mannes, der seine Hände locker in die Hüften gestemmt hatte. Eine wie sie betete diesen Menschen an, und die männlichen Passagiere sahen ihn bestimmt mit ähnlichen Augen.
Ich schaute mich nach Glenda um. Sie saß an der anderen Seite der Reling. Beinahe kam es mir vor, als hätte man uns bewusst getrennt. Sollte das stimmen, dann musste Marty Modine Verdacht geschöpft haben.
Es war dunkler geworden. Über den sowieso schon grauen Himmel hatte sich ein weiterer Vorhang gezogen, und es gab kein Boot, das sich ohne Lichter durch das Wasser schob. Es waren nicht nur Positionsleuchten, die brannten. Eine bunte Lichterkette über den Aufbauten erinnerte daran, dass dieses Boot einen Ausflug unternahm.
Ich hatte zwei Helfer an Bord gesehen. Das heißt, einer von ihnen hatte uns empfangen. Ob sie sich an Deck herumtrieben, war nicht zu sehen. Aber den Kapitän und Steuermann gab es noch. Das war natürlich sehr wichtig.
Ich sah auch, dass mir Henriette verstohlen zunickte. Sie saß mit einem Mann zusammen, dessen Halbglatze wie ein Mond schimmerte. Der Blick, mit dem sie ihren Partner bedachte, steckte nicht eben voller Freude.
Modine genoss die Lage. Das Boot fuhr jetzt langsamer durch die Wellen. Es war zwar nicht still geworden, aber die Spannung legte sich über uns und schien alles andere zu dämpfen.
Dass auch andere Boote unterwegs waren, sahen wir nicht nur, wir hörten es auch. Musikfetzen erreichten uns. Auf
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