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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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immer.« Sie lachte. Das war dieses Lachen, mit dem sie ihn jedes Mal kriegte.
    Dieses verdammt tolle Lachen. »Aber, Carl, das wird phantastisch. Mit einer eigenen Galerie sind die Möglichkeiten immens, siehst du das nicht? Und Jesper bekommt eine berühmte Mutter, das wäre doch super.«
    Vigga, das heißt berüchtigt, dachte er. »Und ich kann mir denken, dass du schon das Richtige gefunden hast«, sagte er. »Carl, es ist hinreißend. Und Hugin hat schon mit dem Eigentümer gesprochen.«
    »Hugin?«
    »Ja, Hugin. Ein sehr talentierter Maler.«
    »Doch bestimmt mehr auf den Laken als auf der Leinwand, denke ich mir.«
    »Ach Carl«, sie lachte wieder. »Das war jetzt nicht sehr nett von dir.«
     

Kap 14 - 2002
     
    Merete hatte auf dem Restaurantdeck gestanden und auf Uffe gewartet. Ehe die Tür zur Herrentoilette hinter ihm zufiel, hatte sie noch zu ihm gesagt, er müsse sich beeilen. In der Cafeteria am anderen Ende waren nur noch die Kellner, die Passagiere waren alle nach unten zu den Autos gegangen. Uffe muss sich beeilen, auch wenn das Auto ganz hinten in der Reihe steht, hatte sie gedacht.
    Und das war das Letzte, was sie in ihrem alten Leben noch denken konnte.
    Der Angriff kam von hinten und war so überraschend, dass sie nicht mal schreien konnte. Aber das Tuch und die Hand, die es ihr mit eisernem Griff auf Mund und Nase presste, konnte sie noch spüren, und dann, schon schwächer, bekam sie noch mit, wie jemand auf den schwarzen Knopf schlug, mit dem die Tür geöffnet wurde, die zur Treppe und zum Fahrzeugdeck führte. Am Ende waren es nur noch entfernte Geräusche und der Anblick der Metallwände bei der Treppe, die sich drehten. Dann wurde alles schwarz.
 
    Kalt. Der Betonboden, auf dem sie wieder zu sich kam, war kalt. Sie hob den Kopf und spürte ein dröhnendes Klopfen hinter ihren Schläfen. Ihre Beine waren schwer, und sie konnte ihre Schultern kaum vom Boden heben. Sie schob sich hoch, bis sie saß, und versuchte, sich in der pechschwarzen Finsternis zu orientieren. Wollte am liebsten schreien, wagte es aber nicht und atmete nur tief und lautlos ein. Dann streckte sie vorsichtig die Hände aus, um zu spüren, ob sie an etwas in der Nähe anstießen. Aber da war nichts.
    Lange saß sie so da, ehe sie es wagte aufzustehen, langsam und konzentriert. Bei jedem noch so kleinen Geräusch würde sie zuschlagen und zutreten, so hart und fest sie konnte. Schlagen und treten. Sie hatte zwar das Gefühl, allein zu sein, aber vielleicht irrte sie sich.
    Nach einer Weile fühlte sie sich etwas klarer im Kopf. Und damit kam die Angst wie ein schleichendes Gift. Ihre Haut wurde ganz heiß, das Herz klopfte stärker und schneller. Ihr flackernder Blick versuchte vergeblich, das Dunkel zu durchdringen. Man hatte ja so viel Entsetzliches gelesen und gesehen.
    Von Frauen, die verschwanden.
    Dann richtete sie sich auf und ging vorsichtig tastend mit ausgestreckten Armen einen Schritt vorwärts. Das hier konnte ein Loch im Boden sein, ein Abgrund, der nur darauf wartete, sie zu verschlingen. Überall konnten scharfkantige Gegenstände liegen, Glasscherben vielleicht. Aber ihr Fuß ertastete nur den Boden, und immer noch war da nichts vor ihr. Dann blieb sie urplötzlich stehen und stand ganz still.
    Uffe, dachte sie und spürte, wie ihr Unterkiefer zitterte. Als es passierte, war er an Bord des Schiffes gewesen.
 
    Es mochten zwei Stunden vergangen sein, ehe sie vor ihrem inneren Auge eine Skizze des Raumes angefertigt hatte. Er musste rechteckig sein. Vielleicht sieben bis acht Meter lang und mindestens fünf Meter breit. Sie hatte die kalten Wände abgetastet, und in Kopfhöhe der einen Wand hatte sie zwei Glasscheiben gefunden, die sich wie sehr große Bullaugen anfühlten. Sie hatte mit ihrem Schuh dagegengeschlagen und sich dann ganz schnell zurückgezogen, aber das Glas blieb heil. Dann hatte sie Kanten von etwas gefühlt, das an eine gewölbte Tür erinnerte, die in die Wand eingelassen war, aber vielleicht war es doch etwas anderes, denn es gab keine Klinke. Sie war schließlich an der ganzen Wand einmal ringsherum geglitten in der Hoffnung, irgendwo eine Klinke oder vielleicht einen Lichtschalter zu finden. Aber die Wände waren nur glatt und kalt.
    Anschließend durchmaß sie systematisch ihr Gefängnis. Von der einen Wand ging sie in winzigen Schritten in einer geraden Linie zur gegenüberliegenden, drehte sich um, trat einen Schritt zur Seite und ging dann zurück. Das wiederholte sie so lange,

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