Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Sache in ihrem Leben erreichen konnte, sollte es der Tod ihres Wärters sein. Wenn sie nicht fliehen konnte, würde nichts sonst ihr so große Befriedigung verschaffen. Was immer notwendig ist, ich werde einen Weg finden.
Die Idee gefiel ihr und sie ließ sich den Rest der Mahlzeit schmecken, während sie Pläne schmiedete, wie sie das Dahinscheiden des Mannes bewerkstelligen könnte.
Als sie fertig war, nahm der Mann das Tablett und ging.
Sie lauschte auf seine verklingenden Schritte, auf die Tür, die hinter ihr geöffnet und wieder geschlossen wurde, auf das Klicken des zuschnappenden Riegels und dann auf das schwere, Unheil verkündende Geräusch eines Balkens, der draußen vor der Tür an seinen Platz fiel.
Dann war sie wieder allein und konnte nichts anderes tun als abwarten und über mögliche Mordmethoden nachgrübeln.
Eine Weile unterhielt sie sich damit, eine der auf die Decke gemalten Linien zu verfolgen und den Anfang oder das Ende zu finden. Die Linie, die sie sich ausgesucht hatte, war blau. Die Farbe gefiel ihr wegen ihrer Verbindung zu der einen Person, an die sie am wenigsten zu denken wagte.
Mit der Zeit langweilten sie die Linien und ihre Rachefantasien, sie schloss die Augen und glitt in einen unruhigen Halbschlaf, in dem die Stunden – mit der paradoxen Logik von Albträumen – scheinbar gleichzeitig schneller und langsamer verstrichen als sonst.
Als der Mann in dem grauen Wams zurückkehrte, war sie beinahe froh darüber, ihn zu sehen, eine Reaktion, für die sie sich selbst verachtete und die sie als Schwäche ansah.
Sie war sich nicht sicher, wie lange sie gewartet hatte – konnte sich nicht sicher sein, solange niemand es ihr sagte –, aber sie wusste, dass es eine kürzere Zeitspanne gewesen war als zuvor. Trotzdem hatte sich das Warten endlos angefühlt und sie hatte befürchtet, dass man sie genauso lange gefesselt und allein liegen lassen würde wie beim letzten Mal – wenn auch nicht unbeobachtet, das sicher nicht. Verärgert gestand sie sich ein, dass sie dem Mann dankbar war, dass er öfter nach ihr sehen würde, als sie ursprünglich angenommen hatte. Es war schmerzhaft, so viele Stunden reglos auf einem flachen Stein zu liegen, aber das Verwehren des Kontakts zu jedem anderen lebenden Geschöpf – selbst einem Geschöpf, das so plump und abstoßend war wie ihr Wärter –, war eine Folter für sich und bei Weitem die härtere Prüfung.
Als der Mann sie von ihren Fesseln befreite, bemerkte sie, dass die Wunde an seinem Unterarm geheilt worden war. Die Haut dort war so glatt und rosig wie die eines Ferkels.
Sie verzichtete darauf, zu kämpfen, aber auf dem Weg zum Abort tat sie so, als würde sie stolpern und hinfallen, weil sie hoffte, dem Tablett nah genug zu kommen, um vielleicht das kleine Schälmesser an sich zu bringen, das der Mann benutzte, um das Essen zu schneiden. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Tablett zu weit entfernt und der Mann zu schwer war, als dass sie ihn hätte mit sich ziehen können, ohne Verdacht zu erregen. Da ihr Plan gescheitert war, zwang sie sich, alles andere über sich ergehen zu lassen, was der Mann mit ihr machte. Sie musste ihn davon überzeugen, dass sie aufgegeben hatte, damit er nachlässig und, wenn sie Glück hatte, unvorsichtig wurde.
Während er sie fütterte, betrachtete sie seine Fingernägel. Das letzte Mal war sie zu wütend gewesen, um sie zu beachten, aber jetzt, da sie ruhiger war, faszinierte sie deren Eigentümlichkeit.
Seine Nägel waren dick und gebogen. Sie saßen tief im Fleisch und die weißen Monde über der Nagelhaut waren groß und breit. Alles in allem nicht anders als die Nägel vieler Männer und Zwerge, mit denen sie zu tun gehabt hatte.
Wann hatte sie mit ihnen zu tun gehabt? … Sie erinnerte sich nicht.
Was seine Fingernägel so besonders machte, war die Sorgfalt, mit der sie gepflegt waren. Als habe man ihrer Pflege viele Stunden gewidmet. Die Nagelhaut war sauber, ohne Spuren von Rissen, während die Nägel selbst gerade geschnitten – nicht zu lang, nicht zu kurz – und die Ränder glatt gefeilt worden waren. Die Oberflächen waren poliert und glänzten wie glasierter Ton, und die Haut ringsum sah aus, als habe man sie mit Öl oder Butter eingerieben.
Außer bei den Elfen hatte sie noch nie einen Mann mit so perfekten Fingernägeln gesehen.
Elfen? Sie schüttelte den Gedanken ab, verärgert über sich selbst. Sie kannte keine Elfen.
Die Fingernägel waren ein Rätsel, eine
Weitere Kostenlose Bücher