Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
konnte er noch immer die Barden und Musikanten hören, die vor den zu Aryas Ehren aufgestellten Festtischen ihre Künste darboten. Die Feiern waren im Gange, seit Arya und Fírnen zusammen mit ihm und Saphira am Tag zuvor nach Ilirea zurückgekehrt waren. Aber jetzt legte sich der Trubel allmählich und so hatte er endlich ein Treffen mit Nasuada arrangieren können.
Er nickte den Wachposten vor dem Arbeitszimmer zu, dann trat er durch die Tür.
In dem Raum sah er Nasuada auf einer gepolsterten Liege sitzen. Sie hatte sich zurückgelehnt und lauschte einem Musikanten, der auf einer Laute spielte und ein schönes, wenn auch trauriges Liebeslied dazu sang. Am Ende der Liege hockte das Hexenkind Elva, ganz vertieft in eine Stickarbeit, und auf einem Sessel in der Nähe saß Nasuadas Zofe Farica. Auf Faricas Schoß zusammengerollt lag die Werkatze Gelbauge in Tiergestalt. Sie schien fest zu schlafen, aber Eragon wusste aus Erfahrung, dass sie wahrscheinlich wach war.
Eragon wartete an der Tür, bis der Musikant geendet hatte.
»Danke. Du kannst gehen«, sagte Nasuada zu dem Spielmann. »Ah, Eragon. Willkommen.«
Er machte eine leichte Verbeugung vor ihr. Dann sagte er an das Mädchen gewandt: »Elva.«
Sie musterte ihn kurz. »Eragon.«
Der Schwanz der Werkatze zuckte.
»Was möchtest du mit mir besprechen?«, fragte Nasuada. Sie nippte an einem Kelch, der auf einem Beistelltisch stand.
»Vielleicht könnten wir unter vier Augen reden«, erwiderte Eragon und deutete mit dem Kopf auf die glasvertäfelten Türen hinter ihr, die auf einen Balkon mit Blick auf einen Garten mit Springbrunnen führten.
Nasuada überlegte kurz, dann erhob sie sich und schritt auf den Balkon zu. Die Schleppe ihres purpurnen Kleides glitt hinter ihr her.
Eragon folgte ihr, dann standen sie Seite an Seite da und betrachteten die Fontäne des Springbrunnens, die im Schatten des Gebäudes kühl und grau wirkte.
»Was für ein schöner Nachmittag«, bemerkte Nasuada, während sie tief durchatmete. Sie wirkte entspannter als bei seiner letzten Begegnung mit ihr vor nur wenigen Stunden.
»Die Musik scheint dich in gute Laune versetzt zu haben«, bemerkte er.
»Nein, nicht die Musik. Elva.«
Er legte den Kopf schief. »Wie das?«
Ein seltsames kleines Lächeln glitt über Nasuadas Züge. »Nach meiner Einkerkerung in Urû’baen – nach dem, was ich durchgemacht und … verloren habe – und nach den Anschlägen auf mein Leben hatte die Welt für mich alle Farbe verloren. Ich habe mich nicht mehr wie ich selbst gefühlt und nichts, was ich tat, konnte mich aus meiner Traurigkeit reißen.«
»So etwas habe ich mir gedacht«, erwiderte er, »aber ich wusste nicht, was ich tun oder sagen sollte, um dir zu helfen.«
»Nichts. Nichts, was du hättest tun oder sagen können, hätte geholfen. Wenn Elva nicht gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch Jahre so weitergemacht. Sie hat mir erzählt … Nun ja, sie hat mir wohl erzählt, was ich brauchte. Damit hat sie ein Versprechen eingelöst, das sie mir vor langer Zeit in der Burg von Aberon gegeben hat.« Eragon runzelte die Stirn und blickte zurück in den Raum, wo Elva an ihrer Stickerei arbeitete. Trotz allem, was sie zusammen durchgemacht hatten, hatte er noch immer nicht das Gefühl, dem Mädchen vertrauen zu können, und er befürchtete, dass sie Nasuada zu ihren eigenen selbstsüchtigen Zwecken manipulierte.
Nasuada berührte ihn am Arm. »Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen, Eragon. Ich kenne mich zu gut, als dass sie mich aus der Fassung bringen könnte, selbst wenn sie es versuchen würde. Galbatorix konnte mich nicht brechen. Denkst du, sie könnte es?«
Er sah sie mit grimmiger Miene an. »Ja.«
Wieder lächelte sie. »Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber in diesem Fall ist sie unbegründet. Lass mich meine gute Laune genießen. Du kannst mir deine Verdächtigungen irgendwann später mitteilen.«
»In Ordnung.« Dann fügte er etwas freundlicher hinzu: »Es freut mich, dass du dich besser fühlst.«
»Danke. Mich freut es auch … Tollen Saphira und Fírnen immer noch so herum wie vorhin? Ich höre sie gar nicht mehr.«
»Das tun sie, aber sie sind jetzt über dem Felsüberhang.« Eine leichte Wärme breitete sich auf seinen Wangen aus, als er Saphiras Geist berührte.
»Ah.« Nasuada legte beide Hände – eine über die andere – auf die steinerne Balustrade, deren Stützen die Form von blühenden Schwertlilien hatten. »Also, warum wolltest du mich
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