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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Polizeiführung zu erhalten.«
    Man musste schon intensiv bei den Italowestern suchen, um einen Schurken mit einer Weste zu finden, die schwärzer war als die von Carl Mørck. Hut ab, konnte man da nur sagen, wenn man wusste, was wirklich passiert war.
    »Ich muss heute zur Zwischenprüfung«, riss ihn Jesper aus seinen Gedanken.
    Carl blickte von der Zeitung auf. »In welchem Fach?«
    »Mathe.«
    Das klang nicht gut. »Bist du vorbereitet?«
    Der Junge zog die Schultern hoch und stand auf, wie immer ohne einen Blick für sein Frühstücksgeschirr, das er mit Butter und Marmelade - wie überhaupt den ganzen Tisch - vollgekleckert hatte.
    »Einen Moment mal, Jesper«, rief Carl. »Was soll das heißen?«
    Sein Ziehsohn drehte sich zu ihm um. »Das heißt, dass ich vielleicht nicht in die Oberstufe komme, wenn ich nicht gut genug abschneide. Toa bad.«
    Carl sah Viggas vorwurfsvolles Gesicht vor sich und ließ die Zeitung sinken. Das ewige saure Aufstoßen tat weh.
    Draußen auf dem Parkplatz vergnügten die Leute sich mit Berichten über die gestrigen Computerprobleme. Manche wussten nicht, was sie heute bei der Arbeit tun sollten, vor allem die Verwaltungsangestellten, die auf den Zugriff auf die öffentlichen Register angewiesen waren. Sie hatten für Baugenehmigungen zu sorgen oder für Krankenkassenzuschüsse und starrten den ganzen Tag nur auf ihren Bildschirm.
    Im Autoradio äußerten sich mehrere Bürgermeister negativ über die Kommunalreform. Die habe indirekt die ganze Misere ausgelöst. Genauso viele waren wütend, dass die mittlerweile permanent angespannte Situation, was die Überlastung der kommunalen Angestellten betraf, nur noch schlimmer zu werden schien. Sollte der dreiste Übeltäter, der die Register lahmgelegt hatte, es wagen, sich in einem der vielen hart getroffenen Rathäuser zu zeigen, würde die nächste Notfallambulanz aber was zu tun bekommen.
    Im Präsidium hingegen war man guten Mutes. Der Verursacher des Schadens war bereits verhaftet. Sobald man die Festgenommene, eine ältere Programmiererin im Innenministerium, dazu gebracht hatte, zu erklären, wie man den Schaden beheben konnte, würde man alles öffentlich machen. Sicher würde bald alles wieder seinen normalen Gang gehen.
    Die Ärmste.
    Erstaunlicherweise gelang es Carl, bis in den Keller zu kommen, ohne unterwegs Kollegen zu begegnen, und das war gut so. Die Berichte der Tageszeitungen von seinem Zusammenstoß mit einem geistig Behinderten in einer Einrichtung in Nordseeland hatten sich garantiert schon bis in jedes noch so winzige Büro des kolossalen Gebäudes verbreitet.
    Er hoffte nur, dass sich Marcus Jacobsens Mittwochsrunde mit dem Chefinspektor und anderen Chefs nicht ausschließlich darum drehen würde.
    Er fand Assad an seinem Platz und ging direkt zum Angriff über.
    Schon nach wenigen Sekunden wirkte Assad groggy. Bisher hatte sein munterer Helfer noch nie diese Seite von Carl kennengelernt, die sich nun in voller Wucht vor ihm entfaltete.
    »Ja, Assad, du hast mich belogen«, wiederholte Carl und fixierte ihn mit starrem Blick. »Du hast Hardy gegenüber den Fahrradmord mit keinem Wort erwähnt. Alle Schlussfolgerungen stammen von dir selbst, und sicher, das hast du sehr tüchtig hinbekommen. Aber mir hast du etwas anderes gesagt. Und das kann ich nicht dulden, kapiert? Das geht nicht. Das wird Konsequenzen haben.«
    Er sah, wie es hinter Assads breiter Stirn arbeitete. Was ging dort vor? Hatte er ein schlechtes Gewissen oder was?
    Er beschloss, ihn hart ranzunehmen. »Versuch nicht, mich zu verscheißern, Assad. Wer bist du eigentlich? Das möchte ich gern wissen. Und was hast du gemacht, wenn du nicht oben bei Hardy warst?« Assads Protestversuche wehrte er ab. »Ja, ja, ich weiß, dass du dort gewesen bist. Aber nie sehr lange. Spuck's aus, Assad. Was geht da vor?«
    Assad konnte seine Unruhe nicht hinter seinem Schweigen verbergen. Hinter dem freundlichen Blick sah man immer wieder kurz den Gejagten aufblitzen. Wären sie Feinde, wäre er Carl vermutlich an die Kehle gesprungen.
    »Moment«, sagte Carl. Er drehte sich zum Computer um und öffnete Google. »Ich hab ein paar Fragen an dich, okay?« Keine Antwort.
    »Hörst du zu?«
    Ein Summen, schwächer als das des Computers, sollte vermutlich eine Bestätigung darstellen.
    »In deiner Personalakte steht, du seist 1998 mit deiner Frau und zwei Töchtern nach Dänemark gekommen. Zwischen 1998 und 2000 habt ihr euch im Lager Sandholm aufgehalten, dann bekamt ihr

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