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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Ärmel. »Gut, Frau Jensen, Sie geben ihm bitte Bescheid. Welche Reederei ist das übrigens, für die Ihr Sohn arbeitet?«
    Ihr war die Reihenfolge von Aussage und Lächeln bewusst. »O je, ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern. Er ist ja für so viele unterwegs.« Und dann kam ihr Lächeln. Er hatte schon mal gelbe Zähne gesehen, aber so etwas noch nie.
    »Er ist Steuermann, nicht wahr?«
    »Nein, er ist Steward. Lasse ist gut mit Essen, das war er schon immer.«
    Carl versuchte sich den Jungen vorzustellen, der Dennis Knudsen an den Schultern hielt. Den Jungen, den sie Atomos nannten, weil sein verstorbener Vater Zubehör für Atomkraftwerke produzierte. Wann hatte er seine Kenntnisse von Essen und Service erworben? Bei der Pflegefamilie, wo er verprügelt wurde? Im Heim in Godhavn ? Als kleiner Junge zu Hause bei seiner Mutter? Carl, der in seinem Leben auch schon einiges mitgemacht hatte, konnte nicht mal ein Spiegelei braten. Ohne Morten Holland wäre er aufgeschmissen.
    »Es ist schön, wenn es den eigenen Kindern gut geht. Freust du dich darauf, deinen Bruder wiederzusehen?«, sagte er an Frau Jensens Sohn gewandt. Der junge Mann mit dem entstellten Gesicht betrachtete sie so misstrauisch, als seien sie gekommen, um die Familie zu bestehlen.
    Sein Blick flackerte hinüber zur Mutter, aber die verzog keine Miene. Dann würde mit Sicherheit auch nichts aus seinem Mund kommen.
    »Wo ist Ihr Sohn denn zurzeit unterwegs?«
    Sie sah ihn an, und die gelben Zähne verschwanden langsam hinter den trockenen Lippen. »Lasse fährt viel auf der Ostsee, aber ich glaube, derzeit ist er auf der Nordsee unterwegs. Manchmal fährt er mit einem Schiff los und kommt mit einem anderen zurück.«
    »Das muss ja eine große Reederei sein, erinnern Sie sich nicht, welche? Können Sie nicht das Logo der Reederei beschreiben?«
    »Nein, leider nicht. Ich bin in solchen Dingen nicht so gut.« Wieder richtete er den Blick auf den jungen Mann. Der Kerl wusste alles, das sah man ihm an. Wenn der dürfte, könnte er das verfluchte Logo bestimmt zeichnen.
    »Das Logo ist übrigens auch auf dem Auto, das ein paarmal in der Woche herkommt«, warf Assad ein. Kein gutes Timing. Jetzt wurden die Augen des Jungen sehr unruhig, und die Frau inhalierte den Rauch bis tief in die Lungen. Sie atmete ihn sofort wieder aus, sodass ihr Gesichtsausdruck hinter einer Rauchwolke verschwand.
    »Na ja, davon wissen wir nichts Genaues«, sagte Carl eilig. »Das war nur ein Nachbar, der das glaubte. Aber er kann sich ja geirrt haben.« Er zog Assad am Arm.
    »Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben«, sagte er dann. »Und Sie bitten Ihren Sohn Lasse, mich anzurufen, wenn er nach Hause kommt, ja? Dann haben wir die Fragen schnell aus der Welt.«
    Sie gingen zur Tür, und die Frau rollte ihnen nach. »Fahr mich mal nach draußen, Hans«, sagte sie. »Ich brauche ein bisschen frische Luft.«
    Carl wusste, dass sie sehen wollte, wie er und Assad das Grundstück verließen, und sie so lange nicht aus den Augen lassen würde. Hätte auf dem Hof oder hier hinten ein Auto gestanden, hätte er geglaubt, dass Lars Henrik Jensen sich klammheimlich doch in einem der Gebäude aufhielt. Aber Carls Intuition sagte ihm etwas anderes. Ihr ältester Sohn war nicht hier, die Frau wollte sie einfach loswerden.
    »Das ist übrigens wirklich ein phantastischer Bestand an Gebäuden, den Sie hier haben. War das einmal eine Fabrik?«
    Sie war direkt hinter ihm. Sie paffte die nächste Zigarette.
    Der Rollstuhl rumpelte über den Pfad, ihr Sohn, der ihn schob, hatte die Hände krampfhaft um die Griffe geklammert. Hinter dem entstellten Gesicht wirkte er extrem erregt.
    »Mein Mann hatte eine Firma, die hoch entwickelte Behälter für Atomkraftwerke produzierte. Wir waren von Køge gerade hierher umgezogen, als er starb.«
    »Ja, ich erinnere mich an die Geschichte. Es tut mir schrecklich leid.« Er deutete auf die beiden nächsten flachen Gebäude. »Sollte dort drüben die Produktion stattfinden?«
    »Ja, da sollte geschweißt werden, und für die Endmontage war die große Halle vorgesehen. Da, wo ich wohne, hätte das Lager der fertiggestellten Sicherheitsbehälter sein sollen.«
    »Warum wohnen Sie nicht in dem Wohnhaus? Es wirkt doch sehr solide«, fragte er und entdeckte vor einem der Gebäude eine Reihe grauschwarzer Eimer, die nicht in die Landschaft passten. Vielleicht standen sie noch vom vorigen Besitzer dort. An Orten wie diesem verging die Zeit

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