Er
gegen den Wind.
Craig sagte zunächst nichts. Überprüfte die Schlinge seines Fangstocks. Strich sich mit der Hand über den Mund. Legte den Fangstock ab und packte Angus bei den Schultern, zog ihn zu sich und flüsterte ihm ins Ohr: »Du weißt genau, was ich meine. Also halt den Mund. Sprich nie wieder vor anderen über Lea. Prahl nie wieder damit, dass du was mit ihr hattest. Nie wieder. Dazu hast du kein Recht. Und das weißt du.«
Craig drückte Angus’ Schultern, er presste den Daumen gegen Angus’ Schlüsselbein.
Dann hob er den Fangstock auf. Er drehte Angus den Rücken zu. Er sagte: »Bind mir jetzt das Seil um.«
In Angus stieg Schaum hoch, so fühlte es sich im Mund an, bitterer Schaum. Er spuckte aus.
Du weißt genau, was ich meine.
Craigs Worte.
In Angus wurde es still.
Alle Geräusche, alle Gedanken traten zur Seite, um Craig MacAskill Platz zu machen. Craig schritt durch das Spalier, aber er war nicht allein. An seiner Seite kam Lea auf Angus zu, und als die beiden vor ihm standen, sagten sie: Kapierst du es endlich?
»Klar«, sagte Angus. »Klar. Ich bind dir das Seil um.« Es war nass, klamm, er führte es um Craigs Bauch rum und zog es hinten straff. Er sah seinen Händen dabei zu, wie sie den Achterknoten schlangen.
So war das also, dachte er. Craig und Lea. Lea und Craig.
»Wie ist das eigentlich mit den Schnäbeln?«, fragte Kevin. »Die Gugas. Muss man da aufpassen?«
Sie sagten: Kapierst du es? Deswegen haben wir den Mund gehalten, all die Jahre. Deswegen ließen wir die anderen denken, dass du mir das Kind gemacht hast. Der Lehrer und eine Schülerin. Und er macht ihr ein Baby. Was sagt seine Frau dazu? Was die Leute? Das Schulamt? Stell dir mal diese Stürme vor, diese Gewitter, Angus! Die hätten uns ganz schön zugesetzt. Aber zum Glück hatten wir einen Blitzableiter. Einen Prahlhans. Einen, der lieber den Balg eines anderen aufgezogen hätte als zuzugeben, dass er die Hose nicht aufgekriegt hat. So bist du rumgelaufen, Angus, guck mal, mit so einer dicken Brust!
»Ich hab nämlich keine Handschuhe dabei«, sagte Kevin.
»Gut, dass ich das jetzt weiß«, sagte Angus. Er presste die Zähne zusammen.
»Hat mir niemand gesagt. Dass ich welche mitnehmen soll.«
»Lass mal sehen«, sagte Craig. Er kontrollierte den Knoten.
»Das ist ein Achter«, sagte er.
Angus bekam die Zähne kaum auseinander, er musste durch einen dünnen Spalt sprechen.
»Was für einen Knoten möchtest du denn?«, sagte er.
»Einen doppelten Bulin. Dann mache ich das eben selber.«
Craig löste den Achter und verschlaufte einen Bulin, zog ihn straff und war so dumm wie Bohnenstroh.
Der Knoten schützt dich einen Dreck, dachte Angus. Das Leben hing nicht vom Knoten ab, sondern von dem, der das Seil hielt. Und das bin ich, dachte Angus, du Dreckskerl.
»Okay«, sagte Craig. »Ich bin dann so weit. Halt das Seil immer schön straff.«
Und er kletterte zu den Nestern raus.
Angus konnte es nicht fassen.
Er spürte Craigs Gewicht in seinen Händen. Er hielt das Seil immer schön straff und kam sich vor wie ein Clown. Der Clown tat so, als wäre ihm das Leben des Mannes da draußen allen Ernstes einen Pfifferling wert. Erst flüstert dir der Mann ins Ohr, dass er es mit deiner Freundin getrieben hat, dass er ihr ein Kind gemacht hat, und dann guckt er dich artig an und sagt: Halt das Seil immer schön straff. Es war köstlich! Der Zirkus grölt!
»Oh! Guckt mal!«, sagte Angus. »Guckt doch!«
»Was denn?«, fragte Lea.
»Craig fängt einen Guga«, sagte Angus. »An deiner Stelle würde ich das fotografieren. So was sieht man nicht alle Tage!«
Durch Wind und Wetter roch er Leas Haare. Er spürte Zug auf dem Seil, Craig rief etwas.
»Klar«, sagte Angus. »Seil etwas lockern. Sonst kommt er nicht zu dem Nest da draußen.«
»Jetzt hat er einen!«, rief Kevin.
»O ja«, sagte Angus. »Ich wette, es ist der größte Guga, den je einer in die Schlinge gekriegt hat. So was kann nur Craig, der große Held.«
Craig klebte da unten an den Klippen, das Meer streckte seine Zungen nach ihm aus, und in den Nestern schlugen die Gugas mit ihrem Stummelchen. Lea lag auf dem Bauch über dem Abbruch und richtete die Linse auf Craig. Lea kam Angus jetzt verbraucht vor, verdorben durch die Hände eines anderen, durch seine Küsse, seinen Schwanz, es war widerwärtig. Der Regen auf seinen Lippen schmeckte brackig, der Wind stank, die Welt war verseucht durch Leas Untreue.
Wenn er doch nur die Klappe gehalten
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