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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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kalter Raum in den Gewölben von Crudus Cor, den der oberste Hofmagier Sennus Nachtschatten eher spärlich als schön zu einem Labor umgebaut hatte.
    Er hatte gelernt, dass sein Leben davon abhing, die Erwartungen von Sennus Nachtschatten zu erfüllen. Aus der Ferne hätte man den obersten Hofmagier für einen alten Mann halten können, doch aus der Nähe erkannte man das Feuer in seinen Augen, die prallen Muskeln, die sich unter seiner Kutte wölbten, und die Schnelligkeit seiner Bewegungen, wenn er flink wie eine Raubkatze nach etwas griff. Nirvan hatte Angst vor dem Mann gehabt, der niemals lächelte und scheinbar keine Emotionen besaß. Er und Medana, die alte Koboldschamanin, waren neben Cor Keto die meistgefürchteten Personen auf dem dunklen Kontinent, und das nicht ohne Grund.
    Zuerst hatte Sennus ihn schlimmer als einen Straßenköter behandelt. Er war in einen Käfig gesperrt worden, und gelegentlich hatte der alte Magier mit Nirvans neu erwachten Fähigkeiten experimentiert. Doch mit den Monaten hatte sich Nirvan mühselig ein gewisses Ansehen bei ihm erkämpft, und so kam es, dass seine magischen Kräfte von dem Hofmagier geschult und geformt wurden. Das hatte aber auch seinen Preis gehabt. Um ein besseres Leben zu erhalten, hatte er hart und abweisend werden müssen – so emotionskalt wie Sennus Nachtschatten. Am Anfang hatte er gedacht, dass er daran zerbrechen müsse, doch mit der Zeit hatte er gespürt, wie er sich tatsächlich veränderte und das wurde, was er vorgab zu sein.
    Im Alter von achtzehn Jahren hatte Sennus ihn bei Cor Keto für eine besondere Ausbildung vorgeschlagen: ein knochenharter Drill für eine Handvoll Erwählter, die als Spione nach Tempelburg geschickt werden sollten. Sennus hatte herausgefunden, dass Nirvans Vater noch lebte und was er tat. Er hatte Nirvan das Geheimnis verraten, aber was das Wissen in ihm ausgelöst hatte, konnte selbst Sennus nur erahnen.
    Nirvan hatte nicht lange darüber nachdenken müssen, ob er die Mission annehmen wollte. Er hatte Sennus seine Treue versichert und sich bereiterklärt, als Spion zu fungieren. Seine Aufgabe war es, den Völkerrat zu unterwandern, falsche Informationen zu streuen und, im richtigen Moment, seinen Vater zu ermorden. Der Tod von Salvatorus war seine persönliche Bedingung gewesen. Sennus hatte dem gerne zugestimmt, denn er hatte darin nur Vorteile gesehen. Er hatte dabei einkalkuliert, dass die weiße Regentin bis dato auch nicht mehr am Leben sein würde. Durch Nirvans Rache verschwände der oberste Ratssprecher aus dem Spiel um die Macht, zudem würde sein Tod eine kaum zu schließende Lücke im Herzen des Volks hinterlassen. Die Bewohner Tempelburgs würden nach solchen Geschehnissen verunsichert und geschwächt sein und damit eine leichte Beute darstellen.
    In der folgenden Vorbereitungszeit für seine Mission hatte Nirvan neben einigen uninteressanten Persönlichkeiten auch Melanie kennengelernt. Erst später hatte er erfahren, dass sie seit ihrem fünften Lebensjahr im Dienst von Sennus gestanden hatte, doch als Nirvan zu ihm gekommen war, war sie im Alter von elf Jahren an die Koboldschamanin Medana weitergereicht worden. Sie waren somit fast gleichaltrig, aber Melanie hatte im Gegensatz zu Nirvan niemals die Liebe einer Mutter kennengelernt, da diese bei ihrer Geburt gestorben war. Medana hatte zudem versichert, dass Melanie das Gefühl von Liebe auch niemals empfinden könne, denn dafür habe sie gesorgt. Nirvan wusste damals nicht, wie die alte Hexe das gemeint hatte, doch heute … heute erahnte er es. Medana hatte die Macht, mit den Geistern vergangener und zukünftiger Welten in Verbindung zu treten. Mit deren Hilfe konnte sie das Innerste eines Menschen ändern, vollkommen umdrehen oder sogar neu kreieren. Melanie war ein kleines Kind gewesen, als sie zu Medana gekommen war. Wenn sie in einem solchen Alter den schwarzen Mächten der Schamanin ausgesetzt worden war, hatte sie nicht anders handeln können, als sie es getan hatte. Was Medana sonst noch mit dem Mädchen gemacht hatte, hatte Nirvan nie erfahren, doch bereits in den ersten Tagen der speziellen Ausbildung für ihre Mission war ihm aufgefallen, dass sie nicht normal war. So besaß sie unglaubliche Reflexe und kämpfte mit der Kraft einer Löwin. Sie war schnell, geschmeidig, und niemand konnte ihr im Kampf mit dem Dolch das Wasser reichen. Wenn sie von einer Wand zur nächsten huschte, kam es Nirvan vor, als ob sie für Bruchteile einer Sekunde komplett

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