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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Einsamkeit.
    Lange Zeit saß sie da mit der Gewissheit, dass Uffe nun allein in der Welt war. Das war wohl mit das Entsetzlichste, was man ihr antun konnte. Lange Zeit war sie von diesem Gedanken wie besessen. Sie würde allein sterben, wie ein Tier. Unbeachtet, lautlos, und Uffe und alle anderen würden weiterleben, ohne davon zu wissen. Und als sie einfach nicht noch länger darüber weinen konnte, wurde ihr klar, dass vielleicht doch noch nicht alles vorbei war. Dass es auch noch viel schlimmer kommen konnte. Dass der Tod grausam werden konnte. Dass sie vielleicht für ein Schicksal ausersehen war, so entsetzlich, dass der Tod ihr schließlich wie ein Befreier vorkommen würde. Dass es zuvor noch unendlich viel Schmerz und Grausamkeit geben konnte. Man hatte so oft davon gehört. Vergewaltigung, Psychoterror, Folter. Vielleicht ruhten jetzt Augen auf ihr. Infrarotkameras, die ihr durch das Glas folgten. Augen, die alles sahen, Ohren, die lauschten.
    Sie sah hinüber zu dem, was sie für Glasscheiben oder Bullaugen hielt, und versuchte, gelassen auszusehen.
    »Bitte, habt Erbarmen«, flüsterte sie ganz leise ins Dunkel.
     

Kap 15 - 2007
     
    Ein Peugeot 607 gilt als eines der leiseren Fahrzeuge. Aber als Assad an diesem Morgen direkt unter Carl Mørcks Schlafzimmerfenster einparkte, konnte man fast nicht glauben, dass er es mit einem Peugeot 607 tat.
    »Cool, Mann«, brummte Jesper und starrte aus dem Fenster.
    Carl konnte sich nicht erinnern, wann sein Ziehsohn zuletzt so früh am Morgen zwei Worte hintereinander gesagt hatte.
    »Ich habe dir einen Zettel hingelegt, eine Nachricht von Vigga«, war das Letzte, was Morten Holland noch sagen konnte, ehe Carl Mørck das Haus verließ. Er würde doch nicht am frühen Morgen eine Nachricht von Vigga lesen. Die Aussicht auf eine Einladung zur Galeriebesichtigung in Gesellschaft eines aller Wahrscheinlichkeit nach schmalhüftigen Klecksers namens Hugin war wirklich nicht das, wonach ihm im Moment der Sinn stand.
    »Hallo«, rief Assad, der lässig an der Fahrertür lehnte. Er trug eine exotische Kamelhaarmütze, und er glich allem Möglichen, aber sicher nicht einem Chauffeur der dänischen Kriminalpolizei. Carl sah zum Himmel. Der war klar und hellblau, und die Temperatur war durchaus erträglich.
    »Ich weiß schon, wo Egely liegt«, sagte Assad und deutete auf das GPS-System. Carl hatte gerade auf dem Beifahrersitz Platz genommen und warf nur einen müden Blick auf das Display. Das Kreuzchen deutete auf eine Straße, die in angenehmem Abstand zur Roskildebucht lag. Weit genug weg, sodass die Bewohner des Pflegeheims nicht ohne weiteres hineinfallen konnten, aber doch nahe genug, dass der Heimleiter einen Großteil von Nordseelands herrlicher Landschaft genießen konnte, sobald er aus dem Fenster schaute. So waren Institutionen für geistig gestörte Patienten oft gelegen. Wem zuliebe das wohl so war?
    Assad startete den Wagen, legte den Rückwärtsgang ein, bretterte mit quietschenden Reifen rückwärts den Magnolienweg hinunter und hielt erst, als der hintere Teil des Wagens schon halb auf die Rønneholtpark-Straße ragte. Noch ehe Carl überhaupt reagieren konnte, hatte Assad bereits die Gänge durchgehauen und war mit neunzig Stundenkilometern unterwegs, wo man fünfzig fahren durfte.
    »Mensch, halt an!«, schrie Carl, als sie auf den Kreisverkehr am Ende der Straße zuhielten. Aber Assad sah ihn nur listig von der Seite an, wie ein Taxichauffeur in Beirut, riss das Steuer hart nach rechts herum, und schon waren sie auf der Zufahrtsstraße zur Autobahn.
    »Schneller Wagen«, rief Assad und donnerte auf den Zubringer.
    Vielleicht würde es ihm einen Dämpfer verpassen, wenn Carl ihm die Mütze über das verzückte Gesicht zog.
    Egely war ein weißgekalktes Gebäude, das mustergültig seinen Zweck zu erkennen gab. Hier hielt sich niemand freiwillig auf, und hier kam auch niemand ohne weiteres wieder raus. Ganz offensichtlich war hier kein Platz für Malen mit Fingerfarben und Gitarrenmusik. In dieser Institution brachten Menschen mit Geld und Haltung ihre geistig schwachen Angehörigen unter.
    Privatvorsorge, ganz im Geiste der Regierung.
    Das Büro des Heimleiters entsprach dem übrigen Eindruck, und der Heimleiter selbst, ein knochiger Mann mit fahlen Gesichtszügen, die kein Lächeln milderte, fügte sich exzellent in diese Umgebung ein.
    »Der Ertrag aus den Mitteln des Lynggaard-Fonds deckt die Kosten für die Unterbringung von Uffe Lynggaard«, antwortete

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