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Er war ein Mann Gottes

Er war ein Mann Gottes

Titel: Er war ein Mann Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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Phantasie entzündete und die einfältig genug waren, sich auf ihn und seine unreife Sexualität einzulassen. All das wollte Frederic nicht aufgeben.
    Wenn er sein Priesteramt und seine Freiheit retten wollte, durfte ich keine Anlaufstelle mehr finden, wo man ihm schaden konnte. Die beiden für ihn gefährlichsten Personenkreise waren meine Eltern und Franziska mit der Ministrantengruppe. Folglich musste er sie ausschalten.

    Meiner Mutter gegenüber präsentierte Frederic sich also ganz als der Kraft seines Amtes von Gott berufene »Kinderseelenflüsterer«.
    Obwohl meine Mutter mit einem Mann verheiratet war, der sich mehr mit seinem Kind befasste als sie selbst, gehörte das Klischee »Kinder sind Frauensache« zu ihrem Weltbild.
    Frederics Status als Übermensch bedeutete für sie, dass er sowohl Frauensachen als auch Männersachen verstehen konnte und genau wusste, was Kinder brauchten. Getröstet und beruhigt durfte sie nach Hause gehen.
    Und Frederic durfte sicher sein, dass sie und mein Vater künftig noch großzügiger übersehen und überhören würden, wenn ich »zickte« und aneckte. Die Gefahrenquelle Elternhaus war damit entschärft.

Meine Freundin soll mir nicht glauben

    Ähnlich geschickt ging Frederic bei Franziska vor. Wenn ich mit jemandem über uns reden würde, dann mit ihr. Und wahrscheinlich würde ich dies vor allem dann tun, wenn der Alkohol mir die Zunge gelöst hätte. Es galt also, Franziska zu überzeugen, dass ich ihr einen Bären aufbinden würde.
    Bei passender Gelegenheit, als sie allein aus der Betstunde nach Hause gehen wollte, da ich mal wieder wegen meiner Bauchschmerzen die Schule geschwänzt hatte und deshalb auch nicht zur Kirche gehen durfte, fing er sie mit der scheinheiligen Frage nach meinem Befinden ab.
    Nach einigem Geplänkel meinte er: »Es ist schön, dass du zu Cora stehst. Sie braucht dich. Sie ist labil und hat ein schweres Alkoholproblem. Man muss ihr helfen. Ihre Mutter sagte mir, dass das arme Kind anscheinend schon nicht mehr immer weiß, was sie tut und sagt. Man muss fürchten, dass sie ihrer Sinne wohl nicht mehr mächtig ist.«
    Franziska schaute erschrocken. So hatte sie das mit mir noch nie betrachtet. Ich trank schon mal etwas. Das stimmte. Aber ein Alkoholproblem? War das wirklich schon eines?
    Frederic merkte, was in ihr vorging. »Sie braucht deine Hilfe, oder es wird ein schlimmes Ende nehmen. Aber wenn du und ich zu ihr halten, kann sie es packen. Das willst du doch?«
    Natürlich wollte Franziska das.
    »Widerstehe also, wenn sie dich zum Mitmachen verleiten will«, fuhr Frederic fort und hob ihr Kinn mit dem Finger und sah mit ernstem Blick auf sie nieder.
    »Nimm das, was sie sagt, nicht eins zu eins an. Sie braucht jemanden, der ihr den Weg weist, der ihr sagt, wie sie es richtig macht. Aber damit bist du überfordert. Führe sie also zu mir, wenn du merkst, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Oder komm und vertrau mir an, was sie erzählt hat, dann kann ich es richten. Ich kann ihr helfen. Ich bin Priester. Ich bin wie ein Vater für euch. Sie braucht mich jetzt mehr als ihr anderen. Sie kann zu mir kommen, wann sie will. Tag und Nacht. Schau darauf, dass sie zu mir kommt, wenn sie .es braucht. Sie ist mir als Seelsorger von Gott an vertraut. Ich bin für sie da.«

    Meine Mutter schmolz bei seinen süßen Worten jedes Mal fast dahin. Dankbar kam sie von der Beichte nach Hause zurück und weinte vor Glück, dass unser Vikar, dieser goldwerte Mensch, dieser ausgezeichnete Mann Gottes, sich um ihre geliebte Tochter kümmerte. »Vati«, schluchzte sie, »er ist der wahre Hirte. Wie es in der Bibel in der Geschichte vom schwarzen Schaf steht. Er geht ihr nach und sucht sie und freut sich mehr daran, wenn sie wieder gut ist, als an einer, die immer gut war.«
    Franziska aber traute ihm nicht. »Stell dir vor«, flüsterte sie mir während der Spätschicht in der Kirchenbank zu, als Frederic am Altar das Knie beugte, um mit dem Rücken zur Gemeinde den Tisch des Herrn zu küssen. »Stell dir vor, er hat mir gesagt, dass ich auf dich aufpassen soll.«
    »Du? Auf mich?« Ich hätte beinahe gelacht.
    Franziska hielt sich ebenso die Hand vor den Mund. »Ja, er hat gesagt, es nimmt sonst ein schlimmes Ende mit dir.«
    Die Lachlust war mir plötzlich vergangen. Frederic bestrafte mich für mein Reden, indem er meine eigene Freundin anstiftete, mich zu bespitzeln. Ich hatte ihn enttäuscht. Ihn! Mein Gott, wie schlecht war ich!

    Ich sah auf Frederics

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