Erbe des Drachenblutes (German Edition)
Thron aufgestellt werden solle, da nur ein Ratsmitglied die Belange des Volkes verstehen könne. Ein Zwerg donnerte mit seinem Schwert auf einen Schild und forderte Ruhe, doch selbst das schien die Beteiligten eher aufzustacheln als zu besänftigen. Ein Elb brüllte den Zwerg laut an: »Und wenn der dunkle Kontinent sich wieder rührt? Wie soll ein fremdes Mädchen wissen, was zu tun ist?«
»Jeder weiß, was zu tun ist, außer dir, Spitzohr! Wir werden uns gemeinsam gegen unsere Feinde stellen, wie wir es stets getan haben, und dann können uns auch die Schatten des dunklen Kontinents nichts anhaben. Die schlimmste Gefahr, die uns droht, ist Uneinigkeit und Angst vor dem Unbekannten!«, rief der Zwerg erzürnt zurück.
Salvatorus erhob sich und stimmte ein Gebet an. Leise begann er seine Worte, die stetig fester und lauter wurden. Zuerst schien es keiner zu bemerken, doch je mehr Ratsmitglieder den Sinn seiner Worte verstanden, desto ruhiger wurden sie. Mehr noch, die ersten schlossen sich seinem Gebet an, bis der ganze Saal den Text angestimmt hatte und seinem Vorbild folgte. Mina lauschte. Die Worte drehten sich um die Reinheit des Herzens und die Klarheit des Wissens, um das Drachenblut, das die Weisheit des Lebens in sich trug, und um die Bitte an die Götter, dass die Völker bereit waren, das Wissen anzunehmen.
Nach einigen Minuten hatte Salvatorus seinen Sprechgesang beendet, und es entstand eine erdrückende Stille. Er blickte sich um. In seinem Gesicht spiegelte sich eine schlaflose Nacht wider. Tiefe, graue Ringe waren unter seinen Augen entstanden. »Kinder von Dra'Ira«, begann er mit schwerer Stimme. »Es ist das eingetreten, was niemals hätte geschehen dürfen. Unsere geliebte Regentin ist tot!«
Erneut waren Rufe zu hören. Salvatorus erhob seine Hände, woraufhin alle verstummten. »Es hilft nichts, meine Freunde. Wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen. Also was werden wir jetzt tun? Was wird Tempelburg tun? Was werden die Vertreter der freien Völker tun?«
»Unsere Drachentochter haben sie uns möglicherweise genommen, aber unsere Entschlusskraft, gegen die Finsternis zu stehen und für Frieden zu sorgen, die werden sie uns niemals nehmen können!«, rief jemand aus der Menge.
Salvatorus nickte. »So ist es! Wir werden weiter für das Gute einstehen und das Beste für unsere Völker anstreben. Dennoch müssen wir uns der Wahrheit stellen. Stets hat der Völkerrat neben einer Drachentochter regiert, und nur gemeinsam konnte sichergestellt werden, dass das Gleichgewicht gewahrt ist. Jede Waage besitzt zwei Waagschalen, und so ist es auch in unserer Regierung.«
»Welche Waagschale?«, rief einer der Zwerge. »Die letzte Drachentochter wurde uns heimtückisch genommen. Kein Vertreter eines Volkes hätte das Recht, so weit über allen anderen Völkern zu stehen, um ihre Position zu vertreten!«
»Das hat Salvatorus auch nicht gesagt«, sagte ein Sprecher der Menschen, ohne Salvatorus aus den Augen zu lassen. Der junge Mann erhob sich und musterte Salvatorus gründlich. »Es ist das Mädchen, an das Ihr denkt, nicht?«
»Niemals, Sinnasta!«, schrie einer der jüngeren Elben, der nun aufstand. »Was weiß ein Schöpfungssänger schon von den Dingen? Sie ist eine Fremde und gehört nicht hierher, geschweige denn auf den Thorn!«
Mina wurde hellhörig und schaute sich den Mann namens Sinnasta neugierig an. `Das ist also ein Schöpfungssänger?´, dachte sie und schmunzelte. `Er sieht wie ein normaler Mensch aus. Ob mein Vater ihm ähnelte?´
Die Worte des Elben hatten sie nicht getroffen. Sie wusste, dass er nur eine Stimme unter vielen war.
Missbilligend blickten die älteren Ratsmitglieder auf den laut gewordenen Elben. Verlegen setzt er sich wieder.
»Wir sind die Vertreter unserer Völker und müssen stets das Beste für sie im Auge behalten. Aber was ist das Beste?«, fragte Salvatorus in die Runde. »Sicher, Mina von Gabriel ist in einer anderen Welt groß geworden, die wir nur aus Geschichten und Märchen kennen. Dennoch, eines Tages wird ihr Drachenblut erwachen, und dann ist sie eine echte Herrscherin, wie alle vor ihr es schon waren. Gerechtigkeit, Wissen, Macht und vieles mehr schlummern in ihrem Herzen, ohne dass sie sich dessen bewusst ist. Doch das wird sich ändern.«
»Ändern? Du glaubst, es wird sich ändern?« Der Elbengelehrte Xsanthani erhob sich aus seinem Stuhl. Bis zu dem Moment hatte er sich im Hintergrund gehalten. Auch bei den vorherigen lautstarken
Weitere Kostenlose Bücher