Erbe des Drachenblutes (German Edition)
schlangengleich mit dem anderen verband. Herdanik hatte zufrieden ausgesehen, was wohl mehr an Nirvans Gesichtsausdruck gelegen hatte als an der Tatsache, einen gefährlichen Magier ohne Gegenwehr festgenommen zu haben.
»Glaubst du wirklich, dass du mich so festhalten kannst?«, hatte Nirvan gefragt, doch Herdanik hatte sich davon nicht verunsichern lassen.
»Natürlich! Wir wissen beide, dass magische Fesseln von einem Magier nicht gelöst werden können, gleich wie gut er auch sein mag. Nur der Elbenmagier, der sie geschmiedet hat, kennt die Worte, um sie zu lösen. Die Worte wurden mir bei Übergabe der Fesseln mitgeteilt, und somit bin ich der einzige Mensch weit und breit, der sie lösen kann.«
Herdanik hatte sich dicht zu Nirvans Ohr heruntergebeugt. »Und ich werde sie mit ins Grab nehmen!« Er hatte genickt, als wollte er sich selbst zustimmen.
All das war vor Stunden geschehen. Nirvan war zum Lager der Greifenreiter gebracht worden, wo man seine Ketten mit denen der Greife verband. Vier Wachen blieben in Sichtweite und musterten ihn grimmig. Niemand hatte sich seitdem um ihn gekümmert. Er fragte sich, wie sehr sich Mina durch das erwachte Drachenblut verändert hatte, ob sie ihn überhaupt noch erkennen würde. Und was sie sagen würde, da er mit den Mördern Lians gekommen war. Wie konnte sie ihm glauben, dass er nur bei den Kriegern des dunklen Kontinents geblieben war, um sie zu beschützen?
Wie sehr er auch darüber nachdachte, ihm fiel nicht ein, was er hätte tun können, um Lian zu retten. Hätte er sich früher gegen Ignis gestellt, wäre er getötet worden. Hätte er bei den Kampfhandlungen mehr Lian als Mina beschützt, wäre Mina wohl gestorben. Nein, er würde alles wieder so tun, wie er es getan hatte.
Anfänglich dachte er, dass Ignis zurückkommen würde, um auch Mina zu beseitigen – immerhin konnte sie nicht wissen, dass Minas Drachenblut erwacht war. Wahrscheinlich ging sie davon aus, dass die größte Gefahr mit Lians Tod beseitigt sei. Aber dieser Irrglaube würde nicht lange vorherrschen, davon war er überzeugt. Die Drachentochter in Mina war nun vollkommen erwacht, und sie war wütend. Wut hatte ihr Drachenblut in Wallung gebracht, und wenn sie jene Wut auf den dunklen Kontinent lenkte, würden sich Ignis, die alte Koboldschamanin und vor allem Cor Keto noch wundern. Niemals durfte man eine zornige Drachentochter unterschätzen – eine Grundregel, die sicherlich Jesa, der verfluchte Schatten-Seraphin, am besten kannte.
Einige der Greifenreiter hockten nicht allzu weit entfernt an einem magischen Feuer. Sie wärmten sich die Hände, blickten aber ansonsten trostlos in die Flamme. Offensichtlich trauerten sie um das, was sie gerade erst gefunden und schon wieder verloren hatten. Zados trat zu ihnen. Er sagte ein paar Sätze, dann ging er auf Nirvan zu. Er setzte sich lautlos neben ihn. Eine Zeit lang sprach keiner der beiden, dann räusperte sich Zados.
Nirvan seufzte. »Was willst du, Halbblut?«
»Immer noch so freundlich wie eh und je, nicht wahr?« Zados schaute ihn direkt an. »Ich wundere mich, warum du dich so widerstandslos hast gefangen nehmen lassen. Nur weil deine Hände gebunden sind, ist es deine Macht noch lange nicht, auch wenn Herdanik das glaubt.«
Nirvan zuckte mit den Schultern, blieb aber eine Antwort schuldig.
»Weißt du, dass Salvatorus und Herdanik heute Gericht über dich gehalten haben?« Ein erneuertes Schulterzucken von Nirvan.
»Sie haben dich zum Tode verurteilt. Sie sind der Meinung, dass du deiner Verbrechen wegen nicht am Leben gelassen werden kannst. Nicht einmal, bis wir zurück nach Tempelburg gereist sind.«
»Meine Verbrechen? Was sind denn meine Verbrechen?«
Zados lehnte sich ein Stück zurück. »Man sagt, du seist wesentlich am Attentat an Samantha beteiligt gewesen. Möglicherweise warst du sogar derjenige, der den tödlichen Stoß geführt hat.«
»Sagt man das? Ich dachte, das selbe habe man über dich gesagt.«
Zados reagierte nicht auf den Seitenhieb, sondern fuhr emotionslos fort: »Danach sollst du zurück zu deinem eigentlichen Herrn Cor Keto gereist sein, um dort eine Verschwörung gegen Mina anzuzetteln.«
Nirvans Kiefermuskeln traten vor Anspannung hervor. »Ich würde ihr niemals etwas antun, Elb!«¸ war das Einzige, was er zu der Anschuldigung äußerte. Er schaute Zados an. »Und Salvatorus hat mich wirklich zum Tode verurteilt?«
Schweigend musterte ihn Zados.
Nirvan blinzelte. »Na ja, vielleicht habe ich
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