Er lockte mit dem Jenseits
kann ich nur feststellen, dass du eine sehr schöne Frau bist. Ja, du gefällst mir.«
»Danke.«
»Wo Licht ist, da gibt es auch Schatten«, erklärte er mit tonloser Stimme. »Und leider finde ich den auch bei dir, schöne Lady.«
»Wo denn?«
»Nicht an deinem Äußeren. Du bist eine andere Person als der einfache Single, der hier herumläuft.«
»Aber ich lebe in keiner Partnerschaft«, versicherte Glenda.
»So meine ich das nicht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du aus ganz anderen Gründen an Bord gekommen bist, und die würde ich gern herausfinden.«
»Nein, ich bin hier, um...«
»Nicht um einen Partner zu finden!«, unterbrach Modine. »Du bist bereits mit jemand gekommen. Dieser John steht voll und ganz auf deiner Seite. Zufällig kenne ich seinen Nachnamen und weiß deshalb, wer sich dahinter verbirgt. Es ist weiterhin kein Zufall, dass ihr beide an Bord gekommen seid. Es gibt jemand, der seine neue Existenz nicht aushalten konnte und aus dem Jenseits zurückkehrte, weil er sich beschweren wollte.«
»Pardon, wen meinst du?«
»Keith Westland.«
»Den kenne ich nicht«, antwortete sie.
»Das glaube ich dir sogar. Aber dein Freund Sinclair wird ihn kennen.«
»Weiß ich nicht.«
»Er hat ihn auf unsere Spur gebracht.«
»Das ist alles...«
Modine ließ Glenda nicht ausreden. Mit einer scharfen Bewegung wehrte er sie ab. »Ist dein Freund nicht Polizist?«
»Er ist nicht mein Freund, verdammt!«
»Hör auf zu lügen. Ich weiß, dass Sinclair Polizist ist. Nur ein ganz besonderer. Spezialisiert auf Fälle, die sehr aus der Reihe fallen. Und da denkt er, dass er hier bei mir genau richtig ist.«
Glenda wusste, dass es keinen Sinn machte, wenn sie hier weiterhin Verstecken spielte. Deshalb fragte sie: »Ist er denn hier bei dir genau richtig?«
»ja, das ist er.«
»Wunderbar. Dann sind die Fronten geklärt. Dann ist diese Reise auch nichts, damit sich die Menschen näher kennen lernen, nehme ich mal an. Es stecken ganz andere Interessen dahinter.«
»Du hast es erfasst.«
»Und welche bitte?«
Er runzelte die Stirn, »jeder sucht seinen Weg. Ich habe meinen gefunden und möchte ihn gern an andere Menschen weitergeben. Ist das so verwerflich?«
»Ganz und gar nicht – wenn der Weg normal ist!«
Modine legte die Hände zusammen. »Ich habe ihn schon einigen Menschen gezeigt. Bis auf Keith Westland waren alle begeistert und haben ihn akzeptiert. Aber er ist zum Verräter geworden, und das kann ich nicht akzeptieren.«
Glenda wusste, dass sich die Gefahr für sie verdichtete. Trotzdem dachte sie mehr daran, was sich über ihr abspielte, und wollte wissen, was an Deck passierte.
»Dort wird der Weg vorbereitet.« Modine legte die Hände zusammen. »Ich denke, dass meine beiden Neuen sich bereits unter die Gruppe gemischt haben.«
»Heißen sie vielleicht Barbara und Mike?«
»He, das war perfekt. Es beweist mir, dass du mehr weißt. Aber das habe ich schon angenommen. Davon muss man einfach ausgehen. Ach ja, ich hätte dich sowieso geholt.«
»Warum?«
»Um euch auseinander zu bringen. Es ist für mich einfach besser. Ich hätte mich auch um Sinclair kümmern können, aber du als Frau bist mir viel wertvoller. Es wird nicht lange dauern, dann werden alle Singles an Deck diesen Weg beschreiten.« Er nickte ihr zu. »So ist das nun mal, meine Liebe.«
»Ja, so ist das«, flüsterte sie und schüttelte den Kopf. »Aber manchmal ist man auch zu siegessicher.«
»Meinst du?«
»Ja.«
»Dann willst du mich stoppen?«
Glenda hob die Schultern. »Wobei sollte ich dich stoppen wollen? Du hast bisher nichts getan.«
»Das kann sich ändern.«
Er hatte den letzten Satz scharf hervorgestoßen und stand mit einer lässigen Bewegung auf. Auch Glenda blieb nicht mehr sitzen, weil sie sich im Stehen besser wehren konnte, doch bei ihm deutete nichts auf einen Angriff hin. Er ging tiefer in den Raum hinein und drehte ihr dabei sogar den Rücken zu.
Im Moment sprach niemand ein Wort. Es war sehr still geworden. Glenda vernahm wieder den Aufprall der Wellen an der Außenhaut des Boots und wartete darauf, dass Modine etwas unternahm.
Schon nach drei kleinen Schritten hielt er inne. Er sprach dann gegen die Wand, und seine Worte lösten bei Glenda Perkins den Alarm aus. »Ich habe den Weg gefunden, aber ich will ihn nicht für mich behalten. Das Jenseits war immer darauf bedacht, einen besonderen Nachschub zu bekommen. Es nimmt nicht nur die Seelen auf, es will auch an die Menschen heran.
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