Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
Vom Netzwerk:
Asyl.«
    Assad nickte.
    »Das ging schnell.«
    »Das war damals, Carl. Heute sieht alles anders aus.«
    »Du kommst aus Syrien, Assad. Aus welcher Stadt? Das steht nicht in den Unterlagen.«
    Er drehte sich um und sah, dass Assads Gesicht dunkler war denn je.
    »Verhörst du mich, Carl?«
    »Ja, das kann man so sagen. Einwände?«
    »Es gibt viele Dinge, Carl, die ich dir nicht erzählen werde. Das musst du respektieren. Ich hatte ein schlimmes Leben. Es ist mein Leben, nicht deins.«
    »Das verstehe ich. Aber aus welchem Ort kommst du? Ist das so schwer zu beantworten?«
    »Ich komme aus einem Vorort von Sab Abar.«
    Carl gab den Namen ein. »Das liegt weit draußen im Nirgendwo, Assad.«
    »Habe ich vielleicht etwas anderes behauptet, Carl?«
    »Wie weit, würdest du sagen, ist es von Sab Abar bis nach Damaskus?«
    »Eine Tagesreise. Über zweihundert Kilometer.«
    »Eine Tagesreise ?«
    »Die Dinge dauern dort ihre Zeit. Man muss zuerst durch die Stadt, und dann sind da die Berge.«
    Ja, so sah das jedenfalls bei Google Earth aus. Nach einem einsameren Ort müsste man lange suchen. »Hafez el-Assad heißt du. Das steht zumindest in den Papieren der Ausländerbehörde.« Er gab den Namen bei Google ein und bekam umgehend ein Ergebnis. »Ist das nicht ein langweiliger Name, den du da mit dir rumschleppst ?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Der Name eines Diktators, der neunundzwanzig Jahre in Syrien regierte! Waren deine Eltern Mitglieder der Baath- Partei?«
    »Ja, das waren sie.«
    »Dann bist du vielleicht nach ihm benannt?«
    »Der Name kommt in meiner Familie häufiger vor.«
    Er sah Assads dunkle Augen. Er war in einer anderen Verfassung als normalerweise.
    »Wer war Hafez el-Assads Nachfolger?«, fragte Carl schnell. Assad blinzelte nicht einmal. »Sein Sohn Bashar. Carl, sollen wir das hier nicht sein lassen? Das ist nicht gut für uns.«
    »Das mag sein. Und wie hieß der andere Sohn, der 1994 bei einem Autounfall starb?«
    »Daran kann ich mich im Moment nicht erinnern.«
    »Nein? Das ist komisch. Hier steht, er sei seines Vaters Lieblingssohn gewesen und der Auserwählte. Er hieß Basil. Ich würde doch meinen, dass mir das in Syrien jeder in deinem Alter ohne Zögern sagen könnte.«
     »Ja, stimmt, er hieß Basil.« Er nickte. »Aber ich habe so vieles vergessen, Carl. Ich
will
mich nicht dar an erinnern. Ich habe ...« Er suchte nach dem Wort.
    »Du hast es verdrängt?«
    »Ja, das klingt richtig.«
    Okay, wenn das so ist, dann komme ich auf dem Weg nicht weiter, dachte Carl. Dann muss ich eine andere Gangart einschlagen.
    »Weißt du, was ich glaube, Assad? Ich glaube, du lügst. Du heißt überhaupt nicht Hafez el-Assad, das war einfach der erste Name, der dir einfiel, als du um Asyl nachsuchtest. Oder? Ich könnte mir vorstellen, dass der Typ, der deine falschen Papiere gemacht hat, was zu lachen hatte. War es nicht so? Vielleicht ist das ja sogar derselbe Mann, der uns bei Merete Lynggaards Telefonbuch weiterhalf? Oder?«
    »Carl, ich finde, wir sollten hier aufhören.«
    »Woher kommst du in Wirklichkeit, Assad? Ja, wo ich mich jetzt an den Namen gewöhnt habe, können wir ruhig dabei bleiben, auch wenn es in Wahrheit dein Nachname ist, nicht wahr, Hafez?«
    »Ich bin Syrer, und ich komme aus Sab Abar.«
    »Du meinst, aus einem Vorort von Sab Abar?«
    »Ja, nordöstlich des Zentrums.«
    Das klang alles in allem plausibel, aber es so ohne weiteres als echt zu akzeptieren, fiel Carl schwer. Vielleicht hätte er es zehn Jahre und Hunderte von Verhören früher geglaubt. Aber jetzt nicht mehr. Sein Instinkt meldete sich argwöhnisch. Assads Verhalten war nicht überzeugend.
    »In Wahrheit kommst du aus dem Irak, oder? Und du hast Leichen im Keller, Assad. Und man will dich aus diesem Land abschieben und wieder dorthin zurückschicken, wo du herkommst, ist es nicht so?«
    Wieder veränderte sich Assads Gesichtsausdruck. Die Linien auf seiner Stirn waren wie weggewischt. Vielleicht sah er einen Ausweg, vielleicht sprach er einfach die Wahrheit.
    »Irak? Aber nein! Carl, jetzt redest du dummes Zeug«, sagte er verletzt. »Komm zu mir nach Hause und sieh dir meine Sachen an. Ich habe einen Koffer mitgebracht von zu Hause. Du kannst mit meiner Frau reden, sie versteht ein wenig Englisch. Oder mit meinen Töchtern. Dann weißt du, dass es stimmt, was ich sage. Carl, ich bin politischer Flüchtling, und ich habe sehr Schlimmes erlebt. Ich will nicht darüber sprechen, warum lässt du mich nicht in Ruhe? Es

Weitere Kostenlose Bücher