Erbe des Drachenblutes (German Edition)
dass es sich um eine solche Kopie handelt, bitte ich Euch oder einen Eurer Vertrauten, es sich umzulegen. Spätestens danach sollten auch die üblen Nachreden aus der Welt sein! Ich zweifle nicht an Minas Abstammung, und das solltet Ihr auch nicht tun. Mina von Gabriel ist aus meiner Sicht die einzig wahre Wahl als Thronnachfolgerin!«
»Ihr seid verblendet, Salvatorus«, erwiderte Xsanthani gereizter, als es ihm lieb war. »Es ist Euer blinder Glaube, der Euch so ein Wunschdenken einflößt, mehr nicht. Wir wissen nicht, was zurzeit in Dra'Ira sein Unwesen treibt, doch wir wissen alle, dass hier etwas nicht stimmt! Und was verlangt Ihr? Wollt Ihr wirklich, dass wir alle einer Fremden folgen, sie unterstützen und ihr die geballte Macht unserer Heimat in die Hände legen? Wollt Ihr das von uns verlangen?«
Alle anwesenden Elben erhoben sich gleichzeitig. Salvatorus merkte, wie ihm die Führung der Besprechung aus den Händen glitt. Schon lange hatte er den wachsenden Ehrgeiz des Elbengelehrten mit Sorge beobachtet, doch was Xsanthani heute gesagt und getan hatte, sprengte seine schlimmsten Vorstellungen. Dieser sogenannte Gelehrte war aus dem Nichts gekommen, hatte ungewöhnlich schnell das Ansehen der drei mächtigen Elbenfürsten erworben und war eines Tages sogar als oberster Sprecher der Elbenstämme nach Tempelburg entsandt worden. Salvatorus war sich sicher, dass die Elben damit eine unvorstellbare Gefahr, insbesondere für ihre eigenen Stämme, in die Welt gebracht hatten. Denn nicht nur die jungen Elben, unreif und voller falschem jugendlichem Eifer, folgten ihm und seinen radikalen Vorstellung nur zu gerne. Er aber ließ sich von Xsanthanis edelmütigen Verhalten, was dieser normalerweise vorzeigte, nicht täuschen. Für einen Elben legte er zu viel Machtgier an den Tag. Seitdem er ihn kennengelernt hatte, hatte er ihm misstraut, und traute ihm inzwischen sogar zu, dass er selbst die Regentschaft über alle freien Völker anstrebte. Irgendwann – da war sich Salvatorus stets sicher gewesen – würde er Schwierigkeiten machen. Und der Tag war heute gekommen.
»Gelehrter Xsanthani«, sagte er mit autoritätsschwerer Stimme, »es war der letzte Wille unserer Regentin, dass Mina ihre Nachfolge antreten soll! Ich unterstütze ihren Wunsch und werde alles Notwendige veranlassen, damit Minas Kräfte erwachen und sie uns in unserem scheinbar endlosen Kampf um Gerechtigkeit und Frieden unterstützen kann. Wir alle stehen auf derselben Seite, und das solltet Ihr nicht vergessen!«
Einige Ratsmitglieder stimmten leise zu, andere schüttelten missbilligend die Köpfe. Xsanthani verließ wortlos seinen Platz und schritt zur Eingangspforte. Die anderen Elben folgten ihm geschlossen. Kurz bevor sie den Ratssaal endgültig verließen, drehte sich Xsanthani nochmals um und warf einen Blick in die Runde. »Meine Freunde, wir stehen düsteren Zeiten gegenüber. Keiner weiß, was kommen wird, doch alle wissen, dass es nichts Gutes mit sich bringt. Ich bin der Meinung, dass nur wir Elben, die einst bereits mit der Geburt von Lian die jungen Völker gerettet haben, es wieder tun können. Wir verlassen nun die Versammlung, da hier keine einheitliche Stimme mehr herrscht. Doch wenn Ihr der Meinung seid, dass die Elben wieder benötigt werden, um Dra'Ira weiterhin den Frieden zu sichern, dann zögert nicht und wendet Euch an uns.«
Sie warteten keine Antwort ab und verließen den Saal. Salvatorus stöhnte. Sein ganzes Weltbild war ins Wanken geraten. Es war offenkundig, dass erstmalig in der Geschichte Dra'Iras mit der Tradition gebrochen werden musste. Es konnte keine neue Regentin innerhalb der geforderten Frist eingesetzt werden, da keine Einigkeit unter den Volksvertretern bestand. So bat er um Zeit, um das Mädchen genauer überprüfen und somit auch die letzten Zweifel zerstreuen zu können. Erneut wallte Unruhe auf, aber die meisten Volksvertreter waren froh über die Entscheidung. Mit dem Versprechen, schnellstmöglich eine neue Ratssitzung vorzubereiten, beendete er die Versammlung und betonte weiterhin, dass er hinter Mina stände.
Obwohl noch keine neue Führung bestimmt werden konnte, sollte Samanthas Beisetzung erfolgen. Jeder wollte anwesend sein, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Die letzten Ratsmitglieder verließen schweigend den Saal, um sich für den Nachmittag vorzubereiten. Mina war dankbar, dass die meisten an ihr vorbeigingen und so taten, als sei sie nicht anwesend. Ob sie es nun aus Scham taten,
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