Er lockte mit dem Jenseits
mitbringen.«
Ob das stimmte, wollte ich mal dahingestellt sein lassen. Nur blieb ich hart und erklärte ihm, dass ich mit ihm gehen wollte und niemand anderer.
»Nein«, erklärte er, »wir wollen Henriette.«
»Ich will aber nicht!«, rief Henriette. »Nimm erst John. Zeig ihm dein Jenseits. Wenn er wieder zurück ist, dann sehen die Dinge ganz anders aus. Dann kann ich mich auf ihn verlassen. So aber werde ich einen Teufel tun und nicht mit dir kommen.«
Das passte Mike nicht. Er verzog das Gesicht und wurde nervös. Das gab mir Gelegenheit, mich auf seine Umrisse zu konzentrieren. Ich hatte mich auch aus der Distanz nicht geirrt. Die Umrisse vibrierten tatsächlich, und ich merkte, dass mir aus den Poren der kalte Schweiß trat. Er war verändert, er war so verändert wie der Unbekannte, den ich hatte sterben sehen, als er von meinem Kreuz angegriffen worden war. So würde es auch hier sein. Mike Dublin hatte eine innere Verwandlung hinter sich, die er der anderen Seite zuschreiben konnte und derjenigen Person, die ihn ins Jenseits geholt hatte.
Es war Barbara Evans gewesen, das nahm ich ihm schon ab, aber sie stand nicht allein. Hinter ihr gab es jemanden, der alles in die Wege geleitet hatte und an dem großen Rad drehte, damit es auch in Bewegung blieb. Das war einfach nicht gut, und ich wusste in diesen Momenten nicht, wie ich mich verhalten sollte.
Nur stand mein Entschluss fest, und den bekam er noch mal von mir zu hören. »Ich oder niemand!«
»Nein, ich will...«
»Gut, probieren wir es«, unterbrach ich ihn.
Es war die Sekunde der Entscheidung. Ich wollte die Dinge nicht noch länger hinauszögern und ging einen Schritt nach vorn, um die ideale Entfernung zu haben.
Aber dazu kam es nicht.
Nicht nur, dass Mike Dublin mit einer zackigen Bewegung nach hinten glitt, nein, da griff noch jemand ein. Eine kalte Wolke schien mich zu streifen. Für eine winzige Zeitspanne war ich irritiert und wusste nicht, was geschah.
Dann war die Gestalt da. Sie schleuderte Dublin zur Seite, damit sie an mich herankam. Es war Barbara Evans.
Und sie hatte ein Messer!
***
Suko konnte sich wirklich nicht beschweren, die Kollegen von der Water Police waren alle nett und hilfsbereit, aber sein Part in dem Drama gefiel ihm trotzdem nicht. Er war einfach nicht nahe genug am Ort des Geschehens, und das ärgerte ihn.
Seinen Platz hatte er an Deck gefunden und sich dabei einen Ort ausgesucht, von dem aus er das andere Boot gut im Blick hatte. Er sah die Menschen, er hatte das gesamte Procedere mitbekommen, auch mit John telefoniert, bei dem offenbar alles in Ordnung war – aber zufrieden konnte er damit nicht sein.
Immer wieder setzte er das Nachtsichtgerät ab. Es passierte einfach nichts, und das Boot der River Police tuckerte hinter dem anderen her, als wäre es altersschwach.
Auf dem Fluss war so einiges los. Viele Menschen hatten sich auf den Ausflugsbooten eingeschifft, um tolle Stunden an Bord zu verbringen, denn überall fand eine große Party statt. Hinzu kam die farbige Illumination der Boote, so war das Fahren auf dem Fluss schon ein Erlebnis für sich.
Nur Suko war nicht zufrieden. Er befand sich einfach zu weit weg, obwohl er alles sehr genau sah, wenn er durch das Glas schaute. Er wusste auch nicht, wie lange die Fahrt noch dauern würde und wo sie endete. Vielleicht würde das Boot, wenn es die City verlassen hatte und sich der breiten Mündung allmähliche näherte, in irgendeinen Seitenarm gelenkt, damit alles ohne Zeugen ablief.
Aber Suko war etwas aufgefallen, und das bereitete ihm Sorge.
Glenda Perkins war nicht mehr an Bord zu entdecken!
Zuerst hatte er darüber nicht weiter nachgedacht, doch als sie über längere Zeit nicht zu sehen war, kam ihm das ungewöhnlich vor – und damit bedrohlich.
John konnte er nicht fragen, denn er wollte das Geschehen an Deck nicht stören.
Neben ihm erschien der Chef des Polizeiboots. Er klappte eine Sitzfläche nach unten, setzte sich und lehnte sich gegen die Reling.
Der Mann hieß Jack Donovan. Die Uniformjacke hatte er abgelegt. Er trug nur das Hemd und eine Hose. Sein Haar war feuerrot, der Ire in ihm war einfach nicht zu leugnen. »Wie geht es Ihnen, Suko?«
»Nicht besonders.«
»Der Job ist zu langweilig.«
»Sie sagen es.«
»Ich habe Ihnen etwas zu trinken mitgebracht. Es ist kalter Tee mit einem Schuss Zitrone, der wird Ihnen gut bekommen.«
»Danke.« Suko nahm den Becher an sich. Er musste aus dem Kühlschrank geholt worden sein, denn er
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