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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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werden. Vögel sangen ihre täglichen Melodien, und der Geruch von frischen Blättern und Moos betörte ihre Sinne.
    Sie trat zu der Tür, zögerte, dann öffnete sie sie. Samantha stand keine Armeslänge entfernt vor ihr, und sie lächelte ihre Tochter mit aller Liebe, zu der sie fähig war, an. Hinter ihr offenbarte sich ein Ausschnitt ihres Schlafgemaches, so wie Mina es erst vor wenigen Wochen kennengelernt hatte.
    »Mutter«, hauchte Mina mit zugeschnürter Kehle. Sie hatte die weiße Regentin zu ihren Lebzeiten niemals `Mutter´ genannt, doch jetzt war es das einzige Wort, das ihr in den Sinn kam.
    Samantha freute sich, aber Traurigkeit stand in ihren Augen geschrieben. »Mein Kind. Wir hatten so wenig Zeit zusammen.«
    »Mutter«, widerholte Mina, »ist das ein Traum, oder gibt es dich wirklich noch irgendwo?«
    Samantha senkte ihren Blick. Ihre schlanken, weißen Hände hielt sie gefaltet vor sich. »Ich werde allzeit bei dir sein, Mina, zumindest ein Teil von mir. Wir Drachentöchter sind durch unser Blut so stark miteinander verbunden, dass wir über den Tod hinaus miteinander sprechen können.«
    Mina nickte. »So etwas Ähnliches hat mir Zados erzählt, aber er meinte, dass das nur funktioniert, wenn das Drachenblut erwacht ist, und davon bin ich leider noch weit entfernt.« Sie näherte sich Samantha. »Wir haben Lian gefunden, aber ihr Körper ist kalt und reglos wie Stein. Wir wissen nicht einmal, ob sie noch lebt! Kannst du uns helfen? Was soll ich tun?«
    Voller Mitgefühl blickte Samantha ihre Tochter an. »Ich weiß, dass ihr Lian gefunden habt, sonst könnten wir nicht miteinander sprechen. Zados sagte dir die Wahrheit. Das hier ist eine Ausnahme ganz besonderer Art, und es ist nur möglich, weil Lian – die Mutter aller Drachentöchter – in deiner unmittelbaren Nähe weilt. Ihre Nähe hat es mir ermöglicht, dich in der Traumwelt zu finden und zu besuchen, auch wenn dein Drachenblut noch schlummert.«
    Mina schüttelte den Kopf. »Aber was ist mit Lian? Was tut sie hier?«
    »Sie hat diesen Ort freiwillig erwählt, Mina. Was ich im Leben nur geahnt habe, ist mir im Tod nun klar ersichtlich: Sie war ihrer Existenz müde geworden und legte sich hier nieder zum ewigen Schlaf.«
    »Lebt Lian?«, fragte Mina. Ihre Mutter nickte langsam. »Ja, zum Teil zumindest.«
    »Wie kann ich sie wecken?«
    Samantha dachte nach, dann überflog eine zufriedene Regung ihre Mundwinkel. »Mit dem, was uns am meisten mit ihr verbindet: mit ihrem Erbe!«
    Mina zuckte zusammen. Sie wollte gerade fragen, wie ihre Mutter das meinte, da erschütterte ein Zittern den Boden. Der freistehende Türrahmen begann bedenklich zu schwanken, und Samantha schaute sich besorgt um.
    »Was ist das?«, fragte Mina, doch ihre Mutter zuckte nur die Schultern. »Ich weiß es nicht. Etwas stört unsere mentale Berührung.«
    Mina sah, dass die Tür noch mehr in Bewegung geriet. `Nein´, dachte sie, `du kannst mich doch nicht schon wieder alleine lassen ´, doch da war es schon zu spät. Die Tür schlug fest zu, und im selben Moment verschwand der Wald. Alles war dunkel geworden, und Mina fiel in die Endlosigkeit. Dann verspürte sie Kräfte, die an ihrem Körper zogen.
    Ihr Oberkörper schoss senkrecht hoch, ihr Herz donnerte, und ihr Atem ging schwer. Völlig verunsichert schaute sie sich um, bis sie Zados sah. Er hockte neben ihr, und seine Hand lag auf ihrem Oberarm. Er musste sie geweckt haben.
    »Warum hast du das getan?« Er machte ein skeptisches Gesicht. »Ich weiß nicht, was du meinst, Mina. Ich wollte dich nur wecken, da das Frühstück vorbereitet ist.« Es dauerte kurz, dann entspannte sie sich. »Gut.«
    Zados stand auf und wollte bereits gehen, da erinnerte sich Mina schlagartig an ihren Traum und an Samanthas Worte. »Zados!«
    Der Halbelb blieb stehen. Sie sprang auf, schnellte vor und ergriff seinen Dolch, der locker an seinem Gürtel hing. Er ließ es geschehen, aber einige Fragen standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Mit der Waffe in der Hand eilte sie fort, hörte auch nicht auf seine Rufe. Durch die Unruhe aufmerksam geworden, starrten ihr einige Greifenreiter nach. Ihr Kopf dröhnte vom lauten Rauschen des eigenen Blutes. Als wenn es das Selbstverständlichste der Welt wäre, war ihr jetzt klar, was sie tun musste. Ihre Füße kamen erst zur Ruhe, als sie vor Lian stand. Lian hatte ihren riesigen Schädel unter einen ihrer Flügel geschoben, sodass Mina um sie herum gehen musste, bis sie fast am Schwanzanfang

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