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Er

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Titel: Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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hinaus. Er torkelte in den Regen hinaus, ein Gefühl von Freiheit hob ihn kurz hoch, ließ ihn aber gleich wieder fallen, einer wie er konnte sich nie entkommen.
    Und dann bemerkte er den kleinen Sean, der sich in gebückter Haltung durch den Regen davonschleichen wollte. Die losen Bretter der Außenwand waren bei den Jüngeren beliebt, und wenn sich herumsprach, dass ein Paar auf dem Weg ins Rosalea war, folgten die Kleinen ihnen und versuchten durch die Ritzen einen Blick auf das zu erhaschen, was ihnen in einigen Jahren bevorstand. Angus hob einen Stein auf und warf ihn nach Sean, in der Absicht, ihn zu töten. Sean stob auf seinen krummen Bubenbeinchen davon. Angus wusste, dass man Dreizehnjährige auf kurzer Strecke nicht einholen konnte. Wenn man sie aber lange Zeit hetzte, knickten sie irgendwann ein, ihre Ausdauer war gering. Er folgte Sean, der mit angewinkelten Armen über das Heidekraut spurtete und seine Kraft verschwendete. Angus ließ den Abstand größer werden, er sah seine Zeit kommen. Sean schlug einen Haken, peilte jetzt die Straße nach Port Nis an, denn er trug Turnschuhe und erhoffte sich damit auf dem Asphalt einen Vorteil gegenüber Angus, der in seinen Sonntagsschuhen mit den hohen Absätzen auf jedem Terrain benachteiligt war, auf Asphalt aber erst recht. Sean gewann auf der Straße tatsächlich einige Meter dazu, aber seine Beine begannen zu schlenkern, einmal stolperte er vor Ermüdung, und jetzt holte Angus alles aus sich heraus. Die Aussicht, Sean gleich in den Fingern zu haben, beflügelte ihn, er witterte den nahen Sieg, es war ein rauschhaftes Gefühl. Sein Versagen im Rosalea wurde klein und nichtig, hier auf der nassen, schmalen Straße nach Port Nis wurde der entscheidende Kampf ausgetragen. Aber dann gab eine Kurve den Transporter von Duncan MacAulay frei, Angus erkannte den Wagen sofort, es war der einzige gelb angestrichene auf der ganzen Insel. Und Duncan war der ältere Bruder von Sean, der sein Glück nicht fassen konnte und bereits wild mit den Armen winkte. Der gelbe Wagen betrog Angus um den Sieg, und das machte ihn so wütend, dass er sich überlegte, beide zu töten, Sean und Duncan. Aber stand ihm das zu, zwei Menschen umzubringen? Es kam ihm überheblich vor, so als würde er im Pub damit prahlen, Opernsänger zu werden. Es war peinlich. Menschen totzuschlagen, mit dem schönsten Mädchen der Insel zu schlafen, das alles war Hochmut, und bei ihm kam der Fall vor dem Hochmut, und danach kam wieder der Fall, für ihn war das Billigste gut genug, und das Billigste war der Tod. Die Tür des Transporters quietschte, der Wagen zitterte im Leerlauf, Sean flüchtete sich hinein. Der Wagen fuhr langsam an Angus vorbei, damit er Seans rausgestreckte Zunge auch gut sehen konnte.
    Es sprach sich mit dem Wind herum, und der Wind drang auf Lewis durch jede Ritze. Aber ein Körnchen Glück fiel Angus in den Kragen. Spätabends kam er auf den Hof, und um den Hohn zu vertagen, schlief er in der Scheune unter der Werkbank. Am Morgen weckte ihn ein Schuhtritt seines Bruders.
    »Warst wohl zu schwach, um dein Bett zu finden!«, sagte der Bruder. »Hast sie tüchtig rangenommen im Rosalea, wie man hört. Aber glaub nicht, dass du jetzt was Besseres bist!«
    Angus schlich durch den Tag, alle Arbeiten verrichtete er leise, er befürchtete, durch ein lautes Geräusch sein Glück zu verscheuchen. Am Nachmittag brachte Gus Macfarlane eine Ladung Säcke für die Schafwolle, und als Angus die mit Schnüren zusammengebundenen Ballen vom Transporter lud, sagte Macfarlane: »Mach dich mal nicht zu staubig, Angus. Du hast bestimmt heute noch ein Schäferstündchen mit Lea Murray.«
    »Schon möglich«, sagte Angus.
    Sean hatte etwas gesehen und die falschen Schlüsse daraus gezogen.
    »Katy Hagerty sagt, du warst mit dieser Lea Murray im Rosalea«, sagte Angus’ Mutter am dritten Tag, nachdem es geschehen war. Sie war immer die Letzte, die etwas mitbekam. »Für die bist du doch nur der Käse zwischen ihren Zehen. Manchmal juckt es da, und man kratzt sich ganz gern, aber das war’s dann auch. Wenn du denkst, dass die dich heiratet, bist du so blöd, dass du nicht mein Sohn sein kannst. Denn so blöd, wie du dann wärst, bin ich auch wieder nicht.«
    Calum MacLeod löste sich am nächsten Sonntag nach der Messe aus einer Traube kichernder Mädchen. Es wurde still auf dem Kirchhof, als er auf Angus zuging.
    »Hat sie geblutet?«, flüsterte Calum Angus ins Ohr. »Du weißt doch, was ich

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