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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Quatsch.«
    »Deshalb hab ich dich doch angerufen.«
    »Wann genau waren sie hier?«
    »Das ist noch keine zwanzig Minuten her.«
    »Dann bleibt uns vielleicht nicht mal eine Stunde. Wir müssen außerdem noch die Leiche wegbringen, das schaffen wir nicht. Wir brauchen Zeit zum Saubermachen hinterher. Nein, wir müssen bis später warten. Jetzt geht es darum, dass sie nichts finden und dass sie uns dann in Ruhe lassen.«
    Merete bemühte sich, die Worte »Leiche wegbringen« nicht an sich herankommen zu lassen. Sprach Lasse wirklich von ihr? Wie konnte ein Mensch so widerwärtig und zynisch sein.
    »Und wenn die Polizei kommt und euch schnappt, ehe ihr abhauen könnt?«, schrie sie. »Dann verfault ihr im Gefängnis, ihr Schweine! Ich hasse euch, versteht ihr? Ich hasse euch allesamt!«
    Sie stand langsam auf. Die Schatten hinter den Bullaugen verschwammen in den blind geschlagenen Scheiben.
    Lasses Stimme war eiskalt. »Dann verstehst du vielleicht jetzt, was Hass ist! Du begreifst es endlich, Merete, wie?«
    »Lasse, willst du nicht sofort das Haus in die Luft sprengen?«, unterbrach ihn die Frau.
    Merete lauschte mit aller Konzentration.
    Es entstand eine Pause. Er dachte wohl nach. Es ging um ihr Leben. Er überlegte, wie er es am besten anstellen sollte, sie umzubringen. Es ging nicht um sie, sie war verloren. Es ging um die drei.
    »Nein, das geht unter keinen Umständen. Wir müssen abwarten. Die dürfen auf keinen Fall merken, dass etwas nicht stimmt. Wenn wir das Haus jetzt in die Luft sprengen, ist unser ganzer Plan im Eimer, Mutter. Dann bekommen wir das Geld von der Versicherung nicht. Wir müssten verschwinden. Für immer.«
    »Das kann ich nicht, Lasse«, sagte die Frau.
    Dann stirb halt zusammen mit mir, du Hexe, dachte Merete. »Ich weiß, Mutter. Ich weiß«, antwortete er. So sanft hatte seine Stimme nicht einmal geklungen, als sie Lasse bei ihrem Date im Bankeråt in die Augen geschaut hatte. Für einen Moment klang er fast menschlich. Aber dann folgte die Frage, und Merete presste den Finger noch fester auf die Wunde. »Sie hat die Schleuse blockiert, sagst du?«
    »Ja. Hörst du es nicht? Der Druckausgleich geht viel zu langsam vonstatten.«
    »Dann stelle ich jetzt den Timer ein.«
    »Der Timer - aber Lasse, das dauert doch zwanzig Minuten, ehe die Düsen aufgehen. Gibt es keine andere Lösung? Sie hat sich in die Pulsadern gestochen. Können wir nicht die Luftaustauschanlage anhalten?«
    Der Timer? Hatten sie nicht immer gesagt, sie könnten den Druckausgleich jederzeit in Gang setzen? Dass sie es nicht schaffen würde, sich selbst etwas anzutun, weil der Druckausgleich blitzschnell erfolgen würde? Hatten sie gelogen?
    Sie spürte, wie in ihr die Hysterie auf der Lauer lag. Pass auf, Merete, ging es ihr durch den Kopf. Reagier darauf. Zieh dich nicht in dich zurück.
    »Den Luftaustausch anhalten, wozu sollte das gut sein?« Lasse klang eindeutig verärgert. »Die Luft wurde gestern ausgetauscht. Bis die Luft aufgebraucht ist, vergehen mindestens acht Tage. Nein, ich stelle den Timer ein.«
    »Habt ihr etwa Probleme, Lasse?«, rief sie. »Funktioniert eure Scheißtechnik vielleicht nicht?«
    Er lachte auf, aber er konnte sie nicht täuschen. Ihr Hohn machte ihn eindeutig stinksauer.
    »Du kannst ganz beruhigt sein«, sagte er beherrscht. »Das hat mein Vater konstruiert. Das war die fortschrittlichste Druckversuchsanlage der Welt. Hier bekam man die bestkonstruierten und am besten durchgecheckten Behälter. Die meisten Hersteller pumpen Wasser in den Behälter und machen die Druckprobe von innen. Aber in dem Unternehmen meines Vaters setzte man sie auch Druck von außen aus. Alles wurde mit der größten Sorgfalt und Aufmerksamkeit durchgeführt. Der Timer kontrollierte die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Raum, berücksichtigte alle Faktoren, damit der Druck nicht zu schnell verändert wurde. Sonst wären bei den Kontrollen Risse in den Behältern entstanden. Deshalb dauert das alles seine Zeit, Merete, deshalb!«
    Sie waren allesamt wahnsinnig. »Ihr habt echt Probleme«, rief sie. »Ihr seid ja verrückt. Ihr seid ganz genauso verloren wie ich!«
    »Probleme? Ich werd dir ein Problem geben«, schrie er erregt. Sie hörte draußen ein Poltern und schnelle Schritte. Dann zeichnete sich am Rand der einen Scheibe ein Schatten ab, und ein ohrenbetäubender Knall donnerte durch die Lautsprecheranlage, sofort darauf ein zweiter. Sie sah, dass die Glasscheibe die Farbe verändert hatte. Sie

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