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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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die Spitze der Schnauze wieder hervorlugen sah. So friedvoll sah der Drache aus, dass es ihr fast falsch vorkam, ihn zu stören.
    »Mit dem, was mich am meisten mit ihr verbindet«, rief Mina triumphierend aus und erhob den Dolch. Zados war ihr nachgegangen, und auch die anderen kamen nun näher.
    »Was ist mit ihr?«, fragte Nexus näselnd. Er kratzte sich dabei am Hinterkopf.
    Mina schaute ihn an. Sie umklammerte den Dolch noch fester mit der Rechten, dann zog sie die scharfe Klinge über die Innenfläche ihrer linken Hand.
    »Nein!«, brüllte Nexus und lief besorgt zu ihr.
    »Das war´s«, begann Herdanik, »jetzt hat sie den Verstand verloren. Ist ja auch kein Wunder bei all den Erlebnissen.« Auch er ging auf Mina zu, doch sie ließ sich nicht verunsichern. Sie strahlte Zados an, ballte ihre Linke zur Faust und führte sie dann vorsichtig zu Lians Maul.
    »Versteht ihr es denn nicht? Es ist das Blut, das uns verbindet! Es ist Lians Erbe an mich! Ihr eigenes Blut ist zu Eis erstarrt, aber ein Teil ihres Blutes pulsiert noch lebendig durch meine Adern. Und so lange noch eine Drachentochter lebt, so lange wird auch Lian leben können, wenn ihr Herz unversehrt ist«, sagte sie voller Überzeugung. »Das war es, was meine Mutter mir sagen wollte.«
    Salvatorus erreichte Mina und ergriff behutsam ihre beiden Oberarme. »Kind, deine Mutter ist tot!«
    Sie nickte. »Ja, und Zados lehrte mich, dass das kein Hindernis sein muss.«
    Ein feines Rinnsal Blut lief ihre Hand hinab und tropfte auf Lians Lippen. Alle schwiegen, betrachteten den erstarrten Drachen und wussten nicht, ob sie etwas erwarten sollten oder nicht. Als nichts geschah, kamen leise Gespräche zwischen den Greifenreitern auf.
    Gerade begann Mina zu zweifeln, da meinte sie, ein Zucken in dem riesigen Augenlid des Drachens gesehen zu haben. Freudig stieß sie einen Laut aus, dann wies auf die Stelle. »Es funktioniert! Ich glaube es selbst kaum, aber es funktioniert!«
    Salvatorus löste sich von ihr und trat zurück. Die anderen taten es ihm gleich, und selbst Zados entfernte sich.
    »Sie lebt«, hauchte sie fast atemlos, dann rollten ihr Tränen die Wangen hinab. Ein leiser, vibrierender, dumpfer Ton kam von dem Leib des Drachens, der einsam verhallte. Nach einigen Sekunden wiederholte sich der Ton, der darauf immer und immer wieder kam und zunehmend schneller wurde. Es dauerte einen Moment, bis Mina klar wurde, dass es das Herz von Lian war, das langsam seinen Dienst wieder aufnahm. Die schuppigen Gesichtszüge begannen zu beben, dann knirschte die feine Eisschicht, die sich in den letzten Jahrhunderten über den Drachen gelegt hatte. Es knisterte und knackte von überall her, bis die Geräusche zu einem malmenden Krachen anschwollen, als sich Muskeln unter den Schuppen anspannten und wieder lockerten. Mina war unsicher, ob sie zurücktreten oder jubeln sollte, da öffnete sich das breite Maul, verharrte und sog kräftig einen Schwall Luft ein.
    »Das ist unglaublich!«, hauchte Mina. Ihre wenigen Blutstropfen waren von Lians Lippen verschwunden. Es schien fast so, als ob die Drachin die kostbare Gabe durch ihre Haut aufgenommen hatte.
    Die Greifenreiter warfen sich nieder, und selbst Herdanik und Salvatorus sanken auf die Knie. Als Nexus begann, irgendwelche Gottheiten anzubeten, von denen Mina noch nie etwas gehört hatte, war der Moment gekommen, in dem Lian schleppend beide Augenlider hob. Mina wagte nicht zu atmen. Zwei riesige, eisblaue Augen, jeweils von der Größe eines Wagenrads, offenbarten sich direkt vor ihr. Durchzogen waren sie von einer senkrechten schwarzen Linie, die dem Drachen etwas Katzenhaftes gab. Mina starrte hinein und stöhnte auf. In den Drachenaugen funkelte Erkenntnis, als ihr Blick auf Mina fiel. Es war fast so, als ob eine unbekannte Macht ihren Geist erforschte, alles kurz berührte, nur um an einer anderen Stelle weiterzusuchen. Erinnerungen kamen in Mina hoch, die sie nicht gerufen hatte. Erinnerungen, die bis zu ihren ersten Schritten als Kleinkind zurückgingen und erst mit ihrer phantastischen Reise nach Tempelburg und später zum Auge der Götter endete. Ihr wurde schwindelig, doch dann zog sich die fremde Macht aus ihr zurück, so schnell, wie sie gekommen war.
    »Mina«, ertönte eine tiefe Stimme, »du bist mein jüngstes Kind. Ich kann es sehen. Du trägst das Wissen von zwölf weiteren Drachentöchtern in dir, bis hin zu meiner ersten Tochter.«
    Lian verstummte. Das Sprechen fiel ihr sichtlich schwer. Jedes Wort

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