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Er war ein Mann Gottes

Er war ein Mann Gottes

Titel: Er war ein Mann Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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waren und deshalb im Pfarrhaus aufgebraucht werden durften. Einer der Deckenstrahler beleuchtete das Herz-Jesu-Bild, so dass das blutende Herz wie lebendig aussah. Ich wandte den Blick ab.
    »Komm!«, winkte Frederic mich zu sich heran und klopfte auffordernd auf seine Knie. »Setz dich zu mir her.«
    Ich zögerte. Lachend griff er nach meiner Hand und zog mich auf seinen Schoß. »Lass dich doch mal anschauen. Super siehst du heute wieder aus.«
    Mein Pulli war neu, mit einem schräg über den Oberkörper verlaufenden Reißverschluss. Keines der Mädchen bei uns »Minis« hatte so etwas. Der Pulli kam frisch aus London. Meine Tante Isidora hatte ihn mir mitgebracht. Ich hatte ihn angezogen, weil ich Frederic imponieren wollte. Er stand auf neue Klamotten.
    Mein Pulli gefiel ihm. Spielerisch nestelte er daran herum. »Funktioniert der Zipper?«
    »Schon!« Ich versuchte, von seinem Schoß aufzustehen und seine Hände von dem Reißverschluss zu drängen. Ich fühlte seine Erektion unter mir zunehmen.
    »Jetzt sei doch nicht so.« Frederic lachte, hielt mich fest auf seinem Schoß. »Was ist denn schon dabei? Ich will doch bloß gucken, wie das aussieht, wenn man den Zipper so ein Stück aufzieht. Garantiert sieht das supergut aus, wenn du die eine Ecke so umschlägst. So! Wie einen Kragen. Guck mal.«
    Der Reißverschluss war aufgezogen und nach und nach auch meine anderen Kleidungsstücke abgestreift. Mein zaghafter Protest ging einfach unter. Mein »Bitte, lass das!« kam nicht an.
    Vielleicht hätte ich energischer, wütender gegen ihn Vorgehen müssen, damit er zur Vernunft gekommen wäre. Ich habe damals nicht so weit gedacht. Niemals hätte ich gewagt, ihn zu schlagen, zu kratzen oder nach ihm zu treten. Er war ein Priester, ein unantastbarer, geweihter Mann. Und ich hatte ihn sehr lieb.
    Irgendwann gab ich es ganz auf, Frederic von mir abdrängen zu wollen. Es war zum ersten Mal seltsam schön, seine Hände und seinen Mund auf meiner Haut zu fühlen. Es verursachte eine Gänsehaut und kribbelige Gefühle. Waren das die Schmetterlinge im Bauch, von denen wir Mädchen so oft untereinander redeten?
    Obwohl der Alkohol meine Sinne ebenso benebelte wie das, was Frederic mit ihnen anstellte, nahm ich seine Lust und Erregung wahr, die er an mir abreagierte, indem er mich streichelte, küsste und immer wieder flüsterte:
    »Du bist so schön! So süß! So lieb! So weich!«
    Ich weiß nicht mehr, was ich dachte, oder ob ich überhaupt noch dachte. Ich erinnere mich, dass ich mich zuerst über meine Nacktheit schämte und dann irgendwann furchtbar erschrak, weil Gefühle in mir ausgelöst wurden, die ich nicht kannte, die ich auch nicht schön, sondern beängstigend fand, weil ich ihrer nicht Herr wurde, sondern sie über mich hinwegrollen fühlte.
    Als Frederic urplötzlich aufsprang, um im Bad zu verschwinden, raffte ich angstvoll meine Sachen zusammen und zog mich in Windeseile an, so dass ich fix und fertig war, noch ehe er in sein Zimmer zurückkehrte.
    Bestimmt hatte er gemerkt, was für komische Gefühle ich auf einmal bekommen hatte, fürchtete ich und wusste nicht, wie ich ihm das erklären sollte. Es war so schrecklich. Ich hatte das nicht extra gemacht. Es war so über mich gekommen. Oh Gott, es tat mir leid! Was sollte ich bloß machen? Ich wusste doch selber nicht, wie das passiert war.
    Wenig später kam Frederic aus dem Bad zurück. Ich brachte keinen Ton heraus. Wie ernst und bleich er aussah!
    »Es tut mir so leid«, flüsterte ich und wollte, dass er mir in die Augen sah, dass er mich in die Arme nahm, dass er mir verzeihen sollte. »Ich weiß nicht, was das war. Bitte, du musst mir glauben.«
    Er sah mich nicht an, nickte aber und führte mich an der Hand zu dem großen Holzkreuz, das an der Wand zwischen den Fenstern hing. Hier hieß er mich niederknien und die Sünde beichten, die ich soeben mit ihm begangen hatte.
    »Sag, dass es ein Fehler war und du es bereust und dass es nie wieder vorkommen wird.«
    Ich kämpfte mit den Tränen. Es war so schrecklich. Wieso hatte ich bloß so verrückte Gefühle bekommen? Unglücklich kniete ich auf Frederics Gebetbank nieder und sprach die Worte nach, die er mir vorgegeben hatte.
    Anschließend tadelte und ermahnte er mich, wie ich es aus dem Beichtgespräch gewohnt war. Was wir getan hätten, sei verboten und schlecht. Der böse Geist sei dabei über uns gekommen, weil der Geist willig, das Fleisch aber schwach sei und der unvollkommene Mensch immer wieder

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