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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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würde das Päckchen nicht bei der Regierung landen, und Mitchell würde mit seinem Essen in der Hand den Laden verlassen. Doch in jedem Fall war dieser Ort nicht mehr sicher, und Mitchell würde nie wieder Mahjong mit Rusi spielen und ihn nie wiedersehen.
    Beim Gedanken an die zweite Möglichkeit, dass Pioneer für den MSS arbeitete, geriet Mitchell einen Moment in Panik. Die Verhaftung eines Stationsleiters wäre ärgerlich und würde Mitchells Karriere beenden, doch um sich die Katastrophe vorzustellen, dass sich der beste chinesische Spion in der Geschichte der CIA als Doppelagent entpuppte, bekam er zu wenig bezahlt.
    Plötzlich kam ihm dieser winzige Raum noch enger vor, als er war, doch er wollte die Tür nicht öffnen, als könne ihn das zerbrechliche Holz vor jemandem, der draußen stand, schützen. Er hielt den Atem an, um zu lauschen, hörte keine Stimmen, was ihn aber nicht beruhigte. Hatten die Männer, die draußen spielten, aufgehört zu sprechen, weil sie sich auf den nächsten Zug konzentrierten? Konnte er sie hier hinten überhaupt hören? Wie dumm, dass er an den anderen Abenden, an denen er hier gewesen war, nicht darauf geachtet hatte. Oder waren Rusis Freunde beim Anblick bewaffneter Soldaten, die in ihren privaten, kleinen Spielsalon eingedrungen waren, verstummt? Unter dem kleinen Spalt unter der Tür konnte Mitchell allerdings nicht den Schatten von Füßen erkennen.
    Er zwang sich, über nichts mehr nachzudenken. Herr, hilf mir, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht mehr ändern kann . Er erhob sich, betätigte zum Schein die Spülung und wusch sich die Hände. Dann wandte er sich zur Tür und drehte den Knauf. Licht drang herein.
    Draußen waren keine Soldaten, keine MSS -Offiziere in Zivil. Die alten Männer sahen von ihrem Mahjongspiel überhaupt nicht auf, als die Toilettentür quietschte.
    Rusi winkte Mitchell zu sich. Das Mapo Dofu war fertig und eingepackt. Rusi reichte es ihm über den Tresen.
    »Danke, Rusi.« Für alles. Es tut mir leid, mein Freund .
    »Es ist mir ein Vergnügen, Carl. Ich freue mich auf unser Spiel morgen.«
    »Ich werde da sein«, log Mitchell schweren Herzens. Leb wohl, Rusi . Er nahm sein Essen, bezahlte am Ausgang bei Rusis Enkelin, einem attraktiven Mädchen, eine Chinesin und viel zu jung für ihn, zwei Gründe, die ihn davor schützten, in Versuchung zu geraten. Er war müde. Noch ein Freund, den er an seine Arbeit verloren hatte. Die Liste wurde immer länger.
    Was ist hier passiert? , fragte er sich.

    Kraftwerk Taishan
    Dorf Shuitou, Gemeinde Jincheng,
    Insel Kinmen, Taiwan
    Zwei Kilometer vor der chinesischen Küste
    James Hsueh warf seinen Zigarettenstummel auf den Kies, wo er noch einen Moment glimmte, bevor er ganz erlosch. James, ein Ingenieur, schob seinen Schraubenschlüssel in den Werkzeuggürtel und griff zum Diagnoserechner auf dem Boden, nachdem er sich die nächste Zigarette zwischen die Lippen gesteckt und mit dem Rest an Gas in seinem Feuerzeug angezündet hatte. Bei dem Gewitter in der letzten Nacht hatte ein Blitz die Trafostation zerlegt. Im ersten Moment hatte er sich keine Sorgen gemacht. Eigentlich waren die Spannungsumformer dank des Überspannungsableiters vor einem Blitzeinschlag geschützt, doch der Hauptrechner behauptete, dass der Strom nicht mehr gleichmäßig floss. James glaubte es zwar nicht, war aber trotzdem zur Trafostation gefahren, um nachzusehen.
    Schließlich musste sich James eingestehen, dass er am liebsten zu Hause wäre. Überstunden machten ihm nichts aus, doch jetzt war eine junge Dame in sein Leben getreten. Er hatte Ju-hsuan im Monat zuvor in der Personalabteilung von TaiPower kennengelernt, als er sich wegen eines Fehlers auf seiner Gehaltsabrechnung beschweren wollte. Das Lächeln der Frau hatte ihn schlagartig entwaffnet. Eine Woche lang hatte er an nichts anderes denken können, bis er schließlich noch einmal ins Büro gegangen war und sie zum Abendessen eingeladen hatte.
    James blickte in der Dunkelheit auf den Bildschirm seines Klapprechners. Die Stromschwankungen hielten an, stand dort. Mit einer unflätigen Geste drückte er dem Gerät gegenüber seinen Missmut aus, weil er nicht nach Hause durfte, und lehnte sich gegen den Metallpfosten hinter sich. Er wollte die Zigarette gemütlich zu Ende rauchen und darüber nachdenken, was er noch tun könnte.
    Plötzlich hörte er ein schrilles Geräusch. Er sah nach hinten, nach oben. Nichts. Die Lichter von Taipeh machten die Sterne unsichtbar, und der

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