Erbe des Drachenblutes (German Edition)
Wortgefechten hatte er sich nicht beteiligt. Er wusste, dass man seinen Worten mehr Gewicht beilegte, wenn er sie zur rechten Zeit und mit Bedacht äußerte. »Mein ungestümer Gefährte hier«, er wies auf den jüngeren Elben, »spricht ohne nachzudenken, aber sind seine Befürchtungen nicht real? Wir wissen nicht, ob das Mädchen die Person ist, für die sie sich ausgibt.« Er entließ Salvatorus nicht aus seinem Blick.
»Wir wissen es nicht?«, wiederholte Salvatorus gereizt. »Die Drachentochter selbst hat uns bestätigt, dass es sich bei der jungen Frau«, er wies auf Mina, »um ihre vermeintlich verloren geglaubte Tochter handelt. Warum sollten wir an ihren Worten zweifeln? Und wenn Ihr weitere Beweise wünscht, dann schaut Euch das Amulett an, das sie trägt. Ihr kennt es, genauso gut wie ich, und es gibt kein zweites seiner Art! Kein Unwürdiger kann es tragen, aber sie trägt es!«
Xsanthani ließ sich nicht beirren. »Ein Amulett ist meines Erachtens kein ausreichender Beweis. Wir entscheiden hier und heute darüber, ob eine Fremde unser Land regieren soll. Das Amulett könnte gefälscht sein. So gut, wie wir es aus den Lehrbüchern und Aufzeichnungen kennen, kennen es auch unsere Feinde.«
»Xsanthani«, zischte Salvatorus in einer unvermittelt gefährlicheren Tonlage, »bedenkt Eure nächsten Worte gut. Was Ihr hier sagt und andeutet, ist frevelhaft. Ihr unterstellt Verrat, wo keiner ist, und schadet somit der Gemeinschaft.«
Der Elbengelehrte lächelte überheblich. Die Art des Lächelns machte Mina Angst. Er hatte etwas vor, schon länger, und jetzt war es an der Zeit seine Pläne umzusetzen. `Hüte dich vor Xsanthani´, wiederholte sich Samanthas Stimme in ihrem Kopf.
»Nun, betrachten wir doch noch einmal die Geschehnisse der letzten Tage«, fuhr Xsanthani ruhig fort. »Insbesondere das Auftauchen des Mädchens. Sie kam mit Nirvan, einem jungen Magier mit einem mehr als zweifelhaften Ruf. Dem jungen Magier, der nach der Ermordung unserer Regentin spurlos verschwunden ist. Warum verschwindet jemand, der nichts zu verbergen hat? Dann wurde sie von Zados, einem Mischblut der Wanderelben, begleitet. Demselben Mann, der zurzeit im Kerker sitzt, weil er unter Mordverdacht steht.« Zustimmendes Gemurmel war zu hören. Xsanthani neigte den Kopf. »Wir wissen nicht, welch teuflischer Plan hinter all dem steht. Was ist, wenn Nirvan unsere Regentin angelogen hat und die angebliche Tochter in Wirklichkeit nicht von der anderen Welt stammt? Wir alle wissen, dass inzwischen einzelne Personen problemlos die Zone der Verbannten verlassen konnten. Einige von ihnen wurden zufällig von unseren Patrouillen in der Hafenstadt Laguz aufgegriffen. Und vielleicht stammt das Mädchen auch vom dunklen Kontinent?«
Jetzt brach ein Getöse von Stimmen und Rufen los, das Mina vorher nicht für möglich gehalten hätte. Beschimpfungen, Drohungen, aber auch Zustimmungen und Unterstützungsrufe waren zu hören. Minas Herz donnerte. Wie sollte sie hier die Rolle erfüllen, die ihre Mutter ihr zugedacht hatte? Es war unvorstellbar.
»Nein, nein, nein! Wer meinen Cousin Nexus einen Lügner nennt, bekommt es mit mir zu tun! Und wenn Nexus sagt, dass Mina aus der anderen Welt stammt, dann stimmt das auch!«, rief ein grünhäutiger Waldkobold mit einem feuerroten Haarschopf, der erbost hochgeschossen war und nun dem Elbengelehrten mit einer Faust drohte.
Besänftigend erhob Xsanthani beide Hände. »Ich bitte Euch, Samson Steinfuß. Natürlich würde ich Nexus nicht der Lüge bezichtigen, doch kannst du auch sicher sein, dass er nicht gutgläubig von Nirvan getäuscht wurde? Ein Magier ist zu einer Täuschung dieser Art sicherlich fähig.«
Samson Steinfuß wollte ihm eine Antwort entgegenschmettern, die bereits gut sichtbar in seinem Gesicht stand, da ergriff Salvatorus erneuet das Wort: »Wir spielen hier mit Vermutungen und übler Nachrede. Weder ist eine Mitschuld von Nirvan an den Geschehnissen bewiesen, noch gibt es für mich Zweifel an Minas Herkunft. Xsanthani, ich schätze Eure Stellung als Sprecher der Elbenstämme, doch ich bitte, solche unbegründeten Behauptungen aus der Ratsbesprechung fernzuhalten. Wir wissen, dass die Regentin ihre Tochter erkannte. Mir reicht das als Bestätigung, und ihr Drachenblut hätte auch jede magisch verursachte Täuschung unzweifelhaft aufgedeckt. Genauso ist auch eine Fälschung des Amuletts nur insoweit möglich, als dass es rein optisch kopiert werden könnte. Doch wenn Ihr meint,
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