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Er trank das ewige Leben

Er trank das ewige Leben

Titel: Er trank das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hast.«
    Negrus Augen bekamen den alten Glanz zurück. »Heißt das, du willst es tun?«
    »Ja, nicht nur wollen, mein alter Freund. Ich muß es tun. Ich bin verpflichtet. Ich habe geschworen, die Brut auszurotten, wo immer ich sie antreffe, und ich werde keinen Schritt davon abweichen. Rücksicht wäre fehl am Platze. Denn die anderen kennen diesen Begriff auch nicht. Sie sind gnadenlos, sie sind unmenschlich. Sie sind brutal und wollen überleben. Dabei nehmen sie nicht mal auf Kinder Rücksicht.«
    »Das habe ich auch gehört.«
    »Auch wenn sie noch wie Menschen aussehen, sind es letztendlich nur Bestien.«
    Negru verengte die Augen zu Schlitzen. »Ich bin froh, daß du so denkst, Frantisek. So verdammt froh.« Er lehnte sich zurück und räusperte sich.
    »Es ist einfach so, daß ich nicht daran geglaubt habe. Überhaupt nicht mehr.«
    »Wie meinst du das?«
    »Daß du noch kommen würdest.«
    »Keine Sorge, ich vergesse keine Freunde, auch wenn Jahre dazwischen liegen.« Marek schaute auf die Uhr. »Ich will nicht drängen, Negru, aber ich weiß nicht, wie lange wir noch zu laufen haben, um sie zu finden. Es wird bald dunkel werden, dann werden sie auch erstarken, und ich möchte sie noch vor Einbruch der Nacht…«
    »Keine Sorge, das wirst du schaffen.«
    »Dann sind sie hier in der Nähe?«
    »Ja, das sind sie. Ich habe dafür gesorgt, daß sie keine Gefahr mehr bilden. Zumindest nicht im Moment, aber man kann sich bei ihnen auf nichts verlassen. Diese lebenden Toten besitzen Kräfte, die den unsrigen überlegen sind.«
    »Das ist wahr.«
    Negru griff nach seinem Glas und leerte es erneut. »Nicht daß du denkst, ich wäre ein Trinker, aber hin und wieder muß ich den Schluck haben. Ich brauche ihn einfach, um das wegzuspülen, was in meiner Kehle und in meinem Magen sitzt.«
    »Ist klar, alter Junge.«
    Negru lächelte. »Das hast du früher auch schon gesagt, aber die Zeiten sind vorbei, längst vorbei.«
    Marek hatte die Depression in der Stimme genau erkannt. Er sagte nichts, stand auf, trat ans Fenster, schaute hinaus und sah den grauen Dunst, der aus dem feuchten Boden und vom Wasser hochstieg, wobei sich beide miteinander vermengten.
    »Willst du schon gehen?«
    »Es ist besser.«
    »Gut«, murmelte Negru. »Brauchst du noch etwas aus deiner Tasche?«
    »Nein, ich trage alles bei mir.«
    »Ja, das habe ich gesehen.«
    »Müssen wir ein Boot nehmen?«
    Negru schüttelte den Kopf. »Zum Glück nicht. Wir brauchen diesmal überhaupt nicht über das Wasser. Ich habe mir ein besonderes Versteck für die beiden ausgesucht.«
    »Wer kennt es?«
    Eine schwere Männerhand legte sich auf Mareks Schulter. »Außer mir kennt es niemand.«
    »Das ist gut.«
    Die beiden Männer verließen die Hütte.
    ***
    War es Wald? Urwald? War es noch diese Welt?
    Frantisek Marek wußte es nicht, denn er kam sich vor wie auf einem fremden Planeten. Er hatte nicht gewußt, daß es im Delta auch Wald gab, aber es war ein besonderer, ein Totenwald. Mit Moos bewachsene Baumstämme, abgestorbene Äste, eine schaurige Kulisse.
    Der Boden war weich und feucht. Er war mit Gräsern und manchmal auch mit wilden Blumen überwachsen. Im Vergleich zu dem über ihm schwebenden toten Geäst wirkte er wie ein Paradies, aus dem hin und wieder Augen hervorschauten, die matten Oberflächen irgendwelcher Tümpel, die sich im Gelände verteilten.
    Negru hatte seinem Freund geraten, immer hinter ihm zu bleiben, und an diesen Ratschlag hielt sich Marek auch. Der andere kannte sich hier aus.
    Marek hatte es bereits aufgegeben, nach den Insekten zu schlagen. Sie umtanzten ihn, sie flogen ihn zielsicher an, sie bissen, und die Stiche verteilten sich auf seinem Gesicht wie Sommersprossen.
    Negru machte es nichts mehr aus. Er war es gewohnt, mit diesen Quälgeistern zu leben.
    Mareks Gedanken drehten sich nicht nur um die Zwillinge. Er dachte auch an den Vampir, der sie in diesen verfluchten Zustand hineingebracht hatte.
    Mephisto nannte er sich.
    Ein Name mit einem ungewöhnlichen Klang. So hatte sich der Teufel in Goethes Faust genannt. Für einen Vampir war dies mehr als ungewöhnlich.
    Sie gingen weiter.
    Schritt für Schritt durch eine tote Landschaft, in der selbst die Vögel wirkten, als hätten sie keine Lust mehr zu leben. Sie hockten auf den Ästen wie künstliche Geschöpfe und schauten hinab in die Tiefe.
    Es war nicht still.
    Mit dem schwindenden Tageslicht meldeten sich auch die Tiere der Nacht, die sich bisher versteckt gehalten hatten.

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