Erbe des Drachenblutes (German Edition)
gefächert auseinander. Nexus fluchte zornig, und Salvatorus stöhnte vor Schrecken auf. Vor ihnen stand, weit aufgerichtet, eine Bodam-Schlange. Ihre vernarbte Haut war nur noch teilweise mit Schuppen bedeckt. Ein Auge fehlte ihr, aber die nadelspitzen Zähne in ihrem Maul waren perfekt geformt und vollständig. Geifer lief ihr vor Erregung aus den Mundwinkeln, und die Geräusche, die sie von sich gab, hatten etwas Betäubendes. Sie zischte und würgte, voller Gier auf die zu erwartende Beute.
An ihren Rücken gepresst, flach und auf den ersten Blick kaum auszumachen, hockte ein Wurzelfresser. Er trug verdreckte Kleidung, und auch seine Haut war von Narben verziert. Schwarzes Haar hing ihm, verklumpt von Erde und Gras, bis auf die Schultern, und sein Maul war nicht minder weit aufgerissen als das seines Reittieres.
»Wie kann das sein? Wie kann das sein?« Salvatorus klang, als ob er alleine mit seiner Stimme die unreine Kreatur vertreiben wollte.
Da bemerkten sie, dass die Erde hinter ihnen auch in Bewegung geriet. Zwei weitere Bodam-Schlangen brachen hervor.
Nexus ließ sich nicht mehr halten. Flink wie ein Wiesel sprang er in die Höhe, schwang sein Schwert und rief Salvatorus etwas zu. Unfähig zu reagieren, sah Mina, wie Nexus sich über dem Kopf der Schlange drehte und zustach, bevor das Tier seinen Bewegungen folgen konnte. Der Reiter der Bodam-Schlange brüllte voller Zorn und ergriff einen kurzen Speer. Den ließ er zwischen den Fingern tanzen, drehte ihn einige Male um den Kopf der Schlange und stach nach dem Waldkobold.
Jetzt erwachte Salvatorus aus seiner Erstarrung und griff unter seinen weiten Umhang. Er brachte zwei Waffen zum Vorschein: Links umklammerte er einen goldenen Dolch, dessen Klinge auf der einen Seite tief gezackt war. In der anderen Hand hielt er einen kleinen, kupferfarbenen Dreizack, in dessen Griff Intarsien mit Halbedelsteinen funkelten. Mina hätte es dem friedvoll wirkenden Ratssprecher nicht zugetraut, doch mit den beiden Waffen agierte er nicht viel langsamer als Nexus, und bevor sie verstand, was er tat, hatte er sie zur Seite gestoßen und sich der vorderen Bodam-Schlange in den Weg geworfen.
Minas Kehle war wie zugeschnürt. Dass sie verteidigt wurde und sich selbst nicht beschützen konnte, beschämte sie, aber die Bodam-Schlangen waren riesig. Auf ihrem hinteren Schwanzende aufgerichtet, waren sie gute drei Köpfe größer als Salvatorus. Wut kochte in ihr hoch, aber der Verstand sagte ihr, dass sie ihren Freunden mehr zu Diensten war, wenn sie versuchte, sich herauszuhalten.
Nexus wurde von einem Wurzelfresser mir einem Hieb seines Speeres verletzt. Die Spitze bohrte sich in seinen Oberarm, und der Waldkobold stöhnte unterdrückt. Auch Salvatorus geriet in Schwierigkeiten, als sich die beiden verbliebenen Bodam-Schlangen gleichzeitig auf ihn stürzten. Eine täuschte einen tiefen Biss an, dem Salvatorus auswich, doch es war eine Finte. Die Schlange schoss gleitend an ihm vorbei, und im nächsten Moment erkannte Mina ihr eigenes von Panik verzerrtes Gesicht in den schwarzen Pupillen des Angreifers. Ihr Herz donnerte, in ihrem Kopf dröhnte es, eisern schlossen sich ihre Finger um den Dolch an ihrer Hüfte, doch da kam die Gewissheit: Sie würde sterben, jetzt und hier.
Salvatorus rief ihren Namen, doch das nahm sie nur noch am Rande war. Die Bewegungen der Schlange wirkten plötzlich unnatürlich verlangsamt, als bewege sie sich in Zeitlupe. Dennoch war sie so schnell, dass Mina keine Chance zur Flucht hatte. Gerade senkte sich das Maul des Wesens auf Höhe ihres Gesichts.
`Alles ist gut!´, dachte sie. `Alles kommt, wie es kommen soll! Das Schicksal weiß wohl, dass ich keine gute Regentin gewesen wäre, und deshalb will es die freien Völker vor einer großen Enttäuschung bewahren.´ Mina schloss die Augen. Da kreischte die Bodam-Schlange vor Schmerzen auf. Mina blickte auf und erkannte, dass die Schlange verletzt war. Blutend und außer Kontrolle drehte sie sich um sich selbst. Der darauf sitzende Wurzelfresser fiel ungeschickt von ihrem Rücken. Dann hörte sie den Ruf eines Adlers.
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Kapitel 9: Das Auge der Götter
Unruhig wälzte sich Nirvan in seinem Bett hin und her. Eigentlich hatte er sich nur ein wenig ausruhen wollen, war aber dann eingeschlafen. Jetzt war er wieder in dem Saal des Monarchen, doch etwas stimmte nicht. Der Saal war größer denn je, und in allen Richtungen verschwammen seine Konturen in der Finsternis. Es gab keine
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